Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
Wir werden morgen die Skalpe, die Pferde, die Waffen dieser Bleichgesichter bekommen und dazu alles, was sie sonst noch bei sich haben. Uff!«
Er sagte das so bestimmt, als ob er seiner Sache ganz und gar sicher sei. Ik Senanda war weniger überzeugt; er warnte:
»Du wirst gesehen und gehört haben, daß diese Bleichgesichter keine Greenhorns find, die sich leicht überlisten lassen!«
»Ich überliste sie doch!«
»Ich halte es für besser, sie heute noch zu überfallen.«
»Du redest wie ein junger Krieger, ich aber wie ein Weiser, der gelernt hat, alles genau abzuwägen. Es gehen vier Wachen unaufhörlich rund um den Lagerplatz, sie würden unser Kommen bemerken. Sodann schlafen diese Männer mit den Gewehren in der Hand; sie würden alle, sobald ein Posten ruft, kampfbereit aufspringen und viele von uns niederschießen; ich aber will unsre Krieger schonen, damit mir nicht noch weitere Vorwürfe werden, wenn ich zu unserm Stamme zurückkehre; es soll das Blut keines einzigen Komantschen hier vergossen werden.«
»So bin ich begierig, zu erfahren, wie du dies anfangen willst!«
»Du hast gehört, was sie von der Bonanza sprachen?«
»Ja.«
»Ich kenne diese Bonanza nicht, und es hat mir noch nie jemand ihren Namen genannt, aber ich weiß, wo sich unser Schapo-Gaska (Versteck des Goldes) befindet.«
»Uff!« entfuhr es da dem Mestizen. »Was meinst du mit diesem Verstecke?«
»Ahnst du es nicht?«
»Nein.«
»Du kennst es ebenso wie ich. Wenn du jetzt aufbrichst, um hinzureiten, kannst du schon morgen früh beim Estrecho de cuarzo sein. Ich werde mit unsern Kriegern auch die ganze Nacht gehen, um zu derselben Zeit dort einzutreffen.«
»Willst du dort sein, wenn die Bleichgesichter kommen?«
»Noch viel eher, schon am Morgen oder Vormittag, während sie erst gegen Abend kommen können. Paß auf, was ich dir sage! Du holst aus unserm Schapo-Gaska so viel Nuggets wie dazu nötig sind, kommst nach dem Estrecho und lässest dich dort, nachdem wir dir das Pferd abgenommen haben, von den Bleichgesichtern finden. Sie müssen das Gold sehen und werden dich nach der Bonanza fragen; nach langem Weigern führst du sie in den Estrecho, wo wir sie so einschließen werden, daß sie sich gar nicht wehren und auch nicht entfliehen können.«
»Uff!« sagte da Ik Senanda, indem er kaum ein Lächeln unterdrücken konnte. »Das hast du von Old Shatterhand gelernt!«
»Ein kluger Krieger wird sogar von seinem größten Feinde lernen! Wir machen viel Holz zum Brennen bereit; sobald die Bleichgesichter sich im Estrecho befinden, verstopfen wir mit dem Holze seinen Eingang und brennen es an. Dann sind sie genau so gefangen, wie wir es im Birch-hole waren, und müssen sich uns ganz in derselben Weise gefangen geben.«
Ik Senanda sagte nichts; er dachte nach.
»Hältst du diesen Plan für schlecht?« fragte da sein Großvater.
»Nein, denn was von Old Shatterhand erdacht wurde, ist niemals zu tadeln; aber es gibt etwas dabei, was mir nicht gefällt.«
»Was?«
»Die Weißen werden mich töten.«
»Nein.«
»Ganz gewiß!«
»Nein! Meinst du, daß ich den Sohn meiner Tochter einer Gefahr überliefere, die ihm das Leben kostet?«
»Ich meine, daß du zwar nicht den Willen dazu hast, daß es aber dazu kommen wird. Sobald diese Leute sehen, daß sie überlistet worden sind, werden sie mich natürlich für einen Verräter halten und sich an mir rächen.«
»Sie werden sich nicht rächen können, weil du dich nicht in ihren Händen befinden, sondern ihnen entwichen sein wirst, ehe sie zu der Erkenntnis kommen, daß sie gefangen sind.«
»Kann ich ihnen denn entfliehen, wenn ich gefesselt bin?«
»Denkst du denn, daß sie dich fesseln werden?«
»Ja. Ich muß mich doch scheinbar zwingen lassen, ihnen die Bonanza zu verraten; sie müssen also annehmen, daß ich es nicht gutwillig thue, und werden sich also meiner Person versichern.«
»Aber nicht dadurch, daß sie dich binden. Du bist zu Fuß, während sie Pferde haben. Sie werden denken, daß sie dich, falls du fliehen wolltest, nach wenigen Schritten einholen würden, und dir also keine Banden anlegen. Sobald sie sich im Estrecho befinden, beobachtest du den Eingang zu demselben und kommst augenblicklich zu uns gerannt, wenn du bemerkst, daß wir mit dem Brennholze erschienen sind.«
»Wenn ich aber doch gefesselt werde? Was thue ich dann, um ihrer Rache zu entgehen?«
»Nichts. Dieser Fall ist unmöglich, wenn er aber doch eintreten sollte, so hast du dich ruhig
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