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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Kommandant von Calatrava, einem der vier kriegerischen Mönchsorden in Kastilien, die vor Jahrhunderten zur Bekämpfung der Mauren gegründet worden waren. Beide Männer besaßen ungeheure Macht und Reichtümer, und doch waren größere Unterschiede als zwischen den beiden kaum denkbar. Das Einzige, was die Brüder gemeinsam zu haben schienen, war ihre Arroganz.
    Schmächtig von Statur, hatte Villena dunkles, über der Stirn gerade abgeschnittenes Haar. Auf eine eigenartige Weise war er gut aussehend mit einer auffallend langen Nase und befremdlichen Augen von einer gelbgrünen Tönung, die aufgrund ihrer Kälte umso bestürzender wirkten. Er war mit einem höhnischen Feixen in unseren Hof geritten und hatte alles abschätzig gemustert: die frei herumlaufenden Hühner und Hunde, die Schweine und Schafe in ihren Pferchen, die vor der Mauer aufgehäuften Heuballen und den Komposthaufen, auf den wir unsere Abfälle warfen, um sie gären zu lassen, bis sie uns als Dünger in den Gärten dienten.
    An der Seite Villenas und gefolgt von seinen Männern in scharlachrot-goldener Uniform, ritt Girón auf einem schwarzen Schlachtross, das jedes Pferd, das ich bisher gesehen hatte, zwergenhaft erscheinen ließ. Dieser Mann war selbst ein Riese mit rot geäderten Wangen und einem wilden, dichten Bart. Seine Knopfaugen lagen so tief in dem fleischigen Gesicht vergraben, dass ihre Farbe sich nicht bestimmen ließ. Und was aus seinem Mund strömte, hielt jedem Vergleich mit dem Komposthaufen stand. Als er mit angesichts seiner Größe erstaunlicher Geschicklichkeit von seinem Tier sprang, stieß er grässliche Schimpfwörter aus: » Miserables hijos de puta! Los, bewegt euch, ihr erbärmlichen Hurensöhne!« Er scheuchte die Soldaten mit wütenden Schlägen seiner schaufelgroßen Hände herum. Die neben uns stehende Doña Clara erstarrte.
    Als Villena vor uns abstieg, verwandelte er sich auf einmal. In einer übertriebenen Geste beugte er sich über die Hand meiner Mutter und versicherte ihr voller Pathos, dass selbst die Zeit es nie wagen würde, ihre Schönheit zu berühren. Lächelnd ließ meine Mutter die Wimpern flattern. Auf mich wirkte der Mann mit seiner näselnd vorgetragenen Galanterie lächerlich und seine Stimme unangenehm. Obendrein schlug mir von diesem in Samt gehüllten Kerl mit einem Mal ein derart penetranter Ambrageruch entgegen, dass ich davon einen Brechreiz bekam. Geschniegelt und kultiviert wie er sich gab, war jede Bewegung eine Studie in Eleganz, als hätte er stundenlang vor dem Spiegel die vollendete Beherrschung der Kunst der Falschheit geübt. Auf mich achtete er nicht weiter und nahm meine Gegenwart allenfalls mit der leisen Andeutung eines Nickens wahr, ehe er sich wie verzückt meinem Bruder zuwandte. Alfonso musterte er mit solcher Intensität, dass dieser sich in seinem steifen, neuen Wams förmlich wand.
    Dann drehte sich Villena auf dem Absatz wieder zu meiner Mutter um und trällerte: »Die Schönheit des Infanten spricht für Euch, Hoheit. Niemand könnte ihn je für etwas anderes halten als für einen Prinzen von lupenreinem, königlichem Geblüt.«
    Ich widerstand dem Impuls, die Augen zu verdrehen, als Alfonso mir einen verwirrten Blick zuwarf. Das Lächeln meiner Mutter wurde breiter. »Gracias, Excelencia« , hauchte sie. »Darf ich Euch und Eurem Bruder Wein anbieten? Eigens für Euch habe ich einen besonderen Jahrgang öffnen lassen.«
    Girón war inzwischen zu uns herübergestapft. Sein Gestank erschlug uns förmlich; als Erstes glotzte er Beatriz lüstern an, dann entdeckten seine Schweinsäuglein mich. Mit einem Grinsen entblößte er schwarz verfärbte Zähne. Ich hielt die Luft an, als seine Pranke meine Hand umschloss und an seine Lippen führte.
    »Infanta« , knurrte er. Derart fest war sein Griff um meine Hand, dass ich mich nicht daraus befreien konnte. Schon begann ich zu fürchten, er würde mir die Finger wie Hühnerknochen zerquetschen, als Doña Clara demonstrativ mit einer Karaffe und Kelchen zwischen uns trat. Und tatsächlich lenkte ihr schlaues Angebot Girón von mir ab. Mit einem freudigen Grunzen ließ er zugunsten des Weins von mir ab.
    Während Girón unsere Karaffe zügig leerte, tänzelte Villena mit einer Miene durch den Saal, die nur zu deutlich seine kaum verhohlene Belustigung über unsere – wie er sich ausdrückte – »drollige« Einrichtung zu erkennen gab. Danach kehrten die beiden in den Burghof zurück, um ihren Bediensteten Anweisungen zu

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