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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geistern aller unsrer Häuptlinge, denen wir in die ewigen Jagdgründe folgen werden, daß die Zeit kommen wird, in welcher ihr erfahren werdet, wer zu befehlen und wer zu gehorchen hat! Jetzt aber blase ich dich von mir fort, wie man die Schmeißfliege von dem Fleische bläst. Geh fort von mir! Es wird mir übel, wenn ich dich nur sehe!«
    Die einzige, ruhige Erwiderung Old Shatterhands war die Frage:
    »Willst du dich vielleicht um das Leben reden? Noch bist du unser Gefangener und nicht frei!«
    »
Pshaw!
« lachte er verächtlich. »Tokvi-Kava läßt sich von dir nicht bange machen! Old Shatterhand hat gesagt, daß uns unser Leben und unsre Freiheit sicher sei!«
    »Ach! So fest verlässest du dich auf mein Wort? Weißt du, welche Ehre du mir damit erweisest? Du hast dich nicht getäuscht. Schütte deinen ganzen Grimm über mich aus, ich halte doch, was ich versprochen habe.«
    »Doch nur aus Angst vor uns, aus Angst, denn jeder Tropfen Blutes, den ihr uns nehmen könntet, würde von unserm Stamme von euch gefordert werden, und ihr müßtet am Marterpfahle eines Todes sterben, den noch kein Bleichgesicht gestorben ist. Nur Furcht ist’s, pure Furcht, warum ihr es nicht wagt, unsre Haut auch nur zu ritzen!«
    »Du darfst uns, ungestraft am Leben, lästern, weil ich dir mein Wort gegeben habe. Weil du weißt, daß Old Shatterhand keine Unwahrheit sagt, bist du überzeugt, frech gegen mich sein zu dürfen. So wie jetzt du, bellt der Hund, dem man die Zähne ausgebrochen hat, daß er nicht beißen kann!«
    »Und dieser Hund bist du!« schrie der Komantsche wütend. »Sieh hier meinen Fuß! Er wird dir bald den Tritt versetzen, der dich vor Schmerz zum Heulen bringt!«
    »Du darfst viel, sehr viel wagen, weil du mein Versprechen hast,« mahnte ihn Old Shatterhand ruhig lächelnd. »Doch treib es nicht zu weit! Wenn du dich nicht zu beherrschen weißt, werdet ihr es zu bereuen haben.«
    »Zu bereuen? Auch dieses Wort gibt dir die Angst nur ein. Sag, was du willst, ich verlache deine Drohung!«
    Da wurde das Gesicht des weißen Jägers ernst, und seine Stimme klang voll und schwer, als er sagte:
    »
Well,
ganz wie du willst! Ich werde allerdings halten, was ich versprochen habe, aber kein Wort, keine einzige Silbe mehr. Wie ich das meine, wirst du bald erfahren. Ich hatte mir vorgenommen, noch milder zu verfahren, als ich durch mein Versprechen verpflichtet war; das ist jetzt nun vorbei, und meine Mahnung wird sich bald erfüllen; die Reue wird schnell kommen!«
    Da zog der Komantsche den Kopf zwischen die Schultern und schnellte sich trotz der Fesseln ein Stück empor, um Old Shatterhand anzuspucken, was ihm auch gelang. Da ballte Winnetou, der sonst so ruhige, überlegene Mann, den nichts aus der Fassung bringen konnte, die Faust und rief zornig:
    »Scharlih 30 , er hat dich mit seinem Geifer besudelt. Wer soll ihn dafür züchtigen, du oder ich?«
    »Nicht du, sondern ich, aber anders, als du denkst,« antwortete sein weißer Freund. »Er ist nicht wert, daß ihn deine Hand berührt.«
    Auch andre waren tief empört über die unglaubliche Frechheit des Komantschen, der jetzt, da er seines Lebens sicher war, den nur mit Mühe so lange verschlossenen Grimm hervorbrechen ließ. Eine Menge Stimmen der Weißen ließen sich, schnelle Vergeltung fordernd, hören. Kas, der lange Blonde, ließ seinen kleinen Kopf von einer Seite auf die andre gehen; sein Stumpfnäschen schien noch einmal so groß geworden zu sein; seine sonst so gutmütigen Mausäuglein blitzten, und unternehmend zog er die Schaftstiefel an seinen Storchbeinen empor, wobei er sich mit lauter Stimme erbot:
    »Mister Shatterhand, das ist zu stark; das könnt Ihr ganz unmöglich dulden! Ich bin bereit, ihm das große Maul zu stopfen.«
    »Womit?«
    »Mit einem Riemen, den ich ihm um den Hals lege; dann bringen wir ihn hoch, dort an den Baum, der einige so schöne Aeste hat, die jedenfalls nur zu dieser Prozedur so hübsch gewachsen sind. Wenn ihm dann der Atem ausgeht, kann ich nicht dafür. Hätte er ihn für was Besseres aufgespart! Wer nicht hören will, der muß fühlen; das ist ein altes, gutes Wort, und das gab es damals schon bei Timpes Erben!«
    »Danke! Wenn er geboren worden ist, um aufgehängt zu werden, so wird er schon noch eine dazu passende Schlinge finden, ohne daß grad wir es sein müssen, die sie ihm um den Hals legen.«
    »Was?« rief der Hobble-Frank. »Er soll Sie in dieser Weise beleidigt und mit faulen Erdäpfelschälern beworfen haben,

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