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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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war schon beängstigend mitanzusehen, wie der Vater sein eigenes Kind beinahe umgebracht hätte. Sicher, es wäre zwar nicht absichtlich gewesen, aber das hätte den Jungen nicht weniger tot gemacht oder den Vater weniger schuldlos.«
    »Ich kann mir vorstellen, daß der Vater so etwas nie verkraftet hätte.«
    »Natürlich nicht. Doch nicht lange danach sah ich ihn noch ein paarmal. Wie er Holz hackte und die Axt heftig schwang, und wenn der Junge nicht im selben Augenblick ausgerutscht und hingestürzt wäre, so hätte sich ihm die Axt in den Schädel gebohrt; ich habe noch nie jemanden gesehen, der so etwas überlebt hätte.«
    »Ich auch nicht.«
    »Und ich habe mir versucht vorzustellen, was da wohl geschah. Was der Vater wohl denken mußte. Also ging ich eines Tages zu ihm und sagte: ›Nels, Ihr solltet etwas vorsichtiger sein, wenn Euer Junge dabei ist. Sonst schlagt Ihr ihm eines Tages noch einmal den Kopf ab.‹
    Und Nels hat geantwortet: ›Mr. Miller, das war kein Unfall.‹ Na, in diesem Augenblick hättet Ihr mich mit einem Säuglingsrülpser umhauen können. Was meinte er damit, kein Unfall? Und er sagte zu mir: ›Ihr wißt überhaupt nicht, wie schlimm es ist. Ich denke manchmal, daß eine Hexe mich verflucht hat oder der Teufel mich packt, aber ich arbeite einfach so gut vor mich hin, denke daran, wie sehr ich den Jungen liebe, und plötzlich habe ich den Wunsch, ihn zu töten. Das erste Mal hat es mich überfallen, als er noch ein Säugling war, ich stand oben auf der Treppe, hielt ihn, und plötzlich war eine Stimme in meinem Kopf, die sagte: ›Wirf ihn runter‹, und ich wollte es tun, obwohl ich zugleich wußte, daß es die schrecklichste Tat auf der Welt gewesen wäre. Ich war versessen darauf, ihn hinunterzuwerfen, wie ein Junge, wenn er unbedingt einen Käfer mit einem Stein zerquetschen will.
    Nun, ich habe gegen dieses Gefühl angekämpft und habe den Jungen so fest an mich gedrückt, daß ich ihn beinahe erstickt hätte. Und als ich ihn schließlich wieder in seine Wiege zurücklegte, da wußte ich, daß ich ihn von nun an nie wieder diese Treppe hinauftragen würde.
    Aber ich konnte ihn doch nicht alleinlassen, nicht wahr? Es war mein Junge, und er wuchs auf und wurde so heiter und ausgelassen, daß ich ihn einfach lieben mußte. Blieb ich weg, so weinte er, weil sein Papa nicht mit ihm spielte. Blieb ich aber bei ihm, so kehrten diese Gefühle zu mir zurück, immer und immer wieder. Zwar nicht jeden Tag, aber an vielen Tagen, manchmal so schnell, daß ich es schon tat, bevor ich überhaupt wußte, was geschah. Wie an dem Tag, als ich ihn in den Fluß gestürzt habe, da bin ich falsch aufgetreten und gestolpert, aber noch während ich diesen Schritt tat, wußte ich, daß er falsch war und daß ich stolpern und gegen ihn stoßen würde, ich wußte es einfach, aber ich hatte keine Zeit mehr, um mich selbst daran zu hindern. Und ich weiß auch, daß ich mich eines Tages nicht mehr im Zaum halten kann, daß ich es gar nicht tun will, aber eines Tages, wenn ich diesen Jungen zwischen den Händen habe, werde ich ihn umbringen.‹«
    Geschichtentauscher sah, wie sich Millers Arm bewegte, als wollte er Tränen von seiner Wange fortwischen.
    »Ist das nicht seltsam?« fragte Miller. »Daß ein Mann solche Gefühle für seinen eigenen Sohn hegt?«
    »Hat dieser Bursche auch noch andere Söhne?«
    »Ein paar. Warum?«
    »Ich habe mich nur gerade gefragt, ob er auch jemals das Bedürfnis verspürt hatte, die anderen umzubringen.«
    »Ich habe ich ihn das auch gefragt, und er meinte, nicht im geringsten.«
    »Nun, Mr. Miller, was habt Ihr ihm geantwortet?«
    Miller atmete einige Male tief durch. »Ich wußte nicht, was ich ihm sagen sollte. Manche Dinge sind einfach zu groß, als daß ein Mann wie ich sie verstehen könnte. Ich meine, so wie dieses Wasser hinter meinem Jungen Alvin her ist, um ihn umzubringen. Und dann dieser Schwede mit seinem Sohn. Vielleicht gibt es auch Kinder, die gar nicht erwachsen werden sollen. Meint Ihr das auch, Geschichtentauscher?«
    »Ich glaube, es gibt Kinder, die sind so bedeutsam, daß irgend jemand – irgendeine Macht auf der Welt – sie tot wissen will. Aber es gibt immer auch andere Mächte, vielleicht auch stärkere Mächte, die wollen, daß sie überleben.«
    »Warum zeigen sich diese Mächte dann nicht, Geschichtentauscher? Warum kommt nicht irgendeine Macht vom Himmel herab, sucht diesen armen Schweden auf und sagt: ›Fürchte dich nicht länger, dein

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