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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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»Melenkurion« , rief sie schließlich. »Du weißt, daß ich dieser Kenntnis ermangle.«
    Das rührte Amok nicht. »So ist's womöglich nur gut, daß die Ranyhyn noch nicht fort sind. Sie mögen euch zurück nach Schwelgenstein tragen, wohin ihr zurückkehren solltet, falls sich dort neues Wissen erlangen läßt. Du wirst mich hier wiederfinden.« Mit einer Verneigung, die von ärgerlicher Unbekümmertheit zeugte, schwang er seine Arme und verschwand.
    Elena starrte die Stelle an, wo er gestanden hatte, und packte ihren Stab fester, als wolle sie damit in die leere Luft dreschen. Ihr Rücken war Covenant zugekehrt; er konnte nicht sehen, was sich in ihrem Gesicht abspielte, aber die Verkrampfung ihrer Schultern gab ihm die Befürchtung ein, daß ihre Augen auf einen gemeinsamen Brennpunkt einschwenkten. Bei diesem Gedanken pochte ihm das Blut in den Schläfen. Er hob eine Hand und versuchte, sie aufzuschrecken oder abzulenken. Auf seine Berührung hin drehte sie sich ruckartig nach ihm um. Ihr Gesicht wirkte ausgelaugt – das Fleisch über der fahlen Härte ihres Schädels sah wie geschrumpft aus –, und sie machte einen verblüfften Eindruck, als habe sie soeben entdeckt, daß sie fähig war zur Panik. Doch sie flüchtete sich nicht in seine Arme. Sie stand still da und schloß gedankenschwer die Augen. Die Knochen ihrer Kiefer, ihrer Wangen und der Stirn konzentrierten sich auf Covenant. Er spürte, wie sich in seinem Bewußtsein ein Abgrund auftat. Er begriff diese Wahrnehmung einer schwarzen, unendlichen Kluft nicht. Elena stand im Schatten des Melenkurion Himmelswehr vor ihm wie eine in Blau gehüllte Heiligenfigur aus weißglänzendem Bein; aber hinter ihr, hinterm soliden Gestein des Spaltfelsens, schien sich Finsternis auszuweiten wie ein Riß in der Zisterne seiner Gedanken. Das Phänomen zog ihn an; er schwebte in der Gefahr, sich darin zu verlieren. Die Wahrnehmung ging von Elena aus. Plötzlich verstand er, was geschah. Sie versuchte, auf geistiger Ebene mit ihm Kontakt aufzunehmen.
    Ein Aufblitzen von Furcht durchschoß das schwarze Schwindelgefühl, das ihn heimsuchte. Es erhellte den Umfang der Bedrohung; wenn er in der geistigen Verschmelzung aufging, würde sie die Wahrheit über ihn erkennen. Einen solchen Schritt durfte er sich nicht erlauben, hatte er sich nie leisten können. Während sein Bewußtsein Nein! heulte, zuckte er zurück, taumelte sein Inneres vor ihrem Drängen rückwärts. Der Druck ließ nach. Er bemerkte, daß er auch körperlich zurückgeprallt war; mühevoll zwang er sich zum Stehenbleiben, hob den Kopf. Elenas Augen waren vor Enttäuschung und Bedauern geweitet, und sie lehnte sich kummervoll auf den Stab. »Verzeih mir, Geliebter«, sagte sie gedämpft. »Ich habe mehr von dir verlangt, als du zu geben bereit bist.« Sie schwieg einen Augenblick lang, um ihm eine Antwort zu ermöglichen. »Ich muß nachdenken«, stöhnte sie dann auf und wandte sich ab. Auf den Stab gestützt, wanderte sie langsam am Felsspalt entlang zur Außenkante des Plateaus.
    Covenant setzte sich, stark erschüttert, auf den Felsboden; er nahm den Kopf zwischen seine Hände. Widerstreitende Gefühle rangen in ihm miteinander. Es schockierte ihn, wie haarscharf es ihm erspart geblieben war, ertappt zu werden, und er ärgerte sich über seine Schwäche. Um sich zu retten, hatte er Elena wiederum Schmerz verursachen müssen. Er dachte daran, ihr zu folgen, aber irgend etwas in der konzentrierten Haltung ihrer Gestalt warnte ihn davor, sie zu stören. Eine Zeitlang spähte er zu ihr hinüber, Pein im Herzen. Schließlich raffte er sich auf. »Er hätte ja wirklich soviel Anstand besitzen können«, murmelte er in die gleichgültige Luft ringsum, »ihr's früher zu sagen ... wenigstens, bevor ihr Ranyhyn krepieren mußte.«
    Zu seiner Überraschung erhielt er von Blutmark Morin eine Antwort. »Amok verhält sich gemäß den Regeln seiner Erschaffung. Er kann sie nicht umgehen, bloß um die Zufügung von Weh zu vermeiden.«
    Angeödet warf Covenant die Hände in die Höhe. Während er innerlich vor sinnloser Wut schäumte, stapfte er übers Plateau davon. Er verbrachte den Rest des Nachmittags damit zu, ruhelos rund um den Spaltfelsen von einem zum anderen Fleck zu streifen und nach irgendeiner Spur zu suchen, die anzeigen mochte, wo Amoks Weg sich fortsetzte. Nach einer Weile beruhigte er sich so weit, daß er Morins Kommentar zu Amoks Benehmen nachträglich verstand. Morin und Bannor waren Gefangene

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