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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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drehte, beunruhigt neben den Duellanten hin und her stapfte oder gelegentlich, um sich etwas vom Streß zu entlasten, unter dumpfem Gemurmel davonspazierte, versuchte sich Elena mit jeder Frage an Amok, die sie ersinnen konnte. Manchmal ging sie systematisch vor; zeitweilig verließ sie sich völlig auf ihre Intuition. Sie entwickelte diese und jene Gedanken, um sie von ihm bestätigen oder verwerfen zu lassen. Sie zwang ihn zu immer längeren und ausführlicheren Antworten. Sie nötigte ihn zu peinlich genauem Durchgehen bekannter Dinge und lenkte ihn dabei mit äußerster Zielsicherheit zum Unbekannten. Sie stellte ihm logische Fallen, suchte ihn in Widersprüche zu verwickeln. Sie versuchte sogar, ihr Bewußtsein mit seinem Geist zu verschmelzen.
    Die Auseinandersetzung glich einem Zweikampf mit einem Tümpel. Jeder Hieb und Stoß ihrer Befragung wirkte auf ihn nicht anders, als habe sie eine Klinge mit der flachen Seite auf einen Wasserspiegel geschlagen. Seine Antworten auf ihre Fragen ähnelten einem Klatschen. Aber sobald sie ihn ernsthaft aufspießen wollte, stieß sie ergebnislos ins Leere. Bisweilen gestattete er sich mit Gelächter einen Gegenstoß, aber hauptsächlich parierte er ihre Nachforschungen mit seiner üblichen heiteren Art des Ausweichens. Ihre Anstrengungen blieben fruchtlos. Wenn die Sonne sank, bebte Elena jedesmal aus Enttäuschung, unterdrücktem Groll und seelischer Verödung am ganzen Leibe. Die bloße Solidität des Spaltfelsens schien sie zu verhöhnen.
    An den Abenden bemühte sich Covenant, angetrieben durch seine insgeheime Abmachung, sie zu trösten. Er schwieg über seine eigenen Befürchtungen und Zweifel, seine Hilflosigkeit, seine immer stärkere Überzeugung, daß sie den Fall Amok nicht lösen konnten; er redete überhaupt nicht von sich. Statt dessen widmete er seine ungeteilte Aufmerksamkeit ihr, widmete sich ihr mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen. Doch all seine Bemühungen konnten den Kern ihres Kummers nicht erreichen. Sie mußte erkennen, daß sie außerstande dazu war, in dieser Notlage des Landes das Ihre zu tun, und das bereitete ihr eine Trauer, für die es keinen Trost gab. Spät des Nachts entrang sich ihr dumpfes Knirschen, als mahle sie mit den Zähnen, um Tränen zurückzuhalten. Und am Morgen des dritten Tages – dem zweiunddreißigsten Tag, seit sie von Schwelgenstein aufgebrochen war – gelangte sie an die Grenze ihrer Durchhaltekraft. Ihr Blick war ausgehungert und hohl, und eine Andeutung von Abschiednahme sprach daraus. Umständlich erkundigte sich Covenant, was sie zu tun gedenke. »Ich werde bitten.« Ihre Stimme klang wund, gequält. Sie sah so knochig aus wie ein Skelett – wie nichts als zwar wackere, aber zerbrechliche Knochen im Pfad jemandes, der bei aller jugendlichen Lustigkeit sowenig zu handhaben war wie eine Lawine. Eine Ahnung, die sich in Covenants Kopf wie ein Alarm bemerkbar machte, sagte ihm, daß Elena vor ihrer Krise stand. Wenn Amok sich von ihren Bitten nicht erweichen ließ, konnte es sein, daß sie zu ihrem letzten Hilfsmittel griff, ihrer seltsamen inneren Gewalt.
    Das Fürchterliche dieser Möglichkeit erschreckte ihn; er konnte sich gerade noch daran hindern, ihr nahezulegen, das zu unterlassen, den Versuch nicht zu unternehmen. Doch da besann er sich auf seinen Handel; er strengte sein Hirn an, suchte Alternativen. Er hielt ihr Argument für glaubhaft, daß die Erfüllung von Amoks Bedingung möglich sein müsse. Aber er bezweifelte, daß sie die Antwort fand; sie ging das Problem von der falschen Seite her an. Dennoch schien ihr Vorgehen das einzig richtige zu sein. Er kämpfte sich durch den Unrat von Argumenten, der seinen Verstand lahmlegte, bemühte sich, auf andere Möglichkeiten des Vorgehens zu stoßen. Während er fieberhaft nach irgendeinem rettenden Einfall kramte, stellte sich Hoch-Lord Elena wieder bereit und rief Amok. Der Junge zeigte sich sofort. Er begrüßte Elena mit einer schwungvollen Verbeugung.
    »Was darf's heute sein, Hoch-Lord?« wollte er wissen. »Sollen wir heute von Wortgefechten Abstand nehmen und statt dessen gemeinsam frohe Liedlein singen?«
    »Amok, vernimm meine Worte.« Ihre Stimme kratzte. Covenant hörte Abgründe von Selbstgeißelung heraus. »Ich mag keine weiteren Spielchen um Frage und Antwort mit dir spielen.« Ihr Ton drückte sowohl Würde wie auch Verzweiflung aus. »Der Notstand des Landes gestattet keine weiteren Verzögerungen. Fern von hier tobt bereits der

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