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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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daran hindert, diese Wüste zu verlassen, dankbar schon für die kargen Wasseropfer, mit denen diese Schaben versuchen, Ihren wütenden Durst zu besänftigen …«
    »Doch jetzt«, sagte Isparra mit Bitterkeit in der Stimme, »ist Sie erwacht und durstig.«
    »Weil jene Sterblichen Sie geweckt haben«, zischte der Knabe und deutete dabei auf Awin und Merege.
    »Ist das so?«, fragte Isparra und wandte sich an das Mädchen: »Haben jene Sie geweckt? War es wirklich der blinde Gott des Zufalls, der die Menschen mit dem Stein hierhergeführt hat, Seweti, meine Schwester?«
    Seweti lachte laut auf. Dann erstarb das Lachen, und ein seltsamer Zug flackerte über ihr Gesicht. Es sah fast aus, als wolle sie gleich weinen.

    Der Knabe funkelte sie zornig an. »Du? Du hast den Fremden hierhergelockt?«
    Seweti zog einen Schmollmund. »Skefer hat mir berichtet, was der Fremde getan hatte. Es war eine Gelegenheit. Ich dachte, wir könnten ihn zerstören«, rechtfertigte sie sich.
    »Närrin!«, fuhr sie Nyet zornig an. »Wenn wir das könnten, hätten wir es wohl längst getan!«
    »Aber ich dachte, auf der Schwelle zu Ud-Sror …«, begann Seweti mit weinerlicher Stimme.
    »Wie dumm du bist, Schwester!«, unterbrach sie Isparra. »Hast du deinem eigenen Flüstern Glauben geschenkt? Edhil hat diesen Stein geschaffen, um Daimonen und Götter zu verbannen. Selbst der mächtige Uo könnte ihm nichts anhaben. Keiner von uns könnte ihn auch nur berühren! Du hättest ihn ziehen lassen sollen, weit fort.«
    Für einen Augenblick glaubte Awin, das Mädchen würde in Tränen ausbrechen, aber dann lachte sie plötzlich, drehte sich um und tänzelte aus dem Zimmer.
    Awin schob sich vorsichtig durch die Kammer hinüber zu Merege und setzte sich neben sie.
    »Weißt du, was hier vor sich geht?«, fragte er flüsternd.
    Merege zuckte mit den Schultern.
    Der Knabe sah sie mit durchdringendem Blick an. Awin spürte einen pochenden Kopfschmerz. Skefer , sagte seine innere Stimme.
    »Aber die Menschen könnten es!«, rief der Knabe.
    »Diese Schaben?«, fragte Nyet ungläubig.
    Isparra zischte verächtlich. »Was können die Menschen? Zerstören? Den Stein? Oder Sie, Bruder?«
    Der Knabe starrte die Frau erschrocken an. Der Hüne verfärbte sich, zerschmetterte mit seiner Faust ein Stück Wand und rief: »Das ist Wahnsinn! Sie wird dich verschlingen und alle, die
dir helfen. Aber mich nicht, Schwester, mich nicht!« Und mit diesen Worten stürmte er davon.
    Skefer folgte Nyet. Im Durchgang drehte er sich noch einmal um. Awin konnte seinen stechenden Blick kaum ertragen. »Hört nicht auf meine Schwester«, zischte er. »Sie wird sterben und ihr mit ihr, wenn ihr auch nur daran denkt, Sie herauszufordern.« Er wandte sich Isparra zu. »Und ich, Schwester, werde nicht dabei zusehen.« Dann löste er sich in Luft auf.
    »Narren«, fluchte die Frau.
    »Ich verstehe nicht, was hier vor sich geht, Isparra«, sagte Awin vorsichtig.
    »Etwas fehlt noch, aber es ist gleich hier«, lautete die rätselhafte Antwort.
    Awin warf einen fragenden Seitenblick zu Merege, aber die zuckte nur gelassen mit den Schultern. Die Frau sah Merege plötzlich an, für einen Augenblick schwand der Hochmut aus ihrem Antlitz. »Du bist von dem Volk, das das Große Tor bewacht, nicht wahr? Ich hörte den anderen darüber sprechen.«
    Merege nickte, und Awin fragte sich, welcher »andere« da wohl gemeint war.
    »Verrate es Ihr nicht!«, sagte Isparra in drängendem Tonfall. »Verrate Ihr auf keinen Fall, wer du bist und woher du kommst!«
    Wieder begnügte sich Merege mit einem gelassenen Nicken. Awin wäre gern aus der Haut gefahren. Da saß sie auf dem Boden, unterhielt sich mit Isparra, der Zerstörerin, und tat, als sei es das Gewöhnlichste der Welt. Er hingegen zweifelte schon seit einer ganzen Weile an seinem Verstand.
    »Eines verstehe ich noch nicht, Ehrwürdige«, sagte die Kariwa jetzt. »Ich dachte, die Windholde seien Diener des Fahs.«

    Ein Zucken lief über das Gesicht der Frau. »Er schläft. Wie fast alle Götter. Aber Sie ist erwacht. Und Sie findet die Welt voller Menschen, aber ohne ihresgleichen.«
    Awin verfluchte die Abneigung Isparras gegen Namen. Er begriff, dass sie von zwei verschiedenen Wesen sprach und mit »er« Fahs meinte, den Hüter der Winde und des Himmels, aber wer war diese »Sie«, von der sie und die anderen gesprochen hatten? Er dachte an die alten Geschichten. Die Winde, die Fahs die Gefolgschaft verweigert hatten, weil sie von der

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