Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
einem Pater, dem ein Roter im Estrecho de cuarzo (Quarzenge) begegnet ist. Der Indianer hatte Hunger, und der Pater gab ihm Brot und Fleisch. Da zog der Rote einen Lederbeutel aus der Tasche und gab ihm ein Stück reines Naturgold, also ein Nugget, welches wenigstens fünfzig Gramm gewogen hat, und der Beutel ist ganz voll solcher Stücke gewesen, die einen ganz immensen Wert ausmachten. Was sagt ihr dazu?«
    Er bekam nur Antworten der Bewunderung zu hören, und einer, der am praktischsten dachte, erkundigte sich:
    »Hat denn der Pater nicht gefragt?«
    »Natürlich hat er gefragt; er erhielt aber selbstverständlich keine Auskunft, sondern nur den kurzen Bescheid: ›Ich habe es mir aus der Bonanza of Hoaka geholt, lebt wohl!‹ Mit diesen Worten hat sich der Pater abspeisen lassen und der Bursche ist darauf rasch davongegangen.«
    »Da hätte der Pater ihn festhalten und zwingen sollen, zu gestehen, wo die Bonanza liegt!«
    »Ein Pater, also ein Geistlicher? Das darf er nicht, das würde gegen Amt und Lehre sein!«
    »Was schert mich Amt und Lehre! Wenn ich einen solchen Roten träfe, ich würde ihn erstechen, wenn er es mir nicht sagte. Ja, ich würde mir kein Gewissen daraus machen!«
    »Erstechen würde ich ihn nicht sofort, denn man muß nicht gleich ein Mörder sein, und wenn er dann tot ist, kann er erst recht keine Auskunft geben. Nein, ich würde es anders machen. Es gibt viel bessere und ganz sichere Mittel, so einen verschwiegenen Indsman zum Sprechen zu bringen. Leider aber werden wir keine Gelegenheit finden, sie in Anwendung zu bringen!«
    »Wo liegt denn dieser Estrecho de cuarzo? Wißt Ihr es, Majestät? Und wie heißt die Uebersetzung von diesem Namen?«
    »Er ist spanisch und heißt so viel wie Enge des Quarzes, also Quarzenge, und ich kenne den Ort, denn ich will Euch aufrichtig sagen, daß ich auch zu denen gehöre, die vergeblich nach der Bonanza of Hoaka gesucht haben. Ich bin sogar in dem Estrecho gewesen, habe aber nichts entdeckt, obgleich ich hätte darauf schwören mögen, daß ich da dem Funde nahe sei. Denkt Euch nur auch den Namen! Quarz! Das ist doch gerade das Gestein, welches dem Golde als Hülle dient. Und Enge! Dieses Wort sagt ja ganz deutlich, wie die Bonanza entstanden ist! Es gab in der Enge früher einen Wasserfall, der die Körner und Klumpen aus dem Gestein wusch und in ein Loch zusammenspülte. Da liegen sie nun, im Werte von vielen, vielen Millionen, und man braucht nur hineinzugreifen und sie herauszunehmen, wenn man weiß, wo das Loch ist. Es ist ein Gedanke, der einen geradezu verrückt machen könnte! Und wenn es Euch Spaß macht, kann ich Euch morgen diesen Estrecho de cuarzo zeigen, denn der Weg führt uns nahe dabei vorüber.«
    Auch diese Worte brachten eine Aufregung hervor, die sich gar nicht legen wollte. Der Anführer konnte ihr nur dadurch ein Ende machen, daß er in befehlender Weise sagte:
    »Laßt es jetzt gut sein, Sennors! Ihr habt gegessen, und es müssen nun die vier Posten ausgestellt werden, denn es fällt mir gar nicht ein, den Komantschen weiter zu trauen, als ich sie mit meinen Augen erreichen kann. Ihr redet so laut, daß man es eine ganze Meile weit hören kann! Wenn ihr nicht Ruhe gebt und still seid, bekommt ihr morgen den Estrecho nicht zu sehen, darauf gebe ich euch mein Wort, und ihr wißt, daß ich mein Wort stets zu halten pflege!«
    »
Well,
Ihr sollt Ruhe haben, Majestät,« antwortete Hum in der ihm eigenen lachenden Weise. »Haltet also die Mäuler, Gentlemen, Sennors und Mesch’schurs! Ihr habt gehört, daß ich schlafen und von der Bonanza träumen will! Wer mich im Schlafe und im Traume stört, darf sich morgen keinen Goldklumpen holen. Also gute Nacht, Majestät, gute Nacht!«
    Er schob sich den Sattel als Kopfkissen zurecht, streckte sich aus, legte das geladene Gewehr griffbereit neben sich und schloß die Augen.
    »Komm!« flüsterte der »schwarze Mustang« seinem Enkel zu.
    Sie huschten vorsichtig fort, und es war die höchste Zeit, daß sie dies thaten, denn die vier Posten entfernten sich vom Feuer, und einer von ihnen kam kaum eine halbe Minute nach ihrer Entfernung da vorbei, wo sie gesteckt hatten. Wären sie noch da gewesen, so hätte er sie unbedingt sehen müssen.
    Als sie den Lagerplatz der Weißen weit genug hinter sich hatten, blieb der »Mustang« stehen und fragte seinen Begleiter:
    »Hast du alles verstanden?«
    »Alles,« antwortete er.
    »Ich nicht jedes Wort, aber den Sinn ihrer Reden weiß ich ganz genau.

Weitere Kostenlose Bücher