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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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schönen Xlifara verführt worden waren. Xlifara … Ein kalter Schauer kroch ihm über den Rücken. Die Gefallene Göttin, die zu Slahan geworden war. Sprach diese Frau, die behauptete, Isparra zu sein, von Xlifara Slahan ? Er konnte sich gar nicht ausmalen, was das bedeutete. Aber dann hätte er beinahe gelacht. Wer immer dort auf sie wartete, es war sicher nicht Slahan. Das konnte einfach nicht sein.
    »Endlich«, sagte Isparra und richtete sich auf.
    Schritte waren zu hören. Jemand, der sein Bein nachzog. Der Alte, den Awin auf dem Sandhügel gesehen hatte, trat lautlos in die Kammer. Sein Blick funkelte. Er nickte Isparra kurz zu, sagte aber nichts. Mit ihm hinkte Curru durch den Zugang. »Hier steckt ihr also!«, rief der alte Seher zornig. »Seit Stunden suche ich euch schon.«
    Die Frau betrachtete ihn mit einem seltsamen Blick. Sie ging um ihn herum, sorgsam auf Abstand bedacht. Dann erschien wieder der hochmütige Zug auf ihrem stolzen Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und wies auf den anderen Gang. »Sie erwartet euch. Seid vorsichtig. Verratet nichts.« Dann verschwand sie.
    Awin stellte erstaunt fest, dass der glatzköpfige Alte bereits verschwunden war, ohne dass er gesehen hätte, wie er das bewerkstelligt hatte.

    Curru schüttelte sein graues Haupt. »Seltsame Menschen, wenn ihr mich fragt. Der Alte hat auf dem ganzen langen Weg keinen einzigen Ton gesagt.«
    Dauwe, der Täuscher , dachte Awin. Er stand auf, unschlüssig, was er Curru erzählen sollte und was nicht.
    »Es sind keine Menschen«, erklärte Merege ruhig.
    Curru kniff ein Auge zusammen. »Was sollten sie denn sonst sein, junge Frau?«
    »Windholde natürlich«, lautete die erstaunte Antwort.
    Curru lachte heiser. »Götter des Windes? Hat dir das mein Schüler erzählt? Gaukeleien sind es, die uns erschrecken wollen, Scheinwesen vielleicht. Ich glaube, dass hier irgendein halb verfaulter Maghai aus den Sümpfen sein Spiel mit uns treibt. Wie sonst hätte es sein können, dass wir nicht vorhersahen, dass der Feind diesen Weg nach Serkesch wählen würde? Das kann nur ein Maghai gewesen sein, der unseren Blick mit schwarzem Zauber trübte. Denn das sind sie, Meister der Täuschung und Lüge, nicht besser als Hexen. Wer das erkennt, muss sie nicht mehr fürchten, ganz im Gegenteil, ich werde ihn das Fürchten lehren!«
    Uns den Blick getrübt? Wenn es wirklich ein Maghai ist, hat er dem Alten wohl auch das Gedächtnis verwirrt, dachte Awin grimmig. Er selbst wusste nicht viel über die alten dhanischen Zauberer, aber er bezweifelte, dass sie Winde beherrschen konnten. Doch wer war es dann, der am anderen Ende dieses Ganges auf sie wartete, wenn es weder ein Maghai noch eine Göttin war? Ihn beschlich das Gefühl, dass sein Verstand ihm hier nicht weiterhalf. Hatte Curru vielleicht Recht, und es waren nur Trugbilder, und das alles geschah gar nicht wirklich? Träumte er am Ende nur? Alles war so unwirklich. Eine ganz andere Frage kam ihm plötzlich in den Sinn: »Sagt, wo ist Eri?«

    »Der Yaman? Er ist nicht bei euch? Ich habe ihn nicht wieder gesehen, seit wir getrennt wurden.«
    »Wir müssen ihn suchen«, meinte Awin.
    »Und wo in diesem endlosen Gewirr?«, fragte Curru mürrisch.
    »Die Windholde sagte, wir sollten diesen Weg dort nehmen«, wandte Merege ein.
    »Vielleicht ist Eri schon dort«, meinte Curru.
    »Vielleicht ist es auch eine Falle«, entgegnete Awin.
    Merege zuckte mit ihren schmalen Schultern. »Ich bin sogar sicher, dass es so ist. Aber ich bin auch sicher, dass kein anderer Weg uns hier herausführt.«
    »Was es auch sein mag, wir werden es nicht herausfinden, wenn wir hier nur herumstehen«, meinte Curru. Ein kampflustiges Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. »Es ist unhöflich, den Feind warten zu lassen. Also folgt mir!« Er legte die Hand auf die silberne Axt an seinem Gürtel und hinkte in den Gang hinaus.
    »Kommst du?«, fragte Merege und zog ihr schlankes Schwert aus der Scheide.
    Awin seufzte. Natürlich war es eine Falle. Er konnte die Gefahr förmlich riechen. Wer immer dort auf sie wartete, war so mächtig, dass selbst die Winde ihn - oder vielmehr Sie - fürchteten. Er glaubte nicht, dass sie mit Waffen irgendetwas würden ausrichten können. Trotzdem zog er sein altes Sichelschwert und folgte den beiden.
     
    Sand rieselte von der Decke, von den Wänden, und Awin sah ihn sogar durch die Augen und Münder von Totenschädeln rinnen. Das leise Geräusch füllte den kurzen Gang, und es zerrte an Awins

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