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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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einen Knochenkeil in der Hand. Er sah nicht anders aus als der restliche Knochen.
    »Bist du sicher, daß das die richtige Stelle war?« fragte er.
    Al nickte langsam.
    »Habe ich auch alles herausgeholt?« wollte Measure wissen. Al saß ein paar Augenblicke da, dann nickte er wieder.
    »Willst du, daß Ma das jetzt wieder vernäht?« fragte Measure.
    Al antwortete nicht.
    »Er ist ohnmächtig geworden«, sagte Pa.
    Das Blut begann wieder zu fließen, nur ein bißchen, sickerte in die Wunde. Ma hatte eine Nadel und Faden in dem Nadelkissen, das sie um den Hals trug. In kürzester Zeit hatte sie den Hautstreifen wieder zurückgelegt und vernähte ihn mit einer prächtigen, festen Naht.
    »Pfeif du nur immer weiter, Measure«, sagte sie.
    Also pfiff er immer weiter, während sie immer weiter nähte, bis sie die Wunde ganz verbunden hatten und Alvin sich schlafend zurücklegte wie ein Baby. Alle drei standen sie auf, um zu gehen. Pa legte dem Jungen eine Hand auf die Stirn, so sanft, wie es nur ging.
    »Ich glaube, sein Fieber ist verschwunden«, sagte er.
    Measures Pfeifen wurde richtig fröhlich, als sie durch die Tür schlüpften.
    14 Züchtigung
    Sobald Elly ihn erblickte, war sie so lieb zu ihm, wie sie es nur sein konnte, bürstete den Schnee von ihm ab, half ihm aus dem Umhang und stellte nicht die leiseste Frage, wie es geschehen war.
    Aber es machte keinen Unterschied, wie gütig sie auch sein mochte. Er schämte sich vor seiner eigenen Frau, denn früher oder später würde sie die Geschichte von einem dieser Kinder zu hören bekommen. Schon bald würde man sie sich den ganzen Wobbish hinauf und hinunter erzählen. Wie Brustwehr Gottes Weaver, Kaufmann des westlichen Landes, zukünftiger Gouverneur, von seinem alten Schwiegervater von der Veranda in den Schnee geworfen wurde. Man würde hinter vorgehaltenen Händen lachen, aber niemals offen, denn es gab kaum eine Menschenseele zwischen Lake Canada und dem Noisy River, die ihm kein Geld schuldete oder seiner Karten bedurfte, um ihre Landansprüche zu untermauern. Es würde eine Zeit kommen, da das Wobbish-Land zu einem Staat werden würde, und da würde man diese Geschichte an jeder Wahlurne erzählen. Sie mochten vielleicht einen Mann mögen, den sie auslachten, aber sie würden ihn nicht respektieren oder für ihn stimmen.
    Er stand vor dem Ende all seiner Pläne. Seine Frau ähnelte einfach zu sehr ihrer Familie. Für eine Pionierfrau war sie zwar recht hübsch, aber ihr Aussehen kümmerte ihn jetzt nicht mehr. Er scherte sich nicht mehr um süße Nächte und sanfte Morgen und darum, daß sie an seiner Seite im Laden arbeitete. Alles, was ihn jetzt noch erfüllte, waren Scham und Wut.
    »Tu das nicht.«
    »Du mußt das nasse Hemd ausziehen. Wie hast du denn Schnee ins Hemd bekommen?«
    »Ich habe gesagt, du sollst die Hände von mir nehmen!«
    Überrascht wich sie zurück. »Ich habe doch nur…«
    »Dein ›doch nur‹ kenne ich. Der arme kleine Brustwehr, tätschele ihn ganz einfach wie einen kleinen Jungen, dann fühlt er sich schon besser.«
    »Du könntest dir den Tod holen…«
    »Erzähl das mal deinem Vater! Wenn ich mir die Seele aus dem Leib huste, dann erzähl ihm, was es bedeutet, einen Mann in den Schnee hinauszuwerfen!«
    »O nein!« rief sie. »Ich kann nicht glauben, daß Papa so etwas…«
    »Siehst du? Du glaubst nicht mal deinem eigenen Mann!«
    »Ich glaube dir sehr wohl, es sieht Pa nur überhaupt nicht…«
    »Nein, meine Dame, es sieht eher aus wie der Teufel höchstpersönlich, so sieht es aus! Wenn man versucht, in diesem Haus das Wort Gottes auszusprechen, dann wird man in den Schnee hinausgeworfen!«
    »Was hattest du oben im Haus zu suchen?«
    »Ich habe versucht, das Leben deines Bruders zu retten. Zweifellos ist er jetzt tot.«
    »Wie hättest du ihn retten können?«
    Vielleicht wollte sie gar nicht so verächtlich klingen. Es spielte keine Rolle. Er wußte, was sie meinte. Da er keine verborgenen Kräfte besaß, konnte er nicht das geringste tun, um irgend jemandem zu helfen. Nach Jahren der Ehe glaubte sie noch immer an Hexerei, genau wie ihre Familie. Er hatte sie kein bißchen verändert. »Du bist immer noch dieselbe«, sagte er. »In dir steckt das Böse so tief, daß ich es nicht aus dir herausbeten kann, und ich kann es nicht aus dir herauspredigen, und ich kann es nicht aus dir herauslieben, und ich kann es nicht aus dir herausschreien! «
    Als er ›herausbeten‹ sagte, schubste er sie ein wenig. Bei

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