Der Sommer des glücklichen Narren
hat, mich zu heiraten?«
»Doch. Es hat. Und das heute auch.«
Ich betrachtete sie versunken.
»Du bist so schön, Rosalind. Du könntest nicht so schön sein, wenn dich jemals irgend etwas seelisch erregt hätte.«
»Ich sagte ja, daß du ein Trottel bist. Du wirst es nie fertigbringen, eine Frau zu verstehen.«
Ich schwieg beeindruckt. Da war was dran. Und dann, in einem späten Anfall von Eifersucht, stellte ich die törichte Frage: »Glaubst du, daß er es kann? Eine Frau verstehen?«
»Wer?«
»Na, der … dieser Konrad, den du da heiraten willst.«
»Nein. Der noch weniger als du. Er ist schließlich auch nur ein Mann. Und ein Erfolgsmann dazu, da erwartet man das sowieso nicht. Dafür hat er anderes zu bieten.«
»Aha.« Darauf ließ sich nichts weiter sagen. Aber eine Frage konnte ich mir nun doch nicht verkneifen. »Und du liebst ihn trotzdem?«
»Sicher«, erwiderte Rosalind ruhig. »Aber wir wollen jetzt nicht von ihm reden. Mit ihm kann ich mich noch lange genug beschäftigen. Heute bist du dran.«
»Vielen Dank«, murmelte ich.
»Damals«, sagte Rosalind versonnen, »bekamen wir bei Muni eine Kartoffelsuppe als Hochzeitsmahl.«
Ich erinnerte mich. Es war eine erstklassige Kartoffelsuppe gewesen. Aus richtigen Kartoffeln gemacht, mit gelben Rüben drin, und obenauf schwammen ein paar Speckbrocken. Muni hatte schweigend und lächelnd zugesehen, als ich die Speckbrocken von meinem Teller in Rosalinds bugsierte. Muni ist meine Mutter, und natürlich war der Speck zunächst bei mir gelandet.
»Heute«, fuhr Rosalind fort, »habe ich einen Tisch im Königshof bestellt.«
Irgendwie glaubte ich, ich müsse Munis Kartoffelsuppe verteidigen. »Es war eine sehr gute Suppe.«
»Eine erstklassige Suppe«, gab Rosalind bereitwillig zu. »So, wie sie nur Muni zustande bringt. Aber alles hat seine Zeit. Wenn man jung und verliebt ist, kann man auch mit einer Kartoffelsuppe glücklich heiraten. Ein Scheidungsmahl sollte etwas festlicher sein. Ich werde uns ein Menü zusammenstellen, du darfst gar nicht in die Speisekarte gucken.«
»Wennschon«, sagte ich, »dann möchte ich Spargel haben.«
Das Scheidungsmahl
Ein Tisch am Fenster war für uns reserviert, und der Ober schob Rosalind beflissen den Stuhl zurecht. Der Restaurantdirektor stand einige Schritte entfernt und betrachtete Rosalind wohlwollend. Sie hat immer einen großen Auftritt, wohin sie auch kommt. Auch früher schon, als sie sich noch nicht solche Kleider leisten konnte. Es liegt an ihrer Haltung, an ihrem Gang, ihrem Lächeln – ich weiß auch nicht. Rosalind ist eben Rosalind, damit ist alles gesagt.
Als die Martinis kamen, erschien es mir angebracht, ihr ein kleines Kompliment zu machen.
»Dein Kleid ist fabelhaft.« Es kam, wie immer bei mir, etwas ungeschickt heraus.
Rosalind war daran gewöhnt. Sie lächelte erfreut und sagte: »Ja, nicht? Ich lasse jetzt bei Charleron arbeiten.«
»Aha«, sagte ich.
Sie zog in ihrer unnachahmlichen Weise die Brauen ein wenig hoch.
»Du weißt natürlich nicht, wer Charleron ist.«
»Ich muß gestehen, ich weiß es nicht.«
Mit einer leichten Wendung ihres schlanken Halses lockte sie den Ober herbei. »Einen Zahnstocher, bitte.«
»Du solltest öfter mal Zeitung lesen«, sagte sie dann zu mir. »Dann wüßtest du, daß Charleron zur Zeit die Spitze der Haute Couture bedeutet, die wir in München haben. Der Mann ist noch jung, aber er hat ein unerhörtes Modegefühl. Und er versteht die Frauen. Aus jedem Typ das Richtige zu machen, weißt du. Seine Modenschauen sind jedesmal eine Sensation. Alles ist da, was zur Gesellschaft gehört. Einfach alles.«
»Aha«, sagte ich. »Demnach warst du also auch da.«
»Dieses Frühjahr, ja.« Und befriedigt fügte sie hinzu: »In Zukunft werde ich immer dabeisein.«
Wie leicht es ist, eine Frau glücklich zu machen! Nur ich verstand es eben nicht. Wäre ich auf die Idee gekommen, daß ein kleines Kärtchen von Monsieur Charleron mit einer Einladung zu einer Frühjahrsmodenschau dieses Wunder vollbringen könnte? Nie. Und ich bildete mir ein, ich könnte Romane schreiben, wo ich so wenig von der Frauenseele verstand. Abgesehen davon, daß es natürlich unsinnig ist, eine Frau zu so einer Modenschau gehen zu lassen, wenn man ihr die dort vorgeführten Kleider doch nicht kaufen kann. Dieser Bursche, dieser Konrad, der kann das.
»Danke«, sagte Rosalind, nahm den Zahnstocher entgegen und piekte damit zierlich die Olive aus ihrem Martini.
»Wie
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