Der Schwur der Königin
Städten verlautbaren zu lassen, dass ich keinerlei Unrecht begangen und nichts zu verbergen hatte. Jetzt freilich hatte ich keine andere Wahl, als mich auf meine Unschuldsbeteuerungen zu berufen und Enriques Männer zu empfangen.
Ich trug meine graue Samtrobe und die Rubine aus Aragón, die mir beim Einmarsch der Adeligen Zuversicht verliehen. Flankiert wurde ich von Carrillo und dem Admiral. Als völlig unerwartet Villena vor mir auftauchte, biss ich die Zähne zusammen. Ein verstohlener Seitenblick Carrillos verriet mir, dass auch der Erzbischof nicht mit dem Marquis gerechnet hatte. Seine Miene wurde so finster, dass ich fast schon fürchtete, er würde sich auf Villena stürzen und ihn mit bloßen Händen erdrosseln.
Das wusste ich zu verhindern. »Edler Marquis«, sagte ich mit lauter, klarer Stimme, »ich hoffe aufrichtig, dass Ihr gekommen seid, Uns um Verzeihung zu bitten. Ansonsten seid gewarnt, dass Wir Uns bei Worten, wie Ihr sie zuletzt gegen Uns verwendet habt, nicht wohlgesinnt zeigen.«
Ich weidete mich an seiner Blässe. Bewusst hatte ich von mir in der den Königen vorbehaltenen Mehrzahl gesprochen, und das hatte ihn durcheinandergebracht. Bien . Mir kam es darauf an, dass er in mir die zukünftige Königin sah, nicht die hilflose Infantin, die er so oft eingeschüchtert hatte.
Doch dann kehrte das höhnische Feixen zurück. Er riss einem Pagen ein mit allen möglichen Siegeln beklebtes, höchst imposant aussehendes Dokument aus der Hand.
»Hierin wird Eurer Hoheit Amnestie gewährt«, schnarrte er. »Aufgrund unvorhergesehener Unruhen im Süden kann Seine Majestät nicht persönlich erscheinen, aber aus Respekt vor Eurem gemeinsamen Blut bietet er Euch trotz Eurer rebellischen Handlungen eine vollständige Begnadigung an, falls Ihr Euer gesetzeswidriges Verlöbnis mit Fernando von Aragón löst.«
»Erbärmlicher Köter!«, knurrte Carrillo. »Du bist es nicht wert, ihre Stiefel zu lecken …«
Ich gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt. Dann schritt ich Villena entgegen. Im Gehen warf ich dem Admiral ostentativ einen Blick zu. Don Fadrique neigte stumm das Haupt. Er stand inmitten von sechzig bewaffneten Soldaten – der schlagende Beweis, dass ich eine Streitmacht befehligte.
»Glaubt Ihr, den Vertreter des Königs einschüchtern zu können?«, fauchte Villena. »Ich komme mit der Vollmacht der Krone. Ich könnte Eure Hoheit auf der Stelle in Haft nehmen lassen.«
Einen Schritt vor Villena blieb ich stehen, so dicht, dass mir sein widerwärtiger teurer Moschusduft und eine Ahnung des davon überdeckten Schweißgeruchs in die Nase stiegen. Dann blickte ich an ihm vorbei zu den Adeligen in seinem Gefolge, von denen ich die meisten in meinen Jahren am Hof kennengelernt hatte. Gerade noch gelang es mir, ein überraschtes Zusammenzucken zu verbergen, als ich Beltrán de la Cueva bemerkte, den früheren Liebhaber der Königin und jetzigen Mann von Mencia. Er war älter geworden, seine geschmeidige Schönheit rauer, doch seine Augen glänzten wie eh und je. Als er den Blick abwandte, spürte ich, wie unbehaglich er sich in der Rolle fühlte, die er gezwungenermaßen spielte.
Dieser Eindruck verlieh mir Kraft. Villena mochte glauben, er hätte Macht über mich, doch nun vermutete ich, dass all die Edelmänner nicht freiwillig gekommen wären, hätten sie die Wahl gehabt. So räuberisch sie sein konnten, den wenigsten gefiel es zuzusehen, wie eine Frau bedrängt wurde. Wie immer hatte sich Villena nicht die geringste Mühe gegeben, diejenigen für sich zu gewinnen, auf deren Hilfe er bei der Verrichtung seiner Schmutzarbeit angewiesen war.
Ich richtete die Augen wieder auf Villena. »Dann verhaftet mich doch. Aber vorher müsst Ihr mir im Beisein der hier versammelten Edlen erklären, wessen ich beschuldigt werde; dieses Recht verdient selbst der niedrigste Knecht in Kastilien. In dem Vertrag, den Seine Majestät und ich unterzeichnet haben, wurde vereinbart, dass ich nicht ohne seine Zustimmung heiraten würde, das ist richtig, aber er seinerseits darf mir keine Ehe aufzwingen, die ich nicht will. Er hat dieses Abkommen gebrochen, indem er für mich eine Verbindung mit Portugal anstrebte. Deshalb schlage ich vor, dass wir unsere Meinungsverschiedenheit den Cortes vorlegen und sie entscheiden lassen.«
Villenas Katzenaugen verengten sich zu Schlitzen. »Es wird keine Versammlung der Cortes geben, solange der König lebt«, zischte er. »Nie! Ihr habt das Recht verwirkt, Euch Kastiliens Erbin
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