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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Zeilen studierte.
    Die Gegend war völlig menschenleer. Sorjonen kehrte zum Museum zurück. Rytkönen befand sich jedenfalls nicht im umliegenden Wald. Falls er ihn im Laufe der Nacht nicht fände, wollte er gleich morgens in der Gar­ nison vorsprechen und sich erkundigen, ob man dort einen alten, hilflos umherirrenden Mann aufgegriffen habe. Als Nächstes müsste er sich dann an die Polizei wenden. Er, Seppo Sorjonen, hatte jetzt die Verantwor­ tung für Taavetti Rytkönen, er musste die Suche in die Wege leiten. Zum Glück war es eine warme Sommer­ nacht, Rytkönen würde sicher ein paar Stunden allein zurechtkommen, da es auch nicht regnete. Dennoch litt Sorjonen Höllenqualen bei der Vorstellung, dass der alte Mann irgendwo in dieser gottverlassenen Gegend her­ umwanderte, dass er unterwegs war, ohne zu wissen, wohin, allein und verzweifelt.
    Und wenn sich der Alte doch noch in den Außenanla­ gen des Museums aufhielt? Sorjonen kletterte über den Drahtzaun und suchte das Gelände systematisch ab. Er rief nach Rytkönen, bekam aber keine Antwort. Er inspi­
    zierte sämtliche Panzer, spähte unter die Fahrzeuge, trat gegen die Ketten, kroch in den Vertiefungen der Panzer­ züge herum, spähte in die Schießöffnungen. Taavetti Rytkönen war auf dem Gelände nirgendwo zu finden. Niedergeschlagen kletterte Sorjonen über den Zaun wieder nach draußen und ging zum Parkplatz, um in seinem Auto ein paar Stunden zu schlafen. Er schob den Vordersitz zurück, klappte die Rückenlehne hinun­ ter und schloss die Augen. Er schlief unruhig, erfüllt von der tiefen Sorge um seinen gedächtnislosen Gefähr­ ten.
    In den frühen Morgenstunden erwachte Seppo Sorjo­ nen vor Kälte. Wegen der unbequemen Schlafstellung schmerzten ihm die Glieder. Die Sonne ging auf, die Wipfel der Kiefern schimmerten rötlich. Sorjonen blickte missgestimmt auf die Panzer hinter dem Drahtzaun. Sie standen in einer Reihe am Hang des Hügels, so als hätten sie dort Horchposten bezogen, in die Sommer­ nacht gelauscht, mit ausgerichteten Geschützen, voll­ kommen unbeweglich.
    Sorjonen kurbelte das Seitenfenster ein wenig herun­ ter und zündete sich eine Zigarette an. Aus der Gegend hinter dem Kassenhäuschen hörte er ein lautes Schnau­ fen. Was mochte das sein? Wohl ein Igel, dachte Sorjo­ nen müde. Er beugte sich vor und hielt Ausschau. Unter dem Rohr eines schweren Sturmgeschützes bewegte sich ein Lebewesen; es war größer als ein Igel, dunkel und behaart und sah sehr merkwürdig aus… Es schien, als würde der Hintern eines Schweins auf den Beobachter zeigen. Sorjonen schaute genauer hin. Wie sollte ein Schwein in das Panzermuseum kommen? Der Hintern hatte jedenfalls zweifelsfrei einen Ringelschwanz und bewegte sich.
    Sorjonen stieg lautlos aus dem Auto, um besser sehen zu können. Jetzt hob das Wesen den Kopf und lauschte. Sorjonen erkannte, dass es ein Wildschwein war. Es hatte Zwiebeln im Maul und lauschte mit unruhig zu­ ckenden Ohren. Es kniff die Augen zusammen, sah Sorjonen aber nicht, der sich hinter seinem Auto ver­ steckte. Das Schwein versuchte zu wittern, aber wie sollte es riechen, mit Zwiebeln im Maul?
    Das Schwein beruhigte sich und wandte sich wieder seiner Beschäftigung zu. Jetzt sah Sorjonen, wie es Zwiebeln von der Erde klaubte, sich die Backen damit füllte wie ein Eichhörnchen, das Nüsse hamstert. Als es keine Zwiebeln mehr aufnehmen konnte, sah es um sich und trottete dann langsam in die Richtung des Panzer­ zuges. Dort legte es sich auf den Boden, kroch geübt unter dem Zaun hindurch und lief in den Wald. Als Sorjonen genauer hinsah, entdeckte er unter dem Sturmgeschütz einen großen Haufen Zwiebeln.
    Seppo Sorjonen kletterte über den Zaun und ging zu dem Sturmgeschütz hinüber. Er bückte sich, um den Zwiebelhaufen zu untersuchen. In der näheren Umge­ bung sah er die Hufabdrücke des Wildschweins. Mehre­ re Kilo Zwiebeln lagen hier auf der Erde. Einige Exemp­ lare waren angebissen. Sorjonen hob eine Zwiebel auf und studierte die Bissabdrücke. Sie sahen nicht nach einem Wildschwein aus, sondern es handelte sich ein­ deutig um den Zahnabdruck eines Menschen, wenn auch eines Menschen mit breitem Kiefer. Nachdem Sorjonen die angebissene Zwiebel an den eigenen Mund gehalten hatte, entschied er, dass hier ein Mann Zwie­ beln gegessen hatte, und zwar ein ungewöhnlich großer. Er sah Taavetti Rytkönen vor sich, wie dieser im Aulan­ ko sein Steak vertilgt hatte.
    Das Wildschwein kehrte zurück,

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