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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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wovor Carrillo mich gewarnt hatte. Ich wäre zeitlebens eine Geisel und von Kastiliens Erbe ausgeschlossen, während Villena das Reich in seine private Pfründe verwandelte.
    »Nein!«, entfuhr es mir, und plötzlich spürte ich eine ungeheure Kraft in mir. »Auf keinen Fall! Auch wenn ich meinem König Treue schulde, kann ich einer solchen Verbindung unmöglich zustimmen.«
    »Wer seid Ihr, so zu sprechen?«, brüllte Villena. »Wenn wir sagen, dass Ihr König Alfonso heiraten werdet, dann werdet Ihr das auch tun! Bei allem, was heilig ist, entweder Ihr gehorcht uns, oder Ihr bekommt die Konsequenzen zu spüren.«
    Ich bohrte meinen Blick in seine Augen. »Bei allem, was heilig ist, Fürst, Ihr seid nicht mein König.«
    »Aber ich bin es!« Enrique starrte mich wütend an. »Ich bin dein König und Bruder. Und ich sage, dass du das tun wirst. Mehr noch: Ich befehle es.«
    Ich musterte ihn stumm. Nichts an seiner Haltung wies auf ein Nachlassen seiner Selbstbeherrschung hin, die ihm fraglos Villena wochenlang eingetrichtert hatte. Enrique behandelte mich, als wäre ich eines der hilflosen Geschöpfe aus seinen Menagerien, wobei ich allerdings den Verdacht hegte, dass er mehr Mitgefühl für ein gefangenes Tier aufgebracht hätte als für mich.
    In diesem Moment erlosch der letzte Rest an Zuneigung zu ihm, die mir zu bewahren ich mich aufrichtig bemüht hatte und die der Hauptgrund gewesen war, warum ich mich Alfonsos Rebellion nicht angeschlossen hatte und immun gegen Carrillos Geringschätzung geblieben war. Jetzt sah ich nur noch einen Mann, der es nicht wert war, über dieses ehrwürdige Reich zu herrschen, und hatte plötzlich keine Angst mehr. Nicht vor ihm.
    »Ich werde diese Bitte prüfen, da mein König sie geäußert hat«, sagte ich, ohne auf Villena zu achten. »Darf ich jetzt mit Eurer Erlaubnis die Rückreise zu meinem Haus in Ocaña antreten? Die Luft hier bekommt mir nicht.«
    Villena wollte schon irgendetwas bellen, doch Enrique gebot ihm mit erhobener Hand Schweigen. »Nein«, sagte er, ohne den Blick von mir zu wenden, »lasst sie gehen. Entsendet eine Eskorte für sie nach Ocaña. Ich glaube, dort kann sie meine Befehle ebensogut überdenken.«
    »Majestät, sie wird die Flucht versuchen«, protestierte Villena. »Vergesst nicht, sie ist eine Lügnerin; wie alle Frauen trägt sie Evas Tücke in sich. Behaltet sie hier unter Eurer Bewachung, und zwar bis zum Frühling, wenn wir mit den Verhandlungen über die Vertragsbedingungen für unsere Allianz mit Portugal begin …«
    »Ich werde nicht fliehen«, unterbrach ich ihn, die Augen fest auf Enrique gerichtet. »Darauf gebe ich Euch mein feierliches Versprechen als Eure Schwester.«
    Eine schiere Ewigkeit lang erwiderte er meinen Blick. Schließlich nickte er knapp. Ich sank in einen tiefen Knicks. Wenn sie glaubten, sie hätten mich dazu gebracht, mich zu unterwerfen, war mir das nur recht.
    Denn ich würde ihnen niemals gestatten, über mein Schicksal zu bestimmen.

15
    Villena persönlich eskortierte mich mit einem Trupp aus zweihundert bewaffneten Männern nach Ocaña. Erhobenen Hauptes ritt ich in die Stadt, wo die Bevölkerung zusammengeströmt war, um mich willkommen zu heißen. Die Frauen und Kinder winkten mit Sträußen aus Herbstblumen, die Männer nahmen ihre Kappen ab. Doch ihre spontanen Jubelrufe gefroren ihnen auf den Lippen, als sie die mit Spießen und Helmen bewehrten Männer um mich herum bemerkten. Und aus der Überraschung wurde nackte Angst, sobald ihnen klar wurde, dass sie die unfreiwilligen Gastgeber für Villenas Streitmacht abgeben sollten, da diese in Ocaña bleiben würde, um meiner Flucht vorzubeugen.
    Villena hatte zwar nicht gewagt, seine Männer in meinem Palast zu stationieren, doch es war ihm gelungen, Mencia de Mendoza in meine Dienste zurückzulocken. Schon beim Betreten meiner Gemächer traf ich sie an. Und während sie theatralisch die Knie beugte, verkündete sie, dass der König sie zu meiner Ersten Hofdame ernannt hatte, da Beatriz nun ja mit ihrem Mann in Segovia lebte.
    Inés schäumte. Unsere Abenteuer am Hof hatten zu guter Letzt ein ehernes Band um uns geschmiedet, und als sie die Frau wiedererkannte, die sie ursprünglich angeworben hatte, um mich auszusponieren, wurde sie vor Empörung stocksteif. »Ihr werdet meiner Herrin nicht in deren Bettkammer aufwarten«, erklärte sie. »Das ist meine Aufgabe.«
    Mencia schürzte die Lippen. Zweifellos lag ihr schon eine unfreundliche Entgegnung über ihre

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