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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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sagten Alvins Lippen.
    »Wenn du dem Entmacher also dabei hilfst, seinen gefährlichsten Gegner zu vernichten, bist du doch ein Feind der Menschheit, nicht wahr?«
    »Ihr verdreht die Sache«, sagte er keuchend.
    »Ich deute sie nur richtig«, erwiderte Geschichtentauscher. »Dein Eid lautete, daß du deine eigene Macht nie zu deinem eigenen Vorteil verwenden solltest. Aber wenn du stirbst, dann dient dies nur dem Entmacher, aber wenn du lebst, dann ist das zum Besten der ganzen Menschheit.«
    Alvin wimmerte, mehr wegen des Schmerzes in seinem Geiste als wegen des Schmerzes in seinem Körper.
    »Aber dein Eid war eindeutig, nicht wahr? Niemals zu deinem eigenen Vorteil. Warum aber ersetzt du nicht einen Eid durch einen anderen, Alvin? Leiste jetzt einen Schwur, daß du dein ganzes Leben dem Kampf gegen den Entmacher weihst. Wenn du diesen Eid einhältst, und das wirst du tun, Alvin, denn du bist ein Junge, der Wort hält – wenn du diesen Schwur hältst, dann wird die Rettung deines Lebens wahrhaftig zum Wohle anderer sein und überhaupt nicht zu deinem eigenen.«
    Geschichtentauscher wartete, bis Alvin schließlich matt nickte.
    »Schwörst du, Alvin Junior, daß du dein Leben leben wirst, um den Entmacher zu besiegen, um die Dinge wieder ganz richtig zu machen?«
    »Ja«, flüsterte der Junge.
    »Dann sage ich dir, daß du nach den Bedingungen deines eigenen Versprechens dich selbst heilen mußt.«
    Alvin packte Geschichtentauschers Arm. »Wie«, flüsterte er.
    »Das weiß ich nicht, Junge«, sagte Geschichtentauscher.
    »Wie du deine Macht benutzen mußt, das mußt du selbst herausfinden. Ich kann dir nur sagen, daß du es versuchen mußt, sonst bekommt der Feind seinen Sieg, und dann muß ich deine Geschichte damit beenden, wie dein Leichnam ins Grab herabgelassen wurde.«
    Zu Geschichtentauschers Überraschung lächelte Alvin. Dann begriff Geschichtentauscher den Witz. Seine Geschichte würde ohnehin mit dem Grab enden, gleichgültig, was er heute tat. »Also gut, Junge«, sagte Geschichtentauscher. »Aber lieber hätte ich noch ein paar weitere Seiten über dich, bevor ich unter das Buch Alvin das Finis setze.«
    »Ich werde es versuchen», flüsterte Alvin.
    Wenn er es versuchte, dann würde er mit Sicherheit auch Erfolg haben. Alvins Beschützer hatte ihn nicht soweit geführt, nur um ihn jetzt sterben zu lassen. Geschichtentauscher zweifelte nicht daran, daß Alvin die Macht besaß, sich selbst zu heilen, wenn er nur herausbekam, wie es geschehen mußte. Sein eigener Körper war sehr viel komplizierter als der Stein. Doch wenn er leben sollte, mußte er auch die Wege seines eigenen Fleisches kennenlernen.
    Man errichtete Geschichtentauscher draußen im großen Zimmer ein Bett. Er erbot sich, neben Alvins Bett auf dem Boden zu schlafen, doch Miller lehnte ab: »Das ist mein Platz.«
    Geschichtentauscher fiel es schwer, einzuschlafen. Mitten in der Nacht gab er es schließlich auf, zündete mit einem Holz aus dem Feuer eine Laterne an und ging hinaus.
    Der Wind war frisch. Ein Sturm braute sich zusammen, und vielleicht würde es sogar schneien. In der großen Scheune waren die Tiere unruhig. Geschichtentauscher kam der Gedanke, daß er heute abend möglicherweise nicht allein im Freien war. Vielleicht lauerten Rote in den Schatten, oder vielleicht wanderten sie sogar zwischen den Gebäuden der Farm umher und beobachteten ihn. Er erschauerte einmal, dann schüttelte er die Furcht ab. Die Nacht war zu kalt. Selbst die blutrünstigsten Choc-Taws und Cree-Eks, die vom Süden zum Spionieren herbeigekommen wären, müßten zu klug sein, um sich bei einem solchen drohenden Sturm noch draußen aufzuhalten.
    Schon bald würde Schnee fallen. Hätte Alvin sie mit dem Mühlstein nicht an einem Tag zurückeilen lassen, sie hätten wahrscheinlich versuchen müssen, mitten im Schneefall den Stein mit dem Schlitten nach Hause zu bringen.
    Geschichtentauscher fand sich in der Mühle wieder, den Stein betrachtend. Er sah so fest aus, daß es schwerfiel sich vorzustellen, wie irgend jemand ihn jemals bewegen sollte. Wieder berührte er seine Oberfläche, wobei er vorsichtig genug war, um sich nicht daran zu schneiden. Seine Finger fuhren über die flachen Furchen, wo das Mehl sich sammeln würde, wenn das große Wasserrad den Mittelpfahl drehte und den oberen Mühlstein auf dem unteren herum und herum bewegte, so stetig, wie die Erde sich um die Sonne bewegte, Jahr um Jahr, die Zeit in Staub verwandelnd, so sicher, wie die

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