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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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streifte sich Einweghandschuhe über und reichte mir auch ein Paar. Sie rüttelte vorsichtig am Türgriff. Dann öffnete sie ihren Rucksack.
    »Zuerst versuchen wir den guten alten Scheckkartentrick«, erklärte sie. »Die härteren Geschütze fahren wir nur im Notfall auf. Behalte die Straße im Auge, ja?«
    Niemand zu sehen. Irgendwo rauschte eine Wasserspülung. Dann hörte ich ein Klicken, und als ich mich umdrehte, befand Merle sich schon im Treppenhaus.
    »Worauf wartest du?«
    Im Haus war es wohltuend kühl. Wir blieben eine Weile im Dunkeln stehen und horchten. Dann setzte Merle sich in Bewegung. Geschmeidig lief sie die Treppe hinauf. Ihr ganzer Körper war angespannt.
    Gelernt ist gelernt, dachte ich und folgte ihr.
    Die Tür zu Lukes Wohnung war mit Klebeband versiegelt. Merle hielt sich nicht lange mit Überlegungen auf. Sie zog ein Taschenmesser aus ihrem Rucksack, zerschnitt das Band und machte sich am Schloss zu schaffen. Ich stand am Treppengeländer und passte auf, dass uns niemand überraschte.
    »Bingo«, raunte sie. »Komm.«
    Ich schlüpfte zu ihr in die Wohnung, und Merle schloss leise die Tür. Sie knipste eine kleine Taschenlampe an und gab mir ebenfalls eine. Gespenstisch glitt das Licht über Boden und Wände.
    Die Knie wurden mir weich, als mein Blick auf die Badezimmertür fiel, doch ich riss mich zusammen.
    »Wir müssen uns beeilen«, warnte Merle mich leise. »Ich glaube zwar nicht, dass die Bullen das Haus groß kontrollieren, aber vielleicht hat der Mord die Leute hier aufgerüttelt, und die Nachbarn gucken doch mal genauer hin.«
    In Gedanken sah ich maskierte, bis an die Zähne bewaffnete Polizisten die Wohnung stürmen. Ich drängte das Bild beiseite und schaute mich um.
    Die Spurensicherung hatte ganze Arbeit geleistet. Schubladen waren hervorgezogen und nicht wieder zurückgeschoben worden. Klamotten und Gegenstände lagen achtlos auf dem Boden verstreut. Die Bücher in den Regalen waren zur Seite gekippt. In der Küche standen die Schränke offen.
    Merle warf einen Blick ins Bad und zog sich rasch wieder zurück.
    »Oh Gott!«
    Sie rang um Fassung. Ihr Gesicht war ein bleicher Fleck im geisterhaften Licht der Taschenlampen.
    Mir war schnell klar, welches Zimmer Luke gehörte. Ich erkannte einige seiner Kleidungsstücke. Der Raum wirkte kühl und unpersönlich und so, als hätte niemals jemand darin gelebt. Das andere Zimmer war das genaue Gegenteil. Man konnte seinen Bewohner förmlich spüren, obwohl er doch tot war.
    Merle tastete mit dem Strahl ihrer Taschenlampe umher.
    »Was wollen wir hier noch finden? Die Bullen haben anscheinend jedes einzelne Staubkörnchen umgedreht.«
    Diese Befürchtung hatte ich auch, aber im Gegensatz zu mir kannte die Polizei Luke nicht. Ihnen war möglicherweise etwas entgangen, was mir auffallen würde.
    Im Gegensatz zu dir?
    Meine innere Stimme lachte mich aus.
    »Lass es uns wenigstens versuchen«, flehte ich Merle an. »Wir können doch nicht unverrichteter Dinge wieder umkehren.«
    »Umkehren? Willst du mich beleidigen?«
    Konzentriert machten wir uns an die Arbeit.
    Es gab keine Pflanzen, keine Nippes, keine Erinnerungsstücke in Lukes Zimmer, nicht mal ein Bild an der Wand. Und nirgendwo war ein Foto zu finden. Erst recht keins von mir.
    »Jeder besitzt doch ein Fotoalbum«, sagte ich.
    »Und jeder normale Mensch hat irgendwo eine benutzte Tasse, einen Teller oder ein Glas rumstehen.« Merle drehte sich ratlos um sich selbst. »Wovon hat dieser Typ gelebt? Von Luft und Lie…«
    Erschrocken starrte sie mich an.
    »Behandle mich nicht wie ein rohes Ei, Merle.«
    »Entschuldige.«
    »Und hör auf, dich zu entschuldigen.«
    »Entschul…«
    »Merle!«
    Sie bückte sich unter Lukes Schreibtisch und richtete ihre Taschenlampe auf den Papierkorb. Ich hatte mir den Schrank vorgenommen und kramte in Lukes Pullis herum. Sie rochen nach ihm. Als wär ein Teil von Luke in diesem Schrank zurückgeblieben. Ich schloss die Augen und steckte die Nase in eines seiner T-Shirts.
    »Besitzt Luke einen Computer?«, fragte Merle.
    Seufzend legte ich das Shirt zurück.
    »Er benutzt einen Laptop«, erklärte ich. »Wahrscheinlich hat er ihn mitgenommen.«
    »Oder die Bullen haben ihn einkassiert.«
    Merles Abneigung gegen Polizisten war geradezu sprichwörtlich. Kein Wunder bei allem, was sie schon mit ihnen erlebt hatte.
    »Es kommt mir irgendwie falsch vor, so in Lukes Geheimnisse einzudringen«, sagte ich, während ich widerstrebend die Taschen der Sakkos

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