Der Schwarm
Decks und genau über der Bassin-Abdeckung. Auch aus dieser Perspektive hatte es wenig Ähnlichkeit mit einem klassischen Tauchfahrzeug. Flach und breit, von annähernder Rechteckform, mit vier Antriebs- und Steuerdüsen an der Rückseite und zwei teilverglasten Körperröhren, die schräg aus der Oberfläche wuchsen, erinnerte das Deepflight eher an ein kleines Raumschiff. Unterhalb der transparenten Kuppeln entsprangen mehrgelenkige Greif arme.
Das Auffälligste waren die Stummelflügel zu beiden Seiten.
»Sie finden, es sieht aus wie ein Flugzeug«, sagte Roscovitz. »Und da haben Sie Recht. Es ist ein Flugzeug und ebenso wendig. Die Tragflächen erfüllen dieselbe Funktion, mit dem kleinen Unterschied, dass ihre Profile in die entgegengesetzte Richtung wirken. Beim Flugzeug sorgen sie für Auftrieb. Die Flügel eines Deep flight hingegen erzeugen einen Sog nach unten und wirken dem Auftrieb entgegen. Auch der Steuermechanismus ist der Luftfahrt abgeguckt. Man sinkt nicht wie ein Stein, sondern bewegt sich in einem Neigungswinkel bis 60 Grad, fliegt elegante Kurven, gelangt blitzschnell runter oder rauf, wusch, wusch!« Er machte es mit der flachen Hand vor und deutete auf die Körperhüllen. »Der Hauptunterschied zum Flugzeug ist, dass man nicht sitzt, sondern liegt. So bleiben wir bei drei mal sechs Metern Kantenlänge unter einer Höhe von einem Meter vierzig.«
»Wie tief taucht dieses Flugzeug?«, fragte Weaver.
»So tief Sie wollen. Sie könnten geradewegs zum Grund des Marianengrabens fliegen und würden keine anderthalb Stunden dafür brauchen. Das Baby legt zwölf Knoten vor. Es hat eine Hülle aus Keramik, die Sichtkuppeln bestehen aus Acryl, eingefasst von Titaniumhüllen, absolut tiefentauglich. Man genießt einen sensationellen Rundumblick, was in unserem Fall heißt, rechtzeitig verschwinden oder feuern zu können, je nachdem.« Er zeigte zur Unterseite. »Wir haben unsere Deepflights mit vier Torpedos ausgestattet. Zwei von den Dingern haben eine begrenzte Sprengkraft. Sie können einem Wal böse Wunden beibringen und ihn möglicherweise töten. Die anderen zwei reißen größere Löcher. Sie sprengen Stahl und Gestein und können einem ganzen Rudel zusetzen. Das Feuern überlassen Sie bitte dem Piloten, es sei denn, er ist tot oder bewusstlos und lässt Ihnen keine andere Wahl.«
Roscovitz klatschte in die Hände.
»Okay. Sie können sich nun darum balgen, wer als Erster einsteigt und Probe fährt. – Ach ja, was Sie noch interessieren dürfte: Der Sprit reicht für acht Stunden Flugzeit. Sollten Sie irgendwo hängen bleiben, versorgen Sie die lebenserhaltenden Systeme 96 Stunden lang mit Sauerstoff. Aber keine Angst: Bis dahin hat die Navy, Gottes eigene Armee, Sie längst gerettet. – Wer will?«
»Ohne Wasser?«, fragte Shankar und sah skeptisch nach unten.
Roscovitz grinste. »Wären Ihnen 15 000 Tonnen genug?«
»Ich, äh ... denke schon.«
»Gut. Fluten wir das Deck.«
Combat Information Center
Zwei Funker hatten die Plätze von Crowe und Shankar eingenommen, solange die Wissenschaftler in Roscovitz' Reich weilten. Sie schlugen die Zeit tot. Streng genommen hätten sie den Mund halten und die Ohren aufsperren müssen, aber sie hatten ja ihren Computer, und sie hatten Shankars SOSUS-Crew auf dem Festland. Was immer aus den Tiefen des Meeres drang, wurde dort von diversen elektronischen Systemen und menschlichen Sinnesorganen erfasst, vorselektiert, ausgewertet und kommentiert per Satellit zur Independence geschickt. Obschon Crowes Botschaft vom Schiff aus gesendet worden war und die Independence mitlauschte, war sie nur einer von vielen Horchposten. Eine mögliche Antwort der Yrr würde sämtliche atlantischen Hydrophone erreichen. Aus der räumlichen Verteilung und der Verschiebung von Zeitintervallen beim Eintreffen würde der Computer den Punkt errechnen, von dem das Signal ausging, es ins CIC schicken und dabei unmissverständlich auf sich aufmerksam machen.
Im festen Vertrauen auf die Technik hatten die Männer begonnen, über Musik zu diskutieren. Bald bekam die Auseinandersetzung etwas Hitziges. Nachdem sich die Temperamente an der Glaubwürdigkeit weißer Hip-Hop-Künstler entzündeten, warf keiner überhaupt noch einen Blick auf die Monitore, bis einer der beiden nach seinem Kaffee griff und dabei zufällig den Kopf wandte. Sein Blick blieb hängen.
»Hey. Was ist das denn?«
Über zwei Monitore zuckten farbige Frequenzlinien.
Der andere riss die Augen auf.
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