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Der schwarze Thron - Reiter reiter3

Der schwarze Thron - Reiter reiter3

Titel: Der schwarze Thron - Reiter reiter3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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FLAMMENKRONE
    Im Herbst folgten die Falken und Adler einem uralten Weg am Himmel auf ihrer Reise nach Süden, wo sie überwintern wollten. Es war derselbe Weg, den schon ihre Vorfahren genommen hatten, seit sie in Zeiten, an die sich niemand mehr erinnerte, begonnen hatten zu fliegen. Ihr Weg führte sie von Norden aus am großen schäumenden Fluss entlang, der von den Gletschern zum Meer verlief, und weiter über einige Anhöhen. Das waren die Teligmar-Berge der Provinz Mirwell an der westlichen Grenze von Sacoridien.
    Vielleicht waren die Raubvögel erleichtert, als sie die Hügel am Horizont sahen, denn solche Wegzeichen halfen ihnen, sich zu orientieren, so wie der stärker werdende Nordwind ihnen, die noch Hunderte von Meilen vor sich hatten, dabei half, mit den Anstrengungen der Reise fertig zu werden. Sie schwebten in Aufwinden über die gerundeten, vom Wetter geschliffenen Kuppen, ruhten sich auf Luftströmungen aus und hielten die Augen offen nach Beute, vielleicht einem vereinzelten Singvogel, der sich auf seine eigene Wanderung konzentrierte, oder einem achtlosen Nager.
    In diesem Jahr entdeckten die Raubvögel mit ihren scharfen Augen in den Hügeln etwas Neues, Seltsames: Menschen. Eine große Menge Menschen hatte sich auf einer Hügelkuppe niedergelassen. Es gab Gruppen von Zelten und anderen
Unterkünften zwischen den Bäumen und Felsen, Holzrauch stieg auf, Stimmen wurden vom Wind herangetragen, und Metall glitzerte in der Morgensonne. Die Raubvögel spürten eine seltsame Macht von dort unten ausgehen, etwas, das ihre kleinen Vogelhirne nicht begreifen konnten, das ihnen aber eindeutig das Gefieder sträubte. Was immer es sein mochte, die Raubvögel kümmerten sich nur um ihren Weg nach Süden und nicht um die Angelegenheiten der Menschen. Sie überquerten die Teligmar-Berge und würden Sacoridien bald ganz dem Winter überlassen, und die Erde drehte sich unter ihren ausgebreiteten Flügeln.
     
    Sobald die Frau aus ihrem Zelt kam, wurde sie von aufgeregten Kinderstimmen empfangen. Sie drängten sich um sie, redeten alle auf einmal, zupften an ihrem Rock, um auf sich aufmerksam zu machen, zeigten ihr, wo gerade ein Milchzahn ausgefallen war, und baten sie, mit ihnen zu spielen oder ihnen eine Geschichte zu erzählen. Sie lachte und tätschelte ihnen die Köpfe, und die Falten um ihre Augen und den Mund wurden ausgeprägter.
    Es war ein milder Herbstmorgen, aber kalter Wind fegte über die Kuppe des Hügels so wie immer, wirbelte das Laub um ihre Beine herum auf und zupfte eine stahlgraue Locke aus ihrem Zopf. Sie hatte genug vom Wind, aber die Kinder störte er nicht, und sie hatte gesehen, wie viele Falken ihn für ihren Weg nach Süden nutzten. Die Anhöhe, auf der ihre Leute lagerten, hatte einen entsprechenden Namen: Falkenhügel.
    »Immer mit der Ruhe, Kinder«, sagte sie. »Wir werden später noch Zeit haben zu spielen und Geschichten zu erzählen. Jetzt muss ich erst einmal mit Ferdan sprechen. Ferdan? Wo steckst du?«
    Ein flachsblonder Junge hob die Hand, und die Frau watete
durch die Flut anderer Kinder, um ihn zu erreichen. Er sah ausgemergelt aus, hatte dunkle Ringe unter den Augen und einen Schmutzfleck am Kinn. Sein Hemd war nicht richtig zugeknöpft, als hätte er sich allein angezogen.
    »Wie geht es deiner Mama heute?«, fragte sie. Sie kniete sich hin, um sein Hemd neu zuzuknöpfen und gerade zu ziehen.
    »Nicht besonders gut«, sagte der Junge. »Sie hustet ganz arg.«
    Als die Frau mit dem Hemd fertig war, stand sie auf und drückte dem Jungen einen nach Kräutern duftenden Beutel in die kleinen Hände. »Sag ihr, sie soll diesen Tee trinken, dreimal täglich, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Setz einen Topf Wasser in ihrer Nähe auf, bis es dampft, damit sie leichter atmen kann. Verstehst du das? Aber pass auf und verbrenn dich nicht.« Als sich nichts an Ferdans besorgter Miene änderte, zauste sie sein Haar und sagte: »Ich komme heute Nachmittag vorbei und besuche sie. Und jetzt geh und sorge dafür, dass deine Mama den Tee bekommt.«
    »Ja, Großmutter«, sagte Ferdan, dann schoss er davon zu einem Unterstand aus einer fleckigen Decke, die sowohl das Wetter fernhalten als auch ein wenig Abgeschiedenheit verschaffen sollte, den Beutel an die Brust gedrückt.
    Sie würde schon dafür sorgen, dass seine Mutter durchkam. Es war eine Tragödie, wenn ein Kind seine Mutter verlor. Sie schüttelte den Kopf und wandte ihre Aufmerksamkeit den anderen Kindern zu. »Ist es nicht Zeit

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