Der Sieger bleibt allein (German Edition)
und am Ende an mehreren Dingen gleichzeitig arbeiteten, ohne dass auch nur eines erfolgreich war, hatte sich Maureen mit Leib und Seele dem Film Die Geheimnisse des Kellers gewidmet, der Geschichte von fünf Nonnen, die Besuch von einem Sexbesessenen erhalten. Ihnen wird klar, dass sie ihn nicht zum christlichen Weg der Erlösung bekehren können und ihre einzige Möglichkeit, mit ihm zu kommunizieren, darin besteht, sich in seine Welt voller Abartigkeiten zu begeben, ihm ihren Körper hinzugeben, damit er die Herrlichkeit Gottes durch die Liebe erfährt.
Ihr Plan war einfach: Schauspielerinnen, mögen sie noch so berühmt sein, verschwinden, wenn sie 35 Jahre alt werden, normalerweise aus den Listen der Darsteller. Man sieht sie noch eine Weile in den Society-Magazinen, auf Wohltätigkeitsveranstaltungen, großen Partys, sie machen bei Aktionen für die Menschheit mit. Und wenn ihnen schwant, dass sie kurz davorstehen, ganz und gar aus dem Scheinwerferlicht zu verschwinden, heiraten sie oder lassen sich scheiden. Sie inszenieren Skandale – all das für ein paar ruhmreiche Monate, Wochen, vielleicht auch nur Tage. In dieser Zeit des Übergangs von der Arbeitslosigkeit in die vollkommene Vergessenheit ist Geld schon nicht mehr wichtig: Sie würden jede Rolle annehmen, nur um noch einmal auf der Leinwand zu erscheinen.
Maureen hat sich deshalb an Schauspielerinnen gewandt, die vor mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze der Filmwelt gestanden hatten und jetzt spürten, dass ihnen der Boden unter den Füßen wegrutschte, und die verzweifelt wieder in ihre alte Welt zurückwollten. Das Drehbuch war gut. Maureen schickte es zunächst an deren Agenten, die ein unverhältnismäßig hohes Honorar forderten und ein einfaches »Nein« zu hören bekamen. Ihr nächster Schritt war, bei jeder einzelnen Schauspielerin direkt anzuklopfen. Sie erzählte ihnen, sie habe bereits das Geld für das Projekt und alle akzeptierten am Ende – und baten immer, die Tatsache geheim zu halten, dass sie fast gratis arbeiteten.
Wenn man in der Filmindustrie seine ersten Schritte machte, durfte man nicht bescheiden sein. In Maureens Träumen erschien ihr hin und wieder der Geist von Orson Welles: ›Versuche das Unmögliche. Fange nicht unten an, denn unten bist du bereits. Steige schnell auf, bevor sie dir die Leiter wegnehmen. Wenn du Angst hast, bete, aber gehe weiter.‹ Sie hatte eine ausgezeichnete Geschichte, erstklassige Darstellerinnen, und sie musste jetzt etwas produzieren, was von den Verleihern akzeptiert wurde, ohne dabei die Qualität außer Acht zu lassen.
Kunst und Kommerz konnten, mussten zusammengehen, und genau das wollte Maureen erreichen.
Der Rest war eben der Rest: selbstverliebte Kritiker, die ausschließlich Filme mochten, die niemand verstand; kleine alternative Zirkel von Cineasten, die sich nach der Filmvorstellung die Nacht bis zum frühen Morgen in Bars um die Ohren schlugen, rauchten und über einzelne Szenen redeten (die möglicherweise etwas ganz anderes bedeuteten als das, was sie hineininterpretierten); Regisseure, die Vorträge hielten, um weitschweifig zu erklären, was für die Zuschauer offensichtlich war; Treffen der Gewerkschaften, die sich darüber beschwerten, dass der Staat den einheimischen Film nicht unterstützte; Manifeste in intellektuellen Zeitschriften, Früchte endloser Sitzungen, in denen die ewig gleichen Klagen über das Desinteresse der Regierung an der Kunstförderung vorgebracht wurden; kleine Pressenotizen, die gemeinhin nur von den darin Erwähnten und deren Angehörigen gelesen wurden.
Wer verändert die Welt? Die Angehörigen der Superklasse. Die Macher. Diejenigen, die auf das Verhalten, auf die Herzen und Gedanken möglichst vieler Menschen Einfluss nehmen wollen.
Deshalb wollte sie Javits. Sie wollte einen Oscar. Sie wollte Cannes.
Und da dies auf demokratischem Weg, durch gemeinsame Entscheidung aller am Projekt Beteiligten, nicht zu erreichen war – die anderen gaben immer nur ihre Meinung zum Besten, wollten aber keine Verantwortung übernehmen –, hatte sie sich um alles selbst gekümmert und alles allein entschieden. Sie hatte monatelang am Drehbuch geschrieben, dann einen gerade zur Verfügung stehenden Produktionsstab engagiert, großartige (und unbekannte) Artdirektoren, Kostümbildner, sowie Nebendarsteller überzeugt mitzumachen, wobei sie allen wenig Geld, aber viel Medienpräsenz in der Zukunft versprach. Alle waren beeindruckt von den fünf
Weitere Kostenlose Bücher