Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze
teilweise benebelt gewesen. Wenn man sie nicht gerettet hätte, wären sie dort unten wahrscheinlich gestorben. Er hatte keine Zeit gehabt, über die Leute nachzudenken, die sie hinausgetragen hatten. Doch jetzt fiel ihm alles wieder ein.
„Ja“, sagte Milla. „Wir sollten lieber vorsichtig sein. Die meisten von ihnen wollten uns umbringen. Und sie hassen die Erwählten.“
„Was?“, fragte Tal. „Es sind Untervölkler! Sie können die Erwählten nicht hassen! Das… das ist nicht erlaubt!“
„Wie ich schon sagte, sind das keine normalen Untervölkler. Es sind Abtrünnige.“
Tal starrte die Untervölkler an. Sie trugen tatsächlich sehr alte Kleider. Außerdem hatte kein Untervölkler etwas in den Heizungstunnels zu suchen, wo sie Tal und Milla gerettet hatten. Er hatte einmal etwas über Untervölkler gehört, die gegen die Erwählten rebellierten und unterhalb der normalen Ebenen lebten. Geglaubt hatte er die Geschichten noch nie.
„Sie sind nur zu fünft“, sagte er schließlich. „Wir beide haben Sonnensteine und Adras und Odris.“
„Aber wir sind schwach“, sagte Odris, nurmehr eine jammernde Stimme in der Dunkelheit. „So wie ich mich gerade fühle, könnte ich nicht einmal eine Höhlenschabe zerquetschen.“
„Ich schon“, sagte Adras. „Ich könnt mit Leichtigkeit so etwas wie eine Höhlenschabe zerquetschen. Oder etwas von der Größe eines Dattu oder vielleicht eines Lowock…“
„Ich habe übertrieben“, unterbrach Odris die Aufzählung. „Natürlich könnte ich eine Höhlenschabe zerquetschen. Aber in einem richtigen Kampf wäre ich kaum eine große Hilfe…“
„Ich schon“, sagte Adras stolz. „Aber wenn wir mehr Licht hätten…“
„Still!“, befahl Milla. „Alle beide!“
„Wir müssen um sie herum gehen“, sagte Tal. „Es gibt keinen anderen Weg aus diesem See. Und die Wachen werden vielleicht bald die Falltür finden.“
„Wir verdanken ihnen unser Leben“, sagte Milla. Die Worte kamen langsam, so als würde sie laut denken. „Das bedeutet, dass wir erst mit ihnen reden müssen. Sie wissen vielleicht, wo wir deinen größten Onkel Ebbitt finden.“
„Großonkel, nicht größter Onkel“, korrigierte Tal sie. „Wie auch immer, ich bezweifle es. Untervölkler wissen normalerweise nicht viel mehr als etwas über ihre Arbeit.
Ich frage mich, was sie wohl mit dem ganzen Seetang vorhaben?“
„Adras, Odris, haltet euch bereit, uns zu verteidigen, falls sie angreifen“, sagte Milla. „Wir werden euch dann mehr Licht geben. Los jetzt.“
KAPITEL VIER
Sie waren ein Dutzend Spannen vom Steg entfernt, als die Untervölkler sie bemerkten. Es war Crow, der über das Wasser sah, durch ein Plätschern aufmerksam geworden. Ein Ausdruck der Erschreckens huschte über sein Gesicht, doch einen Sekundenbruchteil später hatte er seinen Speer gezogen und schrie: „Aufpassen! Da im Wasser!“
Die anderen beiden Untervölkler am Steg griffen ebenfalls nach ihren Speeren, während die beiden im Wasser hektisch zu der Leiter wateten. Seetang flog nach allen Seiten davon, als die Untervölkler nach ihren Waffen griffen oder versuchten, aus dem Wasser zu kommen. „Frieden!“, rief Milla. „Waffenstillstand!“
„Reden!“, rief Tal. „Wir wollen nur reden!“ Unglücklicherweise beschloss Adras im selbem Moment, ihnen mit einem Donnerbrüllen zur Hilfe zu kommen. Der Schrei rollte mit der vollen Wucht eines echten Donnerschlags über das Wasser, übertönte jedes Wort der anderen und ließ die Untervölkler einen Moment lang wie gelähmt stehen bleiben.
Als der Donner über den See hinweggehallt war, warf Crow seinen Speer gegen Tal. Milla sprang nach vorn und fing den Speer in der Luft ab.
Tal fiel bis zum Hals ins Wasser. Doch den Ring mit dem Sonnenstein hielt er über der Oberfläche. Er war plötzlich sehr wütend und konzentrierte alle seine Gedanken darauf, einen Strahl blendender Brillanz loszuschleudern.
Licht brach aus dem Stein hervor und verscheuchte die Dunkelheit. Adras und Odris brüllten erfreut auf; sie waren plötzlich als klar umrissene Schatten sichtbar, menschliche Gestalten aus wulstigen Wolken. Sie schossen auf die anderen Untervölkler zu, die ihre Speere gegen sie warfen, was allerdings keine Wirkung hatte.
Es sah schon so aus, als würde sich aus dem Zusammenstoß ein richtiger Kampf entwickeln, als Milla ihre Stimme erhob. Die Stimme, mit der sie auf dem Eisschiff gegen den Sturm anschrie.
„Aufhören! Alle
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