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Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Eden
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niemanden?«
    »Man sieht sie nicht, wenn sie es nicht wollen«, antwortete er geheimnisvoll. Nun lächelte er nicht mehr.
    Carol war froh, als Fisher mit Taylor auf dem Arm auf die Veranda trat.

    Sie hatten sich im Schatten der Veranda niedergelassen. Carol hatte Fisher kurz über den seltsamen Vorfall informiert und ihm die Totenmaske gezeigt.
    Sie versuchte, das Ganze als harmlos darzustellen, aber die Miene ihres Mannes verriet, wie besorgt er war.
    Er saß gegenüber von Pickwick auf einer mit schweren Ketten an der Überdachung befestigten Bank und musterte den sonderbar herausgeputzten Mann mit offenem Argwohn.
    Carol konnte es ihm nicht verdenken. Ihr erging es ähnlich. Noch wusste sie nicht, was sie von Joshua Pickwick halten sollte.
    Dass er genau im kritischen Moment, also gleichzeitig mit dem Totem, auf der Bildfläche erschienen war, machte ihn nicht gerade unverdächtig.
    Carol hatte Fisher knapp mitgeteilt, was sie bislang über Pickwick erfahren hatte. Es war wenig genug, und es wunderte sie nicht, dass er sich nicht damit zufriedengab.
    »Carol sagte mir, dass Sie Big John gekannt haben«, setzte Fisher schließlich umständlich an.
    Aber noch ehe er eine Frage nachschieben konnte, schüttelte Pickwick zu Carols Erstaunen den Kopf.
    »Das stimmt nur halb«, meinte er leichthin und ohne eine Spur von Verlegenheit.
    »Wie soll ich das verstehen?« fragte Carol erbost. »Sie sagten doch...«
    »Nun«, unterbrach er sie mit einem Lächeln, das um Nachsicht bat. Er griff nach seinem Hut, nahm ihn vom Kopf und enthüllte einen gewaltigen Schwall schwarzer Haare, der nach einer kurzen, heftigen Bewegung schulterlang herabfiel und sein schmales, hart geschnittenes Gesicht noch entschlossener wirken ließ. »Da habe ich ein bisschen geschwindelt.«
    Ehe Carol aufbrausen konnte, fuhr er fort: »Aber nicht, wie Sie jetzt vielleicht denken. Ich kannte ihn zwar nicht persönlich... Aber er hat nach mir gerufen.«
    Wenn er erwartet hatte, dass Carol ihn nun fragte, warum der große Murdock ihn zu sich bestellt hatte, sah er sich getäuscht.
    Carol war intelligent genug, um zu wissen, dass Pickwick den Grund auch ohne ihr Zutun gleich darlegen würde.
    »Er bat mich um Hilfe.«
    »Um Hilfe?« wiederholte Fisher.
    »Er hatte Angst«, sagte Joshua Pickwick.
    »Ich verstehe immer weniger«, gestand Carol. »Wer sind Sie? Welche Art Hilfe erhoffte mein Onkel sich von Ihnen?«
    »Er fürchtete«, erklärte Pickwick mit gesenkter Stimme, »um seine Seele. Ich sollte sie retten. Aber ich bin wohl zu spät gekommen...«

    »Ich kenne die genauen Umstände nicht«, fuhr Pickwick nach sekundenlangem, betretenem Schweigen fort. »John Murdock wollte mich hier vor Ort über alles informieren. Nach seiner Kontaktaufnahme traf ich sofort alle Vorbereitungen, hierher zu kommen. Das war vor zwei Wochen. Ich konnte nicht ahnen, dass die anderen noch schneller reagieren würden...«
    »Die anderen?«
    Carol hatte das unangenehme Gefühl, mitten in einem endlosen Alptraum zu stecken. Aber irgendwie fieberte sie geradezu danach zu erfahren, wie es weiterging.
    Sie bemerkte nicht, dass Fisher sie besorgt musterte.
    »Ja«, antwortete der Mann mit den vielen Talismanen unbewegt, »jene, die von Rechts wegen hier leben sollten.«
    Carol verstand immer weniger.
    Pickwick war noch recht jung, doch in seinem Körper schien ein uralter, konservativer Geist zu wohnen. Er redete, wie es manchmal alte Leute zu tun pflegen, wenn sie sich mit Kindern unterhielten.
    »Mein Onkel starb an Altersschwäche«, sagte sie kopfschüttelnd. »Wer Sie reden hört, könnte meinen, er sei umgebracht worden!«
    Pickwick nickte. »So ist es.«
    »Danke.« Er lachte nur über den Vorwurf. »Und was ist damit?« Er zeigte auf den Tisch, auf dem die unheimliche Indianermaske lag, die sie von der Tür entfernt hatten.
    Carol versteifte sich. Sie reckte trotzig das Kinn nach oben und meinte: »Eine Maske - na und? Sollen wir uns vor einem dummen Kinderstreich fürchten?«
    Pickwick nahm einen Schluck aus der Kaffeetasse und stellte sie dann neben das Streitobjekt.
    »Das ist kein Streich«, sagte er fast bekümmert. »Das ist ein Totem. Eine Warnung. Ein Fluch!«
    Carol rückte näher an Fisher heran, der ihre inneren Nöte zu ahnen schien.
    »Sie reden Unsinn, junger Mann. Wissen Sie das? Wenn Sie nur hierhergekommen sind, um meine Frau zu erschrecken, muss ich Sie warnen«, schaltete er sich auf die ihm eigene Art in das Gespräch ein. »Reden Sie Klartext,

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