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Der Sommer der Toten

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael T. Hinkemeyer
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ihn brauchen, um hier wegzukommen. »Begreifst du nicht, was da vor sich geht? Man bemächtigt sich deines Bewußtseins. In wenigen Augenblicken wirst du dich nicht mehr erinnern können, was geschehen ist. Schüttele alles ab! Mach dich frei. Komm, du schaffst es noch. Du darfst nicht nachgeben. Gebrauche deinen Verstand!«
    Sie sah ihn an und versuchte ihn einzuordnen.
    »Ich, glaubte nicht, sie würden es schaffen, auch nicht, nachdem ich mir alles zusammengereimt hatte.«
    »Was schaffen?« fragte der junge Geistliche. »Sehen Sie …«
    »Sie sollen mal sehen! Sie haben alles umgedreht. Irgendwie haben Sie die Zeit verkehrt ablaufen lassen, Sie verrückter …«
    Der Geistliche lächelte geringschätzig und selbstzufrieden. »Du warst ja niemals gläubig. Du hast dich über mich lustig gemacht. Du wolltest nicht glauben. Aber diejenigen, die sich inmitten geweihter Kerzen zur Ruhe begeben, werden auch durch deren Licht erweckt.«
    »Und jetzt sind wohl alle glücklich?« höhnte David. »Ein Neubeginn. Ben hat die Chance, einen Sohn zu bekommen, von neuem anzufangen und sein Land zu behalten. Und Otto wird nächstes Mal vorsichtiger mit seiner Mistgabel umgehen.«
    »Da haben Sie verdammt recht«, sagte Otto, »und wer würde sich eine solche Chance wohl entgehen lassen?«
    »… und Sie, Pastor, bekommen die Chance, Ihre eigenen Fehler zu vermeiden oder wiedergutzumachen. Diesmal wird niemand das Dorf im Stich lassen und in die Stadt ziehen. Und Ihre Gemeinde wird nicht zusammenschrumpfen …«
    »Schweig«, sagte der Priester, dem die Erinnerung Unbehagen bereitete.
    »Aber Sie brauchten dazu jemanden. Jemand, den Sie opfern konnten. Komisch, wie die Religion alles verdreht. ›Setzt eure Liebe in das Land.‹ Eine blumige Umschreibung für Mord, aber Sie nennen es Opfer. Wie erhaben!«
    In der Menge erhob sich Gezischel und Gemurmel. Der Priester war hochrot geworden.
    »Sie konnten es sich leisten, sie umzubringen, weil Katie ihren Platz einnehmen würde und alles sich ›zum Guten wenden‹ würde.«
    Sie spürte, wie sein Griff fester wurde und wie er sie durch die Menschenschar zum Wagen drängte.
    »Ja«, rief er dem Priester zu, »sie war die einzige, die nicht in Erde gelegt wurde, nicht ersetzt wurde, nicht neugeboren …«
    Ben Jasper rückte mit geballten Fäusten und zusammengekniffenen Augen näher. Die Geräusche der Menge wurden bedrohlicher. Ein dünnes, aber anschwellendes Summen der Erbitterung erhob sich.
    »… und Sie glauben, die Rechnung ginge glatt auf. Dann lassen Sie sich eines gesagt sein: Der Leichnam Katrin Jaspers liegt unter der Erde, und alle sind so wie vor langer Zeit. Aber mit mir haben Sie nicht gerechnet!« schloß er siegesgewiß.
    Der Lärm brach ab.
    Sie war fasziniert von seinen Behauptungen – aber was meinte er eigentlich?
    »Sehen Sie? Sie haben nicht damit gerechnet, daß ich noch auf der Szene auftauche.«
    Er hielt inne und bedachte den Priester und dessen Gemeinde mit einem abschätzenden Blick.
    »Fast hätte es geklappt. Aber da kam ich, und ich kann wieder fort. Ich werde euren ganzen feinen Plan außer Kraft setzen. Wir fahren jetzt weg, und in kürzester Zeit seid ihr wieder alte Knochensäcke. Und dann hetze ich euch allen ein halbes Dutzend Polizisten auf den Hals, die sich hier gründlich umsehen sollen.«
    Die Menge lauschte reglos und schweigend.
    Mauslocher trat einen halben Schritt zurück.
    »Und jetzt nehme ich euch den Schlüssel weg«, sagte David. »Katie wir gehen.«
    Er drückte sie an sich und drängte sich mit ihr durch die aufgebrachte Schar auf den roten Wagen zu. Sie ging mit ihm, unsicher, fast widerstrebend. Langsam setzte das Denken bei ihr ein. Sie wußte, was sie zu tun hatte.
    »Katie, komm!« drängte er. Sie spürte, wie sie von ihm abrückte, wegwollte.
    »Nein« hörte sie sich sagen. »Ich heiße … Katrin!«
    Doch aus ihrem Inneren schrie eine andere Stimme: »David!«
    Es war das letzte, was er sehen, das letzte, was er hören sollte: das Stoßen, das Gedränge, die verzerrten Gesichter der Umstehenden, Katies Stimme.
    Denn ein wildaussehender junger Mann mit albernem bleistiftdünnem Schnurrbart und den Ansätzen eines Bierbauches schwang mit aller Kraft und beiden Armen einen Baseballschläger und traf Davids Schädel.
    David riß die Augen auf und zuckte zurück. Dann sank er vornüber zu Boden.
    »Das Rückgrat feinsäuberlich gebrochen«, stellte der junge Doc Bates fest. »Gut gemacht, Barney! Hoffentlich hältst du

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