Der silberne Buddha
es wohl auch noch ein wenig zu früh. Es roch nach Seife — oder?
Penny Nichols sah zurück. Auf die Tür der Lindseys. Vielleicht probierte Sally Lindsey wieder mal ein neues Waschpulver aus.
Kopfschüttelnd und besorgt legte Penny die letzten Stufen zurück, setzte die Tüten ab und fingerte nach seinem Schlüssel.
He? Hatte er vorhin vergessen abzuschließen?
Warum lärmten seine Vögel noch immer nicht?
Er packte die Tüten und trat ein. Mit dem Fuß schob er die Tür hinter sich ins Schloß. Fast gleichzeitig sah er den Mann auf dem Stuhl neben dem Radio.
„Hallo, Penny! Wie geht’s dir, alter Vogelnarr?“
„Gordon Drake!“ schnaufte Penny überrascht. Aufrichtige Freude malte sich auf seinem zerknitterten Gesicht. Er setzte die Tüten ab und begann Drake die Hand zu schütteln.
„Ich freue mich, dich zu sehen. Teufel noch mal, wo hast du gesteckt, Gordon?“
„Mal hier, mal dort.“ Drake lächelte. „Die meiste Zeit jedoch in London. Ich hab mir zur Abwechslung sogar einen anderen Namen zugelegt.“
„Und wie heißt du jetzt?“
Das Lächeln blieb, als Drake antwortete: „Was man nicht weiß, kann man auch nicht weitersagen, Penny.“
Penny Nichols nickte.
„Hast recht. Wozu auch. Ich freu’ mich über deinen Besuch, ob du nun Drake oder Smith heißt.“ Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter. „Wie bist du hereingekommen?“
„Du hattest vergessen abzuschließen. Nach dem vierten Klingeln probierte ich die Klinke, und siehe da — die Tür war unverschlossen!“
„Und ich hatte mich schon gewundert, warum es so still war. Daß ein Fremder in der Wohnung sein könnte, daran habe ich nicht eine Sekunde lang gedacht. Ja, ja, ich werde alt und vergeßlich!’ seufzte Penny. „Möchtest du was trinken?“
„Danke, nein. Du warst einkaufen, was?“
„Ja, Vogelfutter. Wird auch immer teurer.“
„Was hast du denn an neuen Piepmätzen seit meinem letzten Besuch?“
Penny kratzte sich am Kopf. „Das ist ein halbes Jahr her, stimmt’s?“ Er überlegte kurz und ging dann auf einen der größeren Käfige mit viel Grün zu, in dem nebeneinander zwei bunte Vögel saßen.
„Hier. Die kennst du sicher noch nicht. Ich hab’ sie erst seit vier Monaten.“
„Und was sind das für welche?“
„Das sind Purpurweber. Sie kommen aus Westafrika.“ Und stolz fügte er hinzu: „In ganz London gibt es nur fünf Pärchen davon. Es war Zufall, daß ich sie bekam. Taggerty hatte sie für einen Ornithologen * bestellt, einen gewissen Professor Baslight. Hast du den Namen schon mal gehört?“
Gordon Drake schüttelte den Kopf.
„Jedenfalls lag der Professor im Krankenhaus und konnte die Vögel nicht mehr versorgen. Nun habe ich sie.“
„Sie waren sicher sehr teuer?“
Penny Nichols nickte, und ein verschmitztes Grinsen überzog seine Miene, nistete sich in Dutzenden von Fältchen um seine Mundwinkel ein. „Für mich zu teuer, deshalb habe ich sie auch von dem Professor bezahlen lassen.“
Drake blinzelte Penny zu. „Ein neuer oder ein alter Trick?“
„Das war so“, begann Nichols, und die Erinnerung an die Gaunerei stimmte ihn heiter. „Wie ich schon sagte, war Komplice Zufall mit im Spiel. Ich stand also bei Taggerty und überlegte gerade, ob ich fünf oder zehn Pfund Hanfsamen nehmen sollte, als ich hörte, wie Bell, das ist eine von den Verkäuferinnen, nach Mister Taggerty rief und ihm sagte, daß die Frau von Professor Baslight am Telefon sei. Und dann sagte Taggerty zu der Lady: ,Es tut mir leid, daß Ihr Mann krank ist, Mylady. Selbstverständlich nehmen wir die Purpurweber in Pflege, bis der Professor wieder wohlauf ist. Ich schicke heute nachmittag jemanden vorbei, der die Vögel abholt! ‘„
Gordon Drake hatte bereits kapiert. Er lachte. „Der Bote kam natürlich zu spät.“
Penny Nichols nickte. „Wie mir Taggerty später voller Entrüstung erzählte, handelte es sich um ganze zehn Minuten.“
„Und die Polizei?“
„Missis Baslight beschrieb den Dieb als untersetzten Mann, der lispelte und einen roten Vollbart trug.“
Penny schlug sich mit der flachen Hand gegen das Kinn. „Für die Maske habe ich eine gute halbe Stunde gebraucht.“ Und zu dem Vogelpärchen gewandt: „Ich bin überzeugt, daß sie den Wechsel noch nicht bereut haben.“
Gordon Drake deutete auf einen Stuhl.
„Setz dich zu mir, Penny, und erzähl mir, wovon und wie du lebst!“
Pennys Miene hatte sich verdüstert. Er ließ sich müde auf den Stuhl fallen, und auch aus
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