Der schwarze Prinz
Barmherzigkeit heraus oder Gnade, sondern weil sein Herz ein grausames war und er sich größeren Genuss erhoffte aus der Folter der zehn jungen Männer als aus ihrer Hinrichtung.
So sandte er in den kommenden Nächten seine Mutter in den Kerker, auf dass sie in Gestalt der Wölfin, die sie war, einen Völsungen nach dem anderen töten und auffressen sollte. So starben in neun Nächten die neun Brüder des Sigmund. Am Abend der zehnten Nacht, als Signy erfuhr, welche Grausamkeiten sich in den Gewölben unter ihren Füßen abspielten, schlich sie sich heimlich zu ihrem letzten Bruder - ihrem geliebten - und bestrich, auf Anraten Odins, sein Gesicht mit Honig.
Als nun Siggeirs Mutter sich in jener Nacht wieder in einen Wolf verwandelte und durch die Dunkelheit der Kerker strich, witterte sie den Honig, und als sie ihn fand, schleckte sie ihn Sigmund vom Gesicht. Sigmund nutzte die Gelegenheit und biss ihr die Zunge ab -so dass sie verblutete und starb. Sigmund aber floh tief in die Wälder Gotlands - nicht ahnend, was Odins Ränkeschmiede ihm eingebracht hatte. Denn das Blut der Wölfin, das er geschluckt hatte, als er ihr die Zunge abbiss, machte ihn fortan selbst zum Mannwolf. Odin hatte seiner Züchtung eine weitere Macht hinzugefügt und musste jetzt nur noch dafür sorgen, dass der Bruder der Schwester beiwohnte, um durch die Vereinigung ihres Blutes den mächtigsten
Menschen zu schaffen, der jemals auf Erden gewandelt war - den Menschen, der stark genug sein würde, Hreidmar und seine Söhne zu besiegen.
So flüsterte er Signy ein, dass sie ihre Rache an Siggeir nur mit einem Spross aus der Verbindung mit ihrem eigenen Bruder würde nehmen können. Also suchte sie Sigmund im Wald auf, gab ihm schweren Wein zu trinken und verführte ihn.
So wurde Sinfjötli gezeugt - doch anders als von Odin geplant, wurde er letztendlich nicht die Waffe des Asen gegen Hreidmar. Signy starb bei seiner Geburt, und als Sinfjötli alt genug war, ging er, wie viele vor ihm, in den tiefen Wald hinein, um im Auftrag Siggeirs, den er für seinen Vater hielt, den letzten der Völsungen zur Strecke zu bringen. Keinem vor ihm war das je gelungen. Zu mächtig war Sigmund, vor allem in der Gestalt des Wolfes. So nahm auch Sinfjötli die Form des Wolfes an und ging auf die Jagd.
So kam es, dass dort, wo der Wald am dichtesten war und am finstersten, die beiden riesigen Wölfe aufeinanderstießen - und sofort in einen gewaltigen Kampf miteinander entbrannten. Es war ein Duell der Titanen - der größeren Kraft des Jüngeren begegnete die größere Erfahrung des Alten ... und für viele, viele Stunden pendelte das Zünglein an der Waage des Sieges hin und her. Schließlich aber war es die Ausdauer und die Erfahrung, die obsiegten, und Sigmund warf Sinfjötli zu Boden. Als er jedoch gerade seine Reißzähne in den Hals des Unterlegenen graben wollte, erkannte er in ihm den eigenen Sohn und ließ ab von ihm.
>Warum schonst du mich?<, fragte Sinfjötli verwirrt, und Sigmund erklärte es ihm. Da erkannte auch der Sohn den Vater, und die beiden waren trunken vor Freude über die schicksalhafte Vereinigung. Sigmund berichtete Sinfjötli von den Schandtaten seines Ziehvaters Siggeir, und gemeinsam zogen sie gegen seine Festung und übten grausame Rache.
Sigmund besuchte das Grab seiner Schwester, und nachdem die letzte Träne geweint war, nahm er sein Schwert Gram wieder in Besitz, und er und sein Sohn schlossen sich Beowulf und seiner Mannschaft an und erlebten mit ihnen viele, viele Abenteuer - doch auch das ist eine andere Geschichte. Am Ende ihrer Reisen mit Beowulf kehrten sie nach Hunaland zurück, wo Sigmund den verlassenen Thron seines Vaters zurückeroberte und Borghild heiratete, mit der er zwei Söhne zeugte. Borghild war eifersüchtig auf Sinfjötli, da sein Anspruch auf die Thronfolge ein besserer war als der ihrer beiden Söhne. Sie war es, die Odins Pläne durchkreuzte - indem sie Sinfjötli vergiftete.
Sigmund verfluchte sie dafür und schickte sie in die Verbannung.
Dann nahm er den Leichnam seines Sohnes und wollte ihn mit einem Boot eigenhändig nach Walhall bringen. Odin aber versperrte ihm den Weg, da es Lebenden nicht gestattet war, seine Halle zu betreten. So kam es, dass Sigmund das Schwert Gram gegen den zog, der es geschaffen hatte. Odin zerschlug das Schwert mit seinem Speer Gungnir und prophezeite in seiner Wut Sigmund einen baldigen Tod.
Sigmund, nach einem langen Leben voller Drangsal und Leid, war erschüttert
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