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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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seine Haut noch zart, fast wie die eines Kindes, ein bißchen wie Milch und Honig - beide. Meine Eltern hatten eine Liebesgeschichte, was selten war. Bei uns heiratete man niemanden, den man liebte. Eine Frau entschied sich für den ersten, der sie anlächelte, oder sie nahm den einen, den ihre Eltern beim Sonntagstanz für sie ausgesucht hatten. Die Blumen, die der junge Mann zum Tanz mitgebracht hatte, wurden im Garten eingepflanzt, und es galt als gutes Zeichen, wenn sie den Winter überlebten und im Frühling wieder blühten.

    Gegen Abend waren die Tischtücher im Hof von Karcsis Eltern vom vergossenen Wein rosarot gefärbt. Das Licht tauchte Wiesen und Straßen aus Staub in ein tiefes Blau. Eine Kapelle spielte, drei Geiger in roten Westen. Ich schnappte mir einen Lampion und scheuchte Isti durch den Garten. Wir liefen so lange, bis wir die anderen kaum noch hörten und der Lampion das einzige Licht spendete. Wir tasteten uns durch die Dunkelheit. Isti rief, such mich, und verschwand hinter einer Reihe von Obstbäumen, deren Umrisse schwarz in die Nacht ragten. Ich folgte ihm ein paar Schritte und ließ ihn dann allein zurück.

    Ich sprang von Stein zu Stein, versuchte, den Boden nicht mehr zu berühren, und kletterte auf eine Mauer, um zurück zum Fest zu schauen. Mein Blick fiel auf Éva in ihrem Brautkleid. Sie stand nur wenige Meter von mir entfernt und lehnte an einem Bretterverschlag. Ein Bein hatte sie angewinkelt, ihr Kleid hochgezogen. Ihr Schleier hatte die Schultern freigegeben. Vor ihr stand mein Vater und blies ihr den Rauch seiner Zigarette ins Gesicht. Die feinen Haare auf Évas Stirn bewegten sich wie bei einem Windstoß, der ein Fenster öffnet. Als Éva mich sah, stieß sie sich mit ihrem Fuß ab und richtete ihr Kleid. Mein Vater drehte sich um und schüttelte seine Hand so, als verscheuche er eine Fliege. Ich sollte gehen und kein Wort darüber verlieren.

    Kurz vor Morgengrauen kehrte Éva mit schmutzigen Schuhen zurück zu ihrem Hochzeitsfest. Karcsi sang immer noch mit den Geigern, denen Évas Vater weitere fünfhundert Forint zugesteckt hatte. Das Futter hatte sich aus Évas Brautkleid gelöst. Karcsi nahm Évas Hand, führte sie zum Tanz und sagte etwas wie, bewundert meine Frau, schaut sie euch an, wie schön sie ist, schaut sie euch an. Er drückte Éva fest an sich, drehte sich mit ihr und ließ die Absätze seiner Stiefel auf den Boden schlagen. Er trat auf das Futter von Évas Kleid. Es glitt hinunter und kreiste Évas Füße ein. Évas Füße, die in dreckigen weißen Schuhen steckten. Wie ein Kranz aus geschlagener Sahne lag das Futter dort, weiß und glänzend. Alle Blicke richteten sich auf den Boden. Nur mein Vater, der am Gartenzaun lehnte und rauchte, schaute zum Himmel.

    Wir besuchten Éva und Karcsi oft. Mein Vater warf uns etwas zum Anziehen aufs Bett und sagte, kämmt euch die Haare. Karcsi wurde nicht müde, uns das Haus zu zeigen, das er mit Freunden gebaut hatte. Er führte uns in den Keller, er schob uns durchs Schlafzimmer, zeigte uns die Garage, und er ließ uns im Wagen sitzen und auf die Hupe drücken. Éva servierte den Kaffee in der Küche, dann den Schnaps im Wohnzimmer. Mit einer großen Gabel aus Plastik legte sie rosafarbenen Kuchen auf unsere Teller. Als Isti sagte, er wolle keine roten Rosen essen, nahm Karcsi sie von der Torte und verschlang sie mit einer Grimasse. Wir wagten nicht, mehr als ein Stück zu essen, auch wenn Éva uns drängte, noch zu nehmen. Bei Éva und Karcsi blieb dreckiges Geschirr niemals über Nacht stehen. Nicht einmal das Tablett mit Sirup und Soda war verklebt, die Gläser hatten keine Wasserflecken. Trotzdem gab es diesen Geruch, von dem ich glaubte, er käme vom Lackieren der Fingernägel. Wenn Karcsi weg war, sprachen mein Vater und Éva anders miteinander, und Éva fand immer etwas für uns, was wir im Hof oder am Ende der Straße entdecken konnten.

    Einmal, an einem Sonntag, als Pista zu sehr an Jenő zerrte und Zsófi uns nicht zu den Waggons mitnahm, zeigte uns mein Vater seinen Weg zum Fluß. Er setzte Isti auf seine Schultern und hielt ihn an den Armen fest, und ich lief hinter ihm über verlassene Wege, vorbei an Höfen, über Felder, immer etwas ängstlich, nicht Schritt halten zu können. Ein Unwetter hatte den Schlamm im Fluß aufgewühlt und nach oben gespült. Vor unseren Augen floß das Wasser träge und braun Richtung Dorf, Richtung Süden, vielleicht sogar irgendwann in Richtung Westen. Isti zerschnitt sich

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