Der Sommer des glücklichen Narren
wechselseitig. Rosalind kümmert sich darum, daß meine Erfolge überall richtig gewürdigt werden, sie flirtet mit meinem Verleger und becirct die Journalisten und die Fernsehonkels, wenn sie mich in die Mangel nehmen, was mir nicht immer angenehm ist. Im Grunde bin ich ein publicityscheuer Mensch, was heutzutage eine ganz unbrauchbare Eigenschaft ist. Wenn es nach mir geht, schreibe ich meine Bücher, still für mich allein, und will dann nicht gefragt werden, warum ich sie geschrieben habe, oder groß darüber reden, wenn es aber sein muß, hole ich Rosalind zu Hilfe. Sie macht das fabelhaft. Wenn irgendwo ein Interview von mir erscheint, bin ich jedesmal baß erstaunt, was ich alles gesagt haben soll.
»Hast du das gelesen?« frage ich dann Steffi. »Kannst du dir vorstellen, daß ich das gesagt habe?«
»Nein. Aber Rosalind. Und es liest sich großartig.«
Umgedreht braucht Rosalind mich aber auch. Denn wie nicht anders zu erwarten, war das Leben als Frau Killinger auch nicht immer das reine Zuckerlecken. Nichts auf Erden bekommt man geschenkt, das ist wieder einmal so ein wohlerprobter Gemeinplatz. Vor einigen Jahren sah es ziemlich bedrohlich nach einer zweiten Scheidung in Rosalinds Leben aus, und leider wäre es wieder ihre Schuld gewesen. Da hatte sie sich, im Gegensatz zu damals, nicht ein Leben im Wohlstand und Luxus gewünscht, das hatte sie ja nun, sondern einen tatkräftigen Mann für die Liebe. Mit einem Wort, meine süße Rosalind leistete sich einen höchst ausgedehnten Seitensprung, den man eigentlich schon keinen Seitensprung mehr nennen konnte – mag sein, daß sie den ab und zu schon vorher mal absolviert hat –, nein, sie ging wirklich und wahrhaftig mit einem anderen Mann auf und davon. Große Liebe, große Leidenschaft, vielleicht kam sie auch in jenes berühmte Alter, wo jeder denkt, ob Frau oder Mann, nun müsse man es noch einmal derpacken, sonst wird es zu spät.
Rosalind war also weg, sie war in Rom und wollte nicht zurückkehren. Killinger war verständlicherweise sauer, und wieder war ich es, der die Sache leimte. Ich hatte ja schon Übung darin.
Ich flog nach Rom, sah mir den Erwählten an und sprach zu meiner Verflossenen mit ernster Miene: »Ich hätte dich für klüger gehalten.«
Und Rosalind darauf: »Ich war lange genug klug. Jetzt will ich endlich mal töricht sein.«
»Zu töricht, mein Kind. Wieviel jünger als du ist er? Acht Jahre, zehn Jahre?«
Das war zweifellos brutal gesprochen, und prompt flog mir auch eine blaugrüne Fayence an den Kopf. Oder beinahe an den Kopf, ich wich aus, und das kostbare Stück zerschellte an der Wand.
Schließlich brachte ich sie dem Killinger zurück. Erst sagte er, er wolle sie nicht mehr, aber dann nahm er sie doch wieder, und binnen acht Tagen hatte sie es dahin gebracht, daß er sich schuldig fühlte.
»Vielleicht habe ich sie wirklich vernachlässigt«, sagte er zu mir mit bekümmerter Miene. »Sie ist und bleibt ein Kind, unsere Rosy. Man darf sie einfach nicht ernst nehmen.«
Dies nun bloß mal als kurzes Beispiel angeführt, wie unser Familienleben sich so gestaltet. Rosalind blieb und bleibt in meinem Leben drin, so wie ich in ihrem, damit haben sich alle Beteiligten abgefunden. Der Killinger ist ganz froh darüber, er meint immer, er wisse gar nicht, was er täte ohne mich. Und Steffi trägt es mit Humor, denn sie weiß ja, daß und wie ich sie liebe. Na, und für Lix und die Buben war es eigentlich auch immer ganz angenehm auf diese Weise. Wenn wir mal allein verreisen wollen, Steffi und ich – im vergangenen Jahr haben wir eine große Tour durch Mexiko unternommen, war schon immer mal ein Traum von mir –, dann übersiedeln die Buben in die Killingersche Villa, oder falls sie noch Schule haben, residiert Rosalind mal wieder für eine Weile im Waldhaus, an dem sie jetzt nichts mehr auszusetzen hat.
Zum guten Schluß sollte ich die Tiere nicht vergessen. Drei Pferde und zwei Hunde gehören zur Besatzung im Waldhaus, natürlich sind weder die schöne Isabel noch mein treuer Dorian mehr dabei, sie haben uns längst verlassen, was Grund zu tiefster Betrübnis war. Aber das wissen wir ja alle, nicht wahr, daß das Leben nicht nur immer eitel Freude und Glück sein kann, daß Leid und Tränen und Abschied dazugehören. Es ist schon ein Geschenk vom lieben Gott, wenn beides sich die Waage hält. Und wenn einer ein Lebenskünstler ist, dann wird er auch Niederlagen und Mißerfolge in seinem Dasein nicht nur ertragen,
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