Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
sehr viel mit mir erleben. Das merke dir in Zukunft ganz ergebenst! Habe ich dir etwa deshalb geschtattet, als mein Vetter und leibhaftiger Cousin geboren zu werden, daß ich mir die gute Laune durch deine falsche Zeitrechnung verderben lassen soll? Behauptet dieser Mensch, bei mir nischt erleben zu können, und dabei kann er nich eenmal das Addieren vom Zusammenzählen unterscheiden!«
»Na, sei nur gut!« bat Droll. »Ich hab’s ja gar nich so gemeent! Wer wird nu gleich bei jedem Wort so wie ‘ne Bombe platze!«
»Schweig, alter Generalschtabsgimpel! Wie kannste es nur wagen, mich mit der Bombe in dieselbe Perschpektive zu versammeln!«
»Weilste grad so schnell platzest wie sie.«
»Platzen! Was für een Ausdruck für so eene bedeutende Wissenschaftlichkeet. Weeste denn nich, du Grünschnabel, daß die Bombe nich platzt, sondern exportiert?«
»Du willst wohl sage, explodiert?«
»Explodiert? Wie meenste das, lieber Droll?« fragte Frank in seinem freundlichsten Tone.
Aber wer ihn kannte, der wußte, daß grad diese scheinbare Freundlichkeit eine sichere Explosion in Aussicht stellte.
»Na,« antwortete Droll unbefangen und noch ganz ahnungslos: »Explodiere is doch, wenn was knalle thut; Export aber wird mit Ausfuhr übersetzt. Nich?«
»Ja, das is sehr richtig, lieber Droll, sehr richtig.«
»Schön! Freut mich sehr, daßte mer recht gegebe hast!«
»Recht gegeben?« brach nun der Kleine zornig los. »Bildest du dir das wirklich ein? Ich, und jemanden recht geben, der nich mal so viel Grütze hat, sich in die hochinteressanten Eegenschaften der Haupt-und Vorsilbe ex hineinzudenken! Denkt der Mensch wirklich, daß ich den mineralogischen Unterschied zwischen explodieren und exportieren nich weeß! Ja, das war ganz richtig: explodieren heeßt knallen; also das Sodawasser explodiert, die Peitsche explodiert, und die Maulschelle explodiert, weil es eenen Knall dabei gibt. Und das war ooch richtig, daß Export so viel wie Ausfuhr heeßt. Nu sag eenmal, kommt nich das Dominium Ausfuhr von dem Feminium ausfahren her?«
»Das is mir zu gelehrt, aber es wird schon seine Richtigkeit habe.«
»Und wenn man ausfährt, muß man doch wo ‘rausfahren?«
»Ja freilich.«
»Zum Beischpiel aus der Haut?«
»Aus – – der – – – Haut?« wiederholte Droll ganz verblüfft.
»Natürlich! Oder haste noch nie den Ausdruck gehört, daß jemand aus der Haut gefahren is?«
»Gehört, ja; aber gesehe hab’ ich’s noch nich.«
»So haste also ooch noch keene Bombe gesehen?«
»Nee.«
»Na, die fährt eben aus der Haut, wenn sie platzt, und weil Ausfuhr so viel wie Export heeßt, so sagen wir Gelehrten, wenn wir unter vier Oogen sind, daß die Bombe exportiert. Hast du das kampiert?«
»Kampiert? Das is ooch wieder so een fremdes Wort. Nimm mirsch nich übel, lieber Frank; aber soll es nich vielleicht heeßen kapiert? Kampieren heeßt doch Lager mache?«
»Ganz richtig! Und etwas kampieren heeßt, es so fest in den Kopp offnehmen, daß es dort lagern bleibt. Verschtanden?«
Droll kratzte sich hinter dem Ohre und antwortete verlegen:
»Hm, ich hab’s weder verschtande noch kampiert, du weeßt ja, daßte mer nich mit solche fremde Dinge kommen darfst. Ich schtamme nu eenmal aus dem Altenburgischen und bin nich in Moritzburg gebore.«
»Leider, leider ja! Die liebe Schöpfung hat uns mit so ganz verschiedenen Geistesgaben ausgeschtattet, und darum is, obgleich du mein wirklicher Vetter bist, unsre Verwandtschaft doch nur eene hinterpommersche Mesalliance zu nennen. Ich bin dir in allen Schtücken über und kann eegentlich gar nich begreifen, wie unsre beederseitigen Eltern off den komischen Gedanken haben kommen können, grad uns zwee beede durch so eene nahe Verwandschaftlichkeet zu verbinden. Es sollte doch wohl jedem halbwegs gebildeten Menschen freischtehen, sich seine Vettern und Tanten selber auszulesen! Wenn man das dürfte, da wäre es gar nich möglich, daß sich die Natur so viele Mißgriffe in der Vetterschaft zu schulden kommen lassen könnte.«
»So? Da willste also nischt mehr von mir wisse?«
»Sei doch so gut und frag nich so konschterniert und deponiert! Ich habe dich ja gerade deshalb so lieb, weil du dümmer bist als ich. Wo wollte ich denn mit sämtlichen Schtrahlen meiner Weisheet hin, wenn ich niemand hätte, den ich damit erleuchten und obskurieren könnte? Es macht mich doch gerade das so glücklich, daß alle meine Worte wie een Regen sind, der mit seinen Tropfen die geistig
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