Der Schwarm
Aufschluss darüber geben, wie eine fremde Intelligenz vorgehen würde!« Fenwick geriet sichtlich in Wallung. »Kurzweils Neuronencomputer! Das ist in der Tat eine Möglichkeit.«
»Entschuldigung«, sagte Vanderbilt. »Ich habe keine Ahnung, wovon hier die Rede ist.«
»Nicht?«, schmunzelte Li. »Ich dachte immer, die CIA hätte ein vitales Interesse an Gehirnwäsche.«
Vanderbilt schnaubte und sah sich nach allen Seiten um.
»Wovon redet der? Ich weiß es nicht. Kann mir verdammt nochmal einer sagen, wovon er redet?«
»Der Neuronencomputer ist ein Modell zur kompletten Rekonstruktion eines Hirns«, sagte Oliviera. »Sehen Sie, unser Gehirn setzt sich aus Milliarden von Nervenzellen zusammen. Jede Zelle ist mit unzähligen anderen verbunden. Sie kommunizieren untereinander durch elektrische Impulse. Auf diese Weise werden Wissen, Erfahrung und Emotion ständig aktualisiert, neu geordnet oder archiviert. In jeder Sekunde unseres Lebens, auch wenn wir schlafen, ist unser Gehirn einer fortgesetzten Neustrukturierung unterworfen. Mit heutiger Technik lassen sich aktive Hirnareale bis auf einen Millimeter genau darstellen. Wie eine Landkarte. Wir können zusehen, wie gedacht und gefühlt wird, welche Nervenzellen zeitgleich aktiviert werden, etwa im Moment eines Kusses oder eines erlittenen Schmerzes oder einer Erinnerung.«
»Man kennt die Stellen, und die Navy weiß, wo man elektrisch pulsen muss, um eine gewünschte Reaktion hervorzurufen«, nahm Anawak den Faden auf. »Aber das ist immer noch sehr grob. Wie eine Landkarte, deren Detailschärfe bei 50 Quadratkilometern endet. Kurzweil hingegen glaubt, dass wir schon bald über die Möglichkeit verfügen werden, ein komplettes Hirn zu scannen, und zwar einschließlich jeder einzelnen Nervenverbindung, jeder Synapse und der genauen Konzentration aller chemischen Botenstoffe – bis ins letzte Detail einer jeden Zelle!«
»Uff«, sagte Vanderbilt.
»Wenn man erst mal die komplette Information hat«, fuhr Oliviera fort, »ließe sich ein Gehirn samt aller Funktionen in einen Neuronencomputer übertragen. Der Computer würde eine perfekte Kopie des Denkens der Person herstellen, deren Hirn gescannt wurde, mitsamt ihrer Erinnerungen und Fähigkeiten. Ein zweites Ich.«
Li hob die Hand.
»Ich kann Ihnen versichern, dass MK0 noch nicht so weit ist«, sagte sie. »Kurzweils Neuronencomputer bleibt vorerst eine Vision.«
»Jude«, flüsterte Vanderbilt entsetzt. »Wozu erzählen Sie das hier? Das geht keinen was an, das unterliegt strengster Geheimhaltung.«
»MK0 gründet auf militärischen Notwendigkeiten«, sagte Li ruhig. »Die Alternative wäre, Menschen zu opfern. Wir können uns unsere Kriege nicht immer aussuchen, wie Sie unzweifelhaft festgestellt haben. Tatsächlich befindet sich das Projekt in einer Sackgasse, aber das wird ein vorübergehender Stillstand sein. Der Weg zur künstlichen Intelligenz ist beschritten. Die Medizin ist nicht weit davon entfernt, menschliche Organe durch Mikrochips zu ersetzen. Blinde können mit Hilfe solcher Implantate bereits Konturen erkennen. Es werden völlig neue Formen von Intelligenz entstehen.« Sie machte eine Pause und heftete ihren Blick auf Anawak. »Das ist es doch, was Sie meinen, nicht wahr? Alles spräche für die Nahost-Hypothese, um bei dem leidigen Wort zu bleiben, wenn die Menschheit so weit wäre, wie Kurzweil gedacht hat. Aber wir sind es nicht. Amerika ist es nicht und niemand sonst. Kein Mensch kann diese Gallerte gezüchtet haben, die offenbar wie ein Neuronencomputer funktioniert.«
»Der Neuronencomputer bedeutet in der Praxis die vollkommene Kontrolle über jedes Denken«, sagte Anawak. »Wenn die Gallerte etwas in dieser Art darstellt, dann steuert sie das Tier nicht einfach, sie wird zu diesem Tier. Sie wird Teil seines Hirns. Zellen der Substanz übernehmen die Funktion von Hirnzellen. Entweder sie erweitern das Gehirn eines Lebewesens ...«
»Oder sie ersetzen es«, schloss Oliviera. »Leon hat Recht. Ein solcher Organismus entspringt keinem menschlichen Labor.«
Johanson hörte mit klopfendem Herzen zu. Sie griffen seine Theorie auf. Sie arbeiteten damit und fügten ihr neue Aspekte hinzu, und mit jedem Wort, das gesprochen wurde, verfestigte sie sich. Er begann sich diesen biologischen Computer vorzustellen, der Hirnzellen kopieren konnte, während um ihn herum die Diskussion wogte, bis Roche aufsprang und das Wort ergriff.
»Eines verstehe ich noch nicht, Dr. Johanson. Wie erklären
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