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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu verhalten und dich nur auf mich zu verlassen.«
    Der Mestize schien nur halb beruhigt zu sein; sein Großvater gab sich Mühe, seine Bedenken zu zerstreuen, und dies gelang ihm schließlich auch, besonders durch die Bemerkung:
    »Und wenn sie dich gefangen nehmen und binden würden, und wenn es dir nicht gelänge, ihnen zu entfliehen, so habe ich doch mit ihnen gerade so zu verhandeln, wie Old Shatterhand im Birch-hole mit mir verhandelt hat, und meine erste Bedingung, sie zu schonen, würde natürlich die sein, daß sie dich ausliefern müßten.«
    »Schonen? Ich denke, du willst ihnen das Leben nehmen?«
    »Das werde ich auch; aber solchen Feinden darf ich gegen deine Freiheit Gnade versprechen, ohne daß es unbedingt nötig ist, mein Wort zu halten. Sind die Bleichgesichter jemals wahr und aufrichtig gegen uns gewesen?«
    »Nein.«
    »Bist du nun einverstanden?«
    »Ja. Ich werde thun, was du von mir verlangst, denn du kannst den Sohn deiner Tochter nicht verlassen, und alle Krieger der Komantschen werden meinen Mut preisen, daß ich meine Freiheit und mein Leben gewagt habe, um dir diese weißen Männer in die Hände zu liefern.«
    »So komm!«
    Sie kehrten nun nach dem Platze zurück, wo die Komantschen auf sie warteten. Dort angekommen, teilte der »schwarze Mustang« ihnen in kurzen Worten mit, was sie gesehen und gehört hatten und was infolgedessen von ihm beschlossen worden war. Die Roten durften nun nicht ausruhen und schlafen, sie hatten vielmehr einen anstrengenden Nachtmarsch vor sich, aber trotzdem nahmen sie die Rede des Häuptlings mit Jubel auf, der allerdings nicht in laute Ausrufe ausartete. Sie bekamen da Gelegenheit, Pferde, Waffen und über dreißig Skalpe zu erbeuten, wodurch wenigstens eine Anzahl von ihnen ihre Ehre teilweise wiederherzustellen vermochte. Sie brachen schon nach wenigen Minuten nach dem Estrecho de cuarzo auf, während der Mestize nach dem Schapo-Gaska seines Großvaters ritt.
    Ihr Weg war deshalb beschwerlich, weil sie einen großen Teil desselben bei Nacht zurücklegen mußten und sie gezwungen waren, Gegenden zu durchwandern, die ihrem Marsche Schwierigkeiten boten, denn die bessere und bequemere Route durften sie nicht einschlagen, da dieselbe höchst wahrscheinlich von den Weißen benutzt wurde, welche dann möglicherweise die Spuren der Komantschen entdecken konnten.
    Diese letzteren marschierten also unverdrossen die ganze Nacht über Berge und durch unbequeme Thäler und Schluchten. Als es Tag wurde, machten sie einen kurzen Halt, um sich zu verschnaufen und ein Stück kaltes Büffelfleisch zu verzehren. Dann ging es wieder weiter, und zwar mit solchem Eifer, daß sie um die Mitte des Vormittags in der Nähe des Estrecho anlangten.
    Die Gegend, in welcher dieser lag, war eine für ihre Zwecke sehr günstige. Es gab da einen schmalen, dicht bewaldeten Höhenzug, welcher sich von West nach Ost erstreckte. Kurz vor dem Ende desselben lag ein tiefer, von Nord nach Süd verlaufender Einschnitt, welcher durch die langsam fortfressende Thätigkeit des Wassers, aber auch durch einen plötzlichen Ausbruch vulkanischer Gewalten entstanden sein konnte und den letzten, steil und wirr abfallenden Teil der Höhe von ihr trennte. Der genannte schmale Bergzug bildete also eine in die Ebene verlaufende Zunge, von welcher die äußerste Spitze abgeschnitten worden war. Die Zunge war, wie bereits erwähnt, dicht bewaldet, die abgeschnittene Spitze aber, jedenfalls aus ganz natürlichen Gründen, vollständig kahl. Sie bestand aus harten Quarzfelsen, in deren kompakte Masse eine stellenweise kaum zehn Schritt breite Rinne ziemlich tief hineinführte, um plötzlich vor einer senkrecht aufsteigenden Felswand zu enden. Auch die Seiten dieser Rinne stiegen so glatt und steil empor, daß es keine einzige Stelle gab, welche erklettert werden konnte. Es war, als ob die Natur hier mit einer riesigen Steinsäge gearbeitet habe, um dem menschlichen Fuße auch nicht den kleinsten Anhalt finden zu lassen. Es gab auch keinen Baum, keinen Strauch, überhaupt keine Pflanze, welche für ihre Wurzeln hier Platz und Nahrung gefunden hatte.
    Dieser Einschnitt war der Estrecho de cuarzo, von welchem »Majestät« gemeint hatte, daß er von einem früher hier arbeitenden Wasserfall gebildet sein müsse.
    Die Komantschen zogen sich nach ihrer Ankunft in den Wald hinein, ohne sich dem Eingange zum Estrecho zu nähern; das thaten sie, um die Entstehung von Spuren zu vermeiden. Nur ihr Häuptling ging nach

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