Der Seelenfänger
Harold Robbins Der Seelenfänger
ROMAN
Das Buch
Kein Schriftsteller hat es so wie Harold Robbins verstanden, brisante Themen aufzugreifen und schonungslos anzupacken.
»Der Seelenfänger« handelt von der Geschichte eines jungen Mannes, der das Grauen des Vietnam-Krieges überlebt hat und sich dazu berufen fühlt, als »Preacher«, als Prediger, Gottes Wort zu verkünden. Diese Mission wird für Andrew Talbot schließlich zum Multi-Millionen-Dollar-Geschäft. Preacher Talbot wird der Superstar der Evangelisation. Er sieht nicht nur blendend aus, sondern ist auch der geborene Führer und verfügt über eine ungeheure Ausstrahlung, die gegenüber seinen Mitmenschen - und speziell bei Frauen -ihre Wirkung nicht verfehlt. Gleichgültig, ob Preacher sich auf den gewinnträchtigen Drogenhandel einläßt, um dadurch den Lebensunterhalt seiner ersten Gemeinde, die er um sich versammelt hat, zu sichern, oder ob er den sexuellen Wünschen der Schar seiner Anbeterinnen seinen Tribut zollt oder ob es um die Auseinandersetzung mit radikalen und vor nichts zurückschrek-kenden Sekten geht - er bleibt sich selbst und seiner selbstgewählten Aufgabe treu.
Daran ändert sich auch nichts, als sich der stockkonservative texanische Millionär Jake Randle seiner annimmt, um mit Andrew Talbots Hilfe eine neue religiöse und politische Rückbesinnungswelle in Amerika einzuleiten.
Doch da passiert dem neuen Star am Predigerhimmel ein Mißgeschick. Er schläft mit der schönen Jane, ohne zu ahnen, daß sie Jake Randies Tochter ist. Um seine Pläne nicht zu gefährden, bleibt Talbot nichts anderes übrig, als sie zu heiraten. Die Arbeit für seine Kirche läßt ihm allerdings kaum Zeit für seine Frau, und Jane trägt sich mit dem Gedanken an Scheidung, zumal Talbot von seinen ewigen Seitensprüngen nicht lassen kann. Doch der hat ganz andere Sorgen. Sein rassistisch eingestellter Schwiegervater macht ihm nämlich die Hölle heiß, weil er in einer seiner Fernsehsendungen einen farbigen Prediger hat auftreten lassen. Jake Randle zettelt eine Kampagne gegen ihn an, die nur ein Ziel hat: Andrew Talbot zu vernichten.
Der Autor
Der Amerikaner Harold Robbins, 1916 in New York geboren, hat sich als Filmproduzent und Schriftsteller Mitte der fünfziger Jahre einen Namen gemacht. Seit 1959 arbeitet er ausschließlich als freier Autor. Robbins erwies sich als realistischer, zeitnaher und häufig schockierender Erzähler.
Jesus ist Liebe
Erstes Kapitel
»He, Preacher!« Es sollte ein Schrei werden, aber in der schwülen Dschungelluft blieb nur ein heiseres Flüstern.
Im Unterholz war ein Rascheln zu hören, ein Vogel flüchtete
kreischend in die Baumkronen, dann wieder Schweigen. Preachers Stimme war gelassen und ruhig. »Wo bist du?«
»Hier drüben im Loch. Mensch, Preacher, beeil dich, es hat mich ganz böse erwischt!«
Preachers Kopf und Schultern wurden über dem Rand des Granattrichters sichtbar. Er sah auf den verwundeten schwarzen Soldaten hinunter und nickte ihm zu. Dann ließ er sich auf den Ellbogen in den Krater hinabgleiten, drehte sich ungeschickt um und setzte sich hin. Seine Uniform war so mit Schlamm verschmiert, daß sich die weiße Armbinde mit dem roten Kreuz kaum davon abhob. Er streifte den Tornister mit dem Verbandszeug vom Rücken und stellte ihn neben sich auf den Boden. »Wo hat’s dich erwischt, Washington?« fragte er, während er ohne aufzuschauen seinen Tornister aufschnürte.
Der schwarze Soldat packte ihn zitternd am Arm. »Ich muß sterben«, sagte er. »Nimmst du mir die Beichte ab, Preacher?«
»Bist du bekloppt, Joe? Du bist doch überhaupt nicht katholisch, und ich bin kein Priester.«
»Na und?« flüsterte Joe. »Die Leute nennen dich Preacher, also mußt du ein Geistlicher sein.«
»Nein, bin ich nicht«, sagte Preacher. »Ich bin noch nicht mal Vikar.«
»Wir wissen doch alle, daß du ständig eine Bibel mit dir herumträgst.«
»Das hat gar nichts zu sagen«, erwiderte Preacher.
»Aber du bist ein Verweigerer oder so was, nimmst kein Gewehr in die Hand und so weiter. Das würden die dir doch nie durchgehen lassen, wenn du kein Geistlicher wärst.«
»Ich lehne es ab zu töten, mehr nicht.« Preacher hatte das Verbandszeug griffbereit. »Jetzt zeig mir mal, wo du getroffen bist.«
»Hinten«, sagte Joe. »Erst hat es wahnsinnig wehgetan, jetzt spüre ich, daß alles ganz taub wird. Mein ganzer Körper wird taub, und wenn die Kälte beim Herzen ist, dann muß ich sterben. Es ist mir ganz
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