Der siebente Sohn
›herauspredigen‹ stieß er sie schon härter, und sie taumelte zurück. Wie er ›herauslieben‹ sagte, packte er sie an den Schultern und schüttelte sie so heftig, daß das Haar sich aus seinem Knoten löste und um ihren Kopf flatterte. Während er ›herausschreien‹ brüllte, stieß er sie so kräftig, daß sie zu Boden stürzte.
Als sie stürzte, durchflutete ihn eine solche Scham, noch schlimmer als vorhin, da ihr Vater ihn in den Schnee hinausgeworfen hatte. Ein kräftiger Mann erniedrigt mich, also gehe ich nach Hause und stoße meine Frau umher; was bin ich doch für ein großer Mann! Dabei bin ich ein Christ gewesen, der niemals einem Mann oder einer Frau weh getan hat, und jetzt schlage ich meine eigene Frau.
Er wollte sich schon auf die Knie werfen und heulen wie ein Kind und um Vergebung flehen, als sie seine Miene sah, völlig verzerrt von Scham und Zorn. Sie wußte nicht, daß er sie geschlagen hatte, und so tat sie, was für eine Frau wie sie nur natürlich erschien. Sie bewegte die Finger zu einem Abwehrzauber und flüsterte ein Wort, um ihn zurückzuhalten.
Er konnte vor ihr nicht auf die Knie gehen. Er konnte keinen Schritt auf sie zu tun. Er konnte nicht einmal daran denken, einen Schritt auf sie zu zu tun. Ihr Abwehrzauber war so stark, daß er zurücktaumelte, auf die Tür zu, sie öffnete und im Hemd hinauslief. Alles, wovor er sich jemals gefürchtet hatte, war heute wahr geworden. Er hatte wahrscheinlich seine politische Zukunft eingebüßt, doch schlimmer noch: Seine eigene Frau übte Hexerei in seinem eigenen Haus, und zwar gegen ihn, und er hatte keinen Schutz dagegen. Sie war eine Hexe, und sein Haus war unrein.
Es war kalt. Er hatte keinen Umhang, nicht einmal eine Weste. Ihn fror bis auf die Knochen. Er mußte in irgendeinem Haus einkehren, doch hätte er es nicht ertragen, an irgend jemandes Tür zu klopfen, also blieb nur ein Ort, wo er hin konnte: den Hügel hinauf in die Kirche. Thrower lagerte dort Feuerholz, so daß ihm warm sein würde. Und in der Kirche würde er beten können und versuchen zu verstehen, weshalb der Herr ihm nicht half. Habe ich dir denn nicht gedient, o Herr?
Reverend Thrower öffnete die Tür der Kirche und schritt langsam und voller Furcht hinein. Er konnte es nicht ertragen, dem Besucher von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, wissend, daß er versagt hatte. Satan hätte keine Gewalt über ihn haben dürfen, um ihn auf diese Weise aus dem Haus zu treiben. Ein geweihter Geistlicher, im Auftrage des Herrn, der die Anweisungen befolgte, die ein Engel ihm erteilt hatte – Satan hätte nicht dazu in der Lage sein dürfen, ihn auf diese Weise aus dem Haus zu verstoßen, noch bevor er überhaupt wußte, wie ihm geschah.
Er nahm seinen Umhang ab und auch seine Jacke. In der Kirche war es heiß. Das Feuer im Ofen mußte länger gebrannt haben, als er erwartet hatte. Oder vielleicht empfand er auch die Hitze der Scham.
Es konnte nicht daran liegen, daß Satan stärker war als der Herr. Die einzige mögliche Erklärung war, daß Thrower selbst zu schwach war. Sein eigener Glaube hatte versagt.
Thrower kniete vor dem Altar nieder und rief den Namen des Herrn. »Vergib mir meinen Unglauben!« rief er. »Ich hielt das Messer, doch Satan stand wider mich auf, und ich hatte keine Kraft!«
Er rezitierte eine Litanei der Selbstbeschuldigung, ging alle seine Vergehen dieses Tages durch, bis er schließlich erschöpft war.
Erst dann, da seine Augen vom Weinen gerötet waren, seine Stimme matt und heiser, erkannte er, in welchem Augenblick sein Glaube unterhöhlt worden war. Es war, als er in Alvins Raum gestanden hatte, den Jungen auffordernd, seinen Glauben zu bekennen, und als der Junge die Mysterien Gottes verhöhnt hatte. »Wie kann etwas so Großes in mein Herz passen?«
Und obwohl Thrower die Frage als ein Produkt der Unwissenheit und des Bösen abgetan hatte, hatte sie doch sein Herz durchbohrt und war bis zum Kern seines Glaubens vorgestoßen. Gewißheiten, die ihn fast sein ganzes Leben genährt hatten, waren plötzlich durch die Fragen eines unwissenden Jungen zerbrochen. »Er hat mir meinen Glauben gestohlen«, sagte Thrower. »Ich bin als Mann Gottes in sein Zimmer getreten und als Zweifler wieder herausgekommen.«
»In der Tat«, sagte eine Stimme hinter ihm. Eine Stimme, die er kannte und die er jetzt sowohl fürchtete als auch ersehnte. Ach, verzeih mir, tröste mich, mein Besucher, mein Freund! Doch versäume es auch nicht, mich mit dem
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