Der silberne Buddha
seiner Stimme klang Müdigkeit.
„Wovon und wie ich lebe?“ wiederholte er Drakes Frage. „Ich lebe bescheiden von einem Tag zum anderen. Und ich bin glücklich, wenn ich unser aller Futter“, er machte eine weitausholende Armbewegung, „zusammenbringe. Das ist eine Aufgabe, Gordon, die mich sogar ehrliche Arbeit tun läßt. Zweimal in der Woche bin ich Parkwächter am Friedhof an der Bedford Road.“
„Und wieviel verdienst du da?“
„Zehn Pfund pro Schicht.“
„Zwanzig in der Woche also!“
„Zwanzig in der Woche. Manchmal kommt es vor, daß Bill Vesby keine Lust hat, dann übernehme ich auch den Sonntag. Der bringt dann das Doppelte, also zwanzig für den Tag. Und am Freitag helfe ich unten in der Wäscherei beim Wäschezustellen.“
„Mühsam, mühsam, was, Penny? Wenn man bedenkt, daß unsere letzte Zusammenarbeit auf einen Schlag fünfhundert Pfund für dich brachte.“
„Du hast recht, nur... Weder als Parkwächter noch als Wäschezusteller muß ich den Kopf einziehen, muß flüstern und aufpassen, daß mir kein Polizist über den Weg läuft. Verdammt, Gordon, die Ehrlichkeit hat was für sich.“
„Bedeutet das, daß du grundsätzlich an keinem guten Geschäft mehr interessiert bist?“ Gordon Drake versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Und er atmete auf, als Penny Nichols zurückgab: „Nicht gerade das. Nur muß es dann ein Geschäft mit möglichst geringem Unsicherheitsfaktor sein. Hast du so was zu bieten?“
Er sah Drake gespannt und neugierig an. Der zog sich bedächtig die Bügelfalten zurecht, bevor er erwiderte: „Möglich wär’s, Penny. Ich prüfe zur Zeit noch gewisse Dinge. Wenn ich jedoch ja sage, gibt’s einiges zu verdienen. Wie steht’s mit deinen Fingern?“
Penny Nichols streckte Drake seine Hände entgegen, spreizte die Finger und bewegte einen nach dem anderen. „Geschmeidig, beweglich und einsatzfähig wie immer. Wie viele Schlösser wären es denn, Gordon?“
Drake zuckte mit den Schultern.
„Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“
„Wären wir zu zweit?“
„Wir wären zu dritt!“
„Mac?“ Penny Nichols stieß den Namen in freudiger Erwartung hervor.
„Ja! Mac wäre der dritte.“
Penny klatschte in die Hände. Aus seinen Augen strahlte plötzlich Zuversicht.
„Mit uns drei hat es bisher eigentlich immer geklappt. Hast du schon mit Mac gesprochen?“
„Nein!“ Gordon Drake sah auf seine Uhr. Es war fünf nach zehn. „Aber wenn alles nach Plan gegangen ist, müßte Mac in diesem Augenblick ebenfalls Bescheid wissen. Ich habe ihm einen Boten geschickt.“
„Einen Boten?“ wunderte sich Penny.
„Du weißt doch, wie seine Tante reagiert, wenn sie einen von uns nur von weitem sieht. Und telefonieren kann man mit ihm auch nicht. Ich habe ihm ausrichten lassen, daß er am Sonnabend um acht zum Treffpunkt kommen soll.“
Penny Nichols runzelte die Stirn. Zweifelnd fragte er: „Du glaubst, daß er kommt?“
Drake lächelte wissend, als er sagte: „Erinnerst du dich, was er bei unserem letzten Coup gesagt hat?“
„Was Bestimmtes?“
„Er sagte: ,Meiner Tante zuliebe — bei tausend Schafen ist Schluß.’ Hat er schon tausend, wird er uns wahrscheinlich einen Korb geben.“
Der alte Nichols schüttelte den Kopf.
„Ich weiß, wie viele Schafe er hat: achthundert!“
„Na also, dann laß uns hoffen, Penny!“
Gordon Drake erhob sich. Dabei zauberte er aus der Tasche eine 50-Pfund-Note und legte sie auf den Tisch. „Für deine Vögel, Penny!“
„Ein Vorschuß?“
Drake schüttelte den Kopf. „Betrachte es als freundschaftliche Beteiligung an meinem Spielglück. Ich hatte letzte Nacht eine gute Serie.“
Er hielt Penny die Hand hin. „Also, Alterchen, vergiß nicht: Sonnabend, zwanzig Uhr im Black Horse .“
Nichols schüttelte die dargebotene Hand kräftig und versicherte: „Ich werde pünktlich sein. Und vielen Dank für die Beteiligung, Gordon. Vielleicht wird aus dir eines Tages doch noch ein ehrlicher Mensch.“
„Wir wollen nichts übereilen, Penny. Es braucht alles seine Zeit!“
Penny Nichols sah seinem Freund vom Fenster aus lange nach. Und er wunderte sich... Wunderte sich und war beunruhigt...
Gesucht werden...
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