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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Tore gern noch einmal auf«, meinte der Wachposten. Obwohl seine Stimme bei diesem Vorschlag wohlwollend klang, hörte ich den drohenden Unterton heraus. Wenn wir uns nicht fügten, würde er die Riegel nicht anrühren und – schlimmer noch – Verstärkung herbeirufen.
    Ohne Warnung trat ich meinem Pferd leicht in die Seite und ritt dicht an ihn heran. Er starrte verblüfft und für einen kurzen Moment verwirrt zu mir herauf. Ohne auf Carrillos unterdrücktes Aufkeuchen zu achten, griff ich nach oben und schlug meine Kapuze zurück. Der Mann regte sich nicht, nur sein Mund klappte weit auf, als hätte es ihm auf einmal den Atem verschlagen.
    »Weißt du, wer ich bin?«, fragte ich ihn leise.
    Er nickte steif. Ich konnte nicht beurteilen, ob er wirklich zu überrascht war, um eine Erwiderung zu formulieren, oder ob er schon insgeheim die plötzliche Wendung bewertete und die möglichen Nutzen und Nachteile gegeneinander abwog.
    »Du könntest Alarm schlagen«, sagte ich. »Aber das wirst du nicht tun, da du deine zukünftige Königin vor dir hast, auch wenn ich das, so Gott will, erst in vielen Jahren sein werde. Und im Gegenzug, guter Mann, werde ich nie vergessen, wie du mir heute Nacht geholfen hast.« Mit einem Griff in die Satteltasche zog ich einen Samtbeutel heraus und warf ihn ihm vor die Füße. Mit einem vielversprechenden Klirren prallte er auf der gefrorenen Erde auf.
    Das Geräusch brachte Leben in den Mann. Hastig bückte er sich und barg den Beutel. Mit einem gierigen Grinsen löste er die Schnur und spähte hinein. Kurz blickte er über die Schulter zu den anderen, die uns mit weit aufgerissenen Augen anglotzten. »Schon besser«, sagte er mit einer schwungvollen Geste in meine Richtung, ehe er zu seinen Männern herumfuhr und bellte: »Los schon, ihr habt die Dame gehört. Macht das Tor auf!«
    Die Riegel wurden zurückgeschoben. Eilig ritten wir hinaus in die dunkle, offene Landschaft. Kaum hatten wir die Mauern hinter uns gelassen, brummte Carrillo unwirsch: »Das war ja wohl kaum der geeignete Augenblick, um auf Euren Rang aufmerksam zu machen. Sie hätten uns verhaftet können.«
    »Gewiss«, erwiderte ich, »aber das haben sie nicht. Und die Geschichte wird sich verbreiten. Hoffentlich wird auch Villena zu Ohren kommen, wie wir seiner Schlinge entronnen sind. Sollen zur Abwechslung ruhig einmal ihm die Knie schlottern.«
    Chacón stieß ein raues Lachen aus.
    Inés flüsterte mir ins Ohr: »Waren das Eure Juwelen?«
    »Ja«, wisperte ich zurück, »wie ich gesagt habe, wir können uns neue kaufen.«
    Damit preschten wir los, Valladolid entgegen.

16
    Das im Nordwesten von Zentralkastilien gelegene Valladolid war eine wunderschöne Stadt, berühmt für seine reichen Weine, die fruchtbaren Felder und die herrliche gotische Kirche Santa María la Antigua mit ihrem wuchtigen romanischen Turm.
    Ich zog in den Palast derer von Vivero, einer Granden-Familie, die treu auf der Seite des Admirals stand. Bei unserem dreitägigen Ritt über tückische Nebenwege und durch Waldgebiete hatte ich mich am Sattel wund gescheuert; die Hauptstraßen hatten wir tunlichst gemieden, weil dort am ehesten mit königlichen Patrouillen zu rechnen war. Darüber, dass mein Verschwinden womöglich nicht gemeldet worden war, gaben wir uns keinerlei Illusionen hin. Zweifellos hatte Mencia gleich bei ihrer Rückkehr in den verlassenen Palast Alarm geschlagen. Aber fürs Erste saßen wir hier fest. Während Boten nach Andalusien zu Enrique und Villena eilten und mit deren entrüsteter Antwort zurückritten, hing für uns alles davon ab, wie zügig unsere eigene Botschaft sowie die unterschriebenen Verlobungsdokumente nach Aragón gelangten. Es war nur noch eine Frage von Wochen, bis Fernando in Kastilien eintraf. Und waren wir erst verheiratet, konnte trotz all seiner Tücke nicht einmal Villena trennen, was Gott zusammengefügt hatte.
    Ich hatte mich kaum eingelebt, als Fernandos Großvater, Don Fadrique Enríquez, Graf von Medina und Admiral von Kastilien, mich besuchen kam. Im bunt bemalten sala beugte er sich über meine Hand – ein kleiner, gepflegter Mann mit vollkommen kahlem Kopf und freundlichen, kurzsichtigen Augen. Bekleidet war er mit dem von der Elite seines Königreichs bevorzugten, düsteren schwarzen Damast. Als einer der mächtigsten Granden im Land hatte der Admiral sich stets von den tödlichen Machtkämpfen am Hof ferngehalten, denn seine älteste Tochter war die geliebte Königin Juans II. von Aragón

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