Der Schwur der Königin
Hure, Juana, einen weiteren Bastard auf die Welt gebracht hat und jetzt versucht, sich aufs Neue bei Enrique einzuschmeicheln. Sie ist aus ihrer Gefangenschaft entwichen und bei den Mendozas untergeschlüpft. Nun setzt sie alles daran, sich mit Villena zu verbünden. Wenn Ihr nach Segovia geht, werdet Ihr das bereuen.«
Ich hatte nicht weiter auf seine Worte geachtet. Auf keinen Fall wollte ich die Hochzeit meiner geliebten Freundin versäumen. Aber als sich mir Villena in seinen Schuhen mit den hohen Absätzen näherte, wappnete ich mich für das Schlimmste. Solange er Enriques Gunst genoss, konnte ich nichts Gutes erwarten; andererseits würde ich mich nie wieder von ihm einschüchtern lassen. Die Cortes mussten einberufen werden. Ich würde auf einer festen Zusage und einem konkreten Datum bestehen.
»Seine Majestät möchte mit Eurer Hoheit sprechen«, erklärte mir Villena mit seiner irritierend nasalen Stimme nach einer derart knappen Verneigung, dass es an Beleidigung grenzte. »Es ist eine Angelegenheit von einer gewissen Dringlichkeit. Wäre Euch morgen früh genehm?«
Ich stimmte zu, erleichtert, dass er keine Anstalten machte, mich auf die Tanzfläche zu führen. »Natürlich. Sagt Seiner Majestät, dass ich ihm zur Verfügung stehe.«
»Das«, erwiderte Villena, »wird sich noch zeigen.« Bevor ich darauf antworten konnte, kehrte er zu Enrique zurück. Während die beiden miteinander tuschelten, blickte mich Enrique zum ersten Mal an diesem Tag an.
Das Misstrauen in seinen Augen ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen und schritt durch meine Gemächer im Alkazar. Die arme Inés, die nicht wusste, was sie sagen, wie sie mich beruhigen sollte, schaute hilflos zu. Sie und ich hatten noch kein harmonisches Verhältnis. Auch wenn sie mir voller Hingabe diente, war sie eben nicht meine Beatriz. Das Einzige, was ihr einfiel, war, mir pausenlos Kamillentee aufzugießen, der keineswegs die beabsichtigte Schläfrigkeit erzeugte, sondern mich im Gegenteil dazu zwang, alle halbe Stunde Wasser zu lassen.
Die Wände dieses goldenen Käfigs, wo ich in meiner Jugend so viel einsame Zeit voller Angst verbracht hatte, schienen mich schier zu erdrücken. Ständig hatte ich Königin Juanas bösartiges Lächeln vor Augen, dröhnte mir Mencia de Mendozas triumphierendes Lachen in den Ohren. Und ein ums andere Mal hallten in mir Carrillos Worte wider wie die grauenhaften Trommelschläge bei Hinrichtungen: Sie nehmen Euch gefangen.
Warum nur war ich hierhergekommen, da ich doch wusste, wozu Enrique in der Lage war? Ich hätte Beatriz mein Geschenk in Ocaña geben und ihr erklären sollen, dass es mir nicht möglich sein würde, persönlich an ihrer Hochzeit teilzunehmen. Sie hätte verstanden; niemand wünschte sich so sehr wie sie, mich in Sicherheit zu wissen. Stattdessen hatte ich Carrillos Warnung in den Wind geschlagen. Mit meiner üblichen Halsstarrigkeit hatte ich mich geweigert, auch nur einen Moment lang in Erwägung zu ziehen, dass Enrique sein Wort brechen könnte. Jetzt saß ich in seinem Alkazar in der Falle, genauso wie während Alfonsos Rebellion, als nur noch Cárdenas und Chacón mich geschützt hatten. Carrillo war meilenweit entfernt; selbst wenn ich ihm jetzt eine Nachricht sandte und er seine Verbündeten zum Eingreifen drängte, wäre es zu spät für mich.
Wieder würde ich eine Gefangene sein.
Als schließlich die Morgenröte über den Horizont kroch, war ich bereit, in meinem Nachthemd aus Segovia zu fliehen. Stattdessen zwang ich mich, in tiefen, langsamen Zügen zu atmen, und ließ mich von Inés ankleiden. Ich wählte eine gediegene blaue Samtrobe mit kanariengelben Ärmeln und ließ mir die Haare von Inés in ein mit Turmalinen besetztes Netz wickeln. Über die Schultern und den Busen kam eine durchsichtige Seidenstola, umrahmt von schwarzen Spitzen. Zumindest fürs Erste drohte mir ja keine Gefahr. Die Feierlichkeiten boten mir immerhin einen gewissen Schutz, und außerdem begleiteten mich Cárdenas und Chacón zum privaten sala , wo Enrique mich erwartete.
Kurz bevor wir die mächtige Doppeltür erreichten, über der eine kunstvoll gefertigte Arabeske prangte, wandte ich mich an Chacón: »Wenn ich nicht binnen einer Stunde wieder herauskomme, sendet bitte Cárdenas sofort zum Palast des Erzbischofs.«
Chacón nickte. Und Cárdenas richtete in stummer Hingabe seine schönen grünen Augen auf mich. Ich wusste, dass er zur Not barfuß nach
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