Der Schwarm
beeindruckt. Das ist ein großer Erfolg. Wir sollten unsere Zeit jetzt nicht damit vertun, Laienwissen auszutauschen. Was sind die nächsten Schritte?«
»Ich hätte einen Vorschlag«, sagte Weaver.
»Bitte.«
»Leon hatte im Chateau eine Idee, erinnert ihr euch? Es ging um die Navy-Versuche mit Delphingehirnen. Um Implantate, die nicht aussimplen Mikrochips bestehen, sondern aus dicht gepackten, künstlichen Nervenzellen, die Teile des Hirns bis ins Detail nachbilden und durch elektrische Impulse miteinander kommunizieren. Ich dachte gerade, wenn die Gallerte wirklich ein Verbund aus Einzellern ist und diese Einzeller die Funktion der Hirnzellen gewissermaßen übernehmen, beziehungsweise ersetzen – dann können sie untereinander kommunizieren. Sie müssen es sogar. Andernfalls wären sie nicht in der Lage, zu verschmelzen und die Form zu ändern. Vielleicht erschaffen sie tatsächlich ein künstliches Gehirn einschließlich chemischer Botenstoffe. Vielleicht...« Sie zögerte. »... übernehmen sie ja sogar Emotionen, Eigenschaften und Wissen ihres Wirts und lernen auf diese Weise, ihn zu beherrschen.«
»Dafür müssten sie lernfähig sein«, sagte Oliviera. »Aber wie sollen Einzeller lernen?«
»Leon und ich könnten versuchen, einen Schwarm solcher Einzeller im Computer künstlich zu erschaffen und mit Eigenschaften zu versehen. So lange, bis er beginnt, sich wie ein Gehirn zu verhalten.«
»Eine künstliche Intelligenz?«
»Unter biologischen Vorzeichen.«
»Das klingt brauchbar«, beschied Li. »Machen Sie das. Weitere Vorschläge?«
»Ich versuche mal, in der Prähistorie nach einer verwandten Lebensform zu kramen«, sagte Rubin.
Li nickte. »Bei Ihnen was Neues, Sam?«
»Nicht wirklich«, erklang Crowes Stimme aus einer Rauchwolke. »Wir arbeiten an der Entschlüsselung alter Scratch-Signale, solange wir keine Antwort erhalten.«
»Vielleicht sollten Sie Ihren Yrr was Anspruchsvolleres schicken als Rechenaufgaben«, meinte Peak.
Crowe sah ihn an. Der Rauch verzog sich, und ihr schönes, altes Gesicht mit den tausend kleinen Fältchen war zu einem Lächeln verzogen.
»Nur die Ruhe, Sal.«
»Sie sind verdammt optimistisch, was?«, sagte Peak.
»Ich habe Geduld.«
Welldeck
Roscovitz gehörte zu den Leuten, die ihr Leben bei der US Navy verbrachten und keine Pläne hatten, das zu ändern. Er war der Meinung, jeder solle tun, was er am besten könne, und weil es ihm unter Wasser gefiel, hatte er eine Laufbahn als U-Boot-Fahrer eingeschlagen und es bis zum Commander gebracht.
Aber Roscovitz war auch der Meinung, dass unter allen Eigenschaften, die einen Menschen auszeichneten, Neugier zu den hervorstechendsten gehörte. Er hatte viel übrig für Treue, Pflichterfüllung und Vaterland, aber nichts für dumpfes Kommissgehabe. Eines Tages war ihm klar geworden, dass die meisten U-Boot-Fahrer eine Welt durchkreuzten, über die sie nichts wussten, also hatte er begonnen, sich darüber schlau zu machen. Deswegen war er zwar kein Biologe geworden. Aber sein Interesse an den Dingen machte die Runde bis in die wissenschaftlichen Stellen der Navy, wo man Leute suchte, die Soldat genug waren, um sich wie einer zu verhalten, und flexibel genug im Denken, um eine Exekutivfunktion in der Forschung übernehmen zu können.
Nachdem entschieden war, die Independence für die Grönlandmission umzurüsten, hatte man ihn beauftragt, dem Schiff das Nonplusultra einer Tauchbasis zu verschaffen. Für nichts war Geld übrig, nirgendwo auf der Welt – bis auf die Forschung. Vielen galt die Independence als letzte Hoffnung der Menschheit, also wurde an nichts gespart. Roscovitz bekam kein Budget, sondern einen Freibrief. Er sollte einkaufen, was er fand und was ihm geeignet erschien, und wenn es einigermaßen schnell ging, sollte er konstruieren lassen, was es noch nicht gab und wonach ihm der Sinn stand.
Niemand hatte erwartet, dass der Mann ernsthaft über bemannte Tauchboote nachdenken würde. Das Hauptaugenmerk lag auf ROVs, denverkabelten, fernsteuerbaren Unterwasserrobotern wie dem Victor, der die Würmer vor Norwegen aufgespürt hatte. Es gab zudem eine Reihe von Fortschritten in der Konstruktion von AUVs zu verzeichnen, Robotern, die nicht einmal mehr eine Kabelverbindung zum Schiff benötigten. Die meisten dieser Automaten verfügten über hoch auflösende Kameras und irgendeine Form von Greif arm bis hin zu sensiblen künstlichen Gliedmaßen. Niemand wollte Menschenleben gefährden, nachdem Taucher
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