Der Schwur der Königin
mit Turbanen verkleidet, statt sich um sein Reich zu kümmern; ein Hahnrei, der wegschaut, während diese Hure von Gemahlin mit jedem Lakaien, nach dem ihr gerade der Sinn steht, ins Bett steigt.«
Ich wich zurück, erschüttert von ihren Worten, von der Häme in ihrem Gesicht.
»Außerhalb dieser Mauern liegt Kastilien in seinem Elend«, ereiferte sie sich. »Unser Schatzamt ist bankrott, die Granden haben mehr Macht als die Krone. Enrique glaubt, sich mit diesem Kind ihr Wohlwollen erkaufen zu können, aber letztlich wird er nichts als Hader ernten. Die Granden werden sich nicht von ihm verspotten lassen. Wie die Wölfe werden sie ihn zerfetzen. Und wenn sie mit ihm fertig sind, werden wir all das fordern, was er uns geraubt hat. Er hat uns ignoriert, uns hierher abgeschoben, damit wir verrotten, aber an dem Tag, an dem Alfonso seine Krone aufsetzt, wird Enrique von Trastámara erfahren, dass er unsere Geringschätzung mit seinem Verderben bezahlen muss.«
In meinem Innern hörte ich wieder Carrillos Stimme. Die Storchenfrau ist eine gute Mutter. Sie weiß ihre Jungen zu verteidigen . Ich wollte mir die Ohren zuhalten. Die Augen meiner Mutter schienen ein Loch in mich hineinzubrennen und versengten mich schier mit ihrer aufgestauten Wut, dem in Jahren tiefster Eriedrigung angesammelten giftigen Hass. Ich konnte der Wahrheit nicht länger ausweichen. In ihrem gekränkten Stolz hatte meine Mutter eine Verschwörung angezettelt, um den Konnetabel Luna hinzurichten. Damit hatte sie meinen Vater in tödliche Trauer gestürzt. Ihr Ehrgeiz hatte sie alles gekostet – Mann, Rang, unsere Sicherheit –, doch jetzt glaubte sie, einen Weg gefunden zu haben, um das alles zurückzugewinnen. Sie wollte gemeinsame Sache mit Carrillo und den unzufriedenen Granden machen, um die Legitimität der neuen Prinzessin zu erschüttern und meinem Halbbruder einen verheerenden Schlag zuzufügen. Dabei verkannte sie jedoch, wie verkehrt es war, jemanden mit derart abfälligen Bemerkungen schlechtzumachen, derart böswillige Verleumdungen zu streuen, dem König und der Königin nur das Übelste zuzutrauen. In ihrem Eifer, Alfonsos Rechte zu schützen, war sie bereit zu intrigieren, zu kämpfen und sogar – Gott stehe ihr bei – zu töten.
»Wir müssen das tun«, erklärte sie. » Du musst es tun – für mich.«
Ich gab mir einen Ruck und nickte, auch wenn mir dabei zu meinem Entsetzen Tränen der Hilflosigkeit in den Augen brannten. Ich weigerte mich, sie zu vergießen. Entschlossen straffte ich die Schultern. Meine Mutter nahm meine Haltung wahr, und ich sah, wie sie zögerte und die Stirn in Falten legte, als begriffe sie erst jetzt, wie weit sie gegangen war.
»Ihr … solltet Euch schämen«, hörte ich mich flüstern.
Sie zuckte zurück. Dann hob sie den Kopf und sagte mit tonloser Stimme: »Ich mache dir ein Kleid aus dem grünen Samt, eines mit blaugrauer Bordüre. Alfonso bekommt ein neues Wams aus blauem Satin.« Sie wandte sich demonstrativ den Stoffen zu, als hätte ich aufgehört zu existieren.
Ich floh aus dem Gemach und blieb erst stehen, als ich mein eigenes erreichte. Atemlos riss ich die Tür auf. Beatriz, die gerade unsere Kleider für die Reise in eine mit Messing beschlagene Ledertruhe schichtete, fuhr erschrocken herum. »Was ist?«, fragte sie, während ich mich an den Türrahmen klammerte. »Was ist passiert?«
»Sie ist verrückt«, ächzte ich. »Sie glaubt, sie könne Alfonso gegen den König ausspielen, aber das werde ich nicht zulassen. Ich werde meinen Bruder bis zu meinem letzten Atemzug beschützen!«
Im Burghof luden livrierte Diener unser Gepäck auf Karren. Unsere Hunde, die spürten, dass eine unumkehrbare Veränderung bevorstand, sprangen kläffend hinter Alfonso her. Mein kleiner Bruder hatte sich immer um die Hunde gekümmert: Er nahm sie mit auf die Jagd oder zu Ausritten, fütterte sie und säuberte regelmäßig ihren Zwinger. Ich beobachtete ihn dabei, wie er innehielt und seinen Liebling, einen großen, zotteligen Jagdhund mit dem Namen Alarcon, streichelte. Mir fiel auf, wie erbärmlich klein unsere Dienerschar war, verglich man sie mit dem beeindruckenden Gefolge, das Enrique entsandt hatte, damit es uns nach Segovia eskortierte.
Erzbischof Carrillo war nicht gekommen. Als Vertreter hatte er seine Neffen mitgeschickt, den Marquis von Villena und dessen Bruder, Pedro de Girón. Während Villena dem Hochadel angehörte und als Günstling des Königs galt, war Girón der
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