Der Spieler (German Edition)
auch kein riesiges Schild. Sondern lediglich einen Mann. Kein Suchhund würde sich für ihn interessieren. Steck ihn in eine Tonne. Das wäre wirklich einfach! Ich würde dafür aufkommen. Ich zahl dir alle Ausgaben an Joule und zusätzlich einen Bonus.«
Lalji lutschte an seiner Betelnuss, spuckte zweimal rot aus und dachte nach. »Und was erhofft sich ein zweitklassiger Kinetikhändler wie du von einem Kalorienmann? Genfledderer arbeiten für große Fische, und du bist ein ziemlich kleiner.«
Shriram lächelte unglücklich und hob die Schultern. »Glaubst du nicht, dass Ganesha Kinetic irgendwann auch groß rauskommen könnte? Als das nächste AgriGen vielleicht?« Und sie lachten beide über diese absurde Vorstellung, und Shriram wechselte das Thema.
Als Lalji die schwere Feder zu seinem Boot zurückschleppte, versperrte ihm ein Lizenzkontrolleur mit seinem Hund den Weg. Die Haare der Bestie richteten sich auf, während Lalji näher kam. Sie sträubte sich mit bebender Nase gegen ihre Leine, und dem Lizenzkontrolleur gelang es nur mit großer Anstrengung, sie zurückzuhalten. »Ich muss Sie beschnüffeln lassen«, sagte er. Sein Helm lag bereits auf dem Gras, aber er schwitzte trotzdem ganz entsetzlich unter der grauen, gegen Stichwaffen gepolsterten Uniform und den schweren Gurtbändern, in denen seine Federpistole und seine Patronen steckten.
Lalji rührte sich nicht. Der Hund knurrte, schnüffelte an seinen Kleidern und bleckte die Zähne. Dann wurde seine schwarze Halskrause blau, und er wedelte mit dem Schwanz. Eine rosafarbene Zunge schnellte zwischen seinen Zähne hervor. Lalji lächelte erleichtert, froh darüber, dass er keine Kalorien schmuggelte und nicht die ganze Prozedur über sich ergehen lassen musste – sich vor dem Kontrolleur verbeugen, während dieser die Plaketten einforderte und dann zu verifizieren versuchte, dass die Gebühren für die Getreideladung bezahlt worden waren.
Nachdem der Hund die Farbe gewechselt hatte, entspannte sich der Kontrolleur ein wenig. Trotzdem musterte er Lalji eingehend und verglich sein Gesicht mit Fotografien, die er sich eingeprägt hatte. Lalji wartete geduldig – dergleichen war er gewöhnt. Viele Leute versuchten, AgriGen und die anderen Konzerne um ihren wohlverdienten Profit zu bringen, aber soweit Lalji wusste, war er den Beschützern geistigen Eigentums noch nicht aufgefallen. Er war ein Antiquitätenhändler, der den Ausschuss des vergangenen Jahrhunderts feilbot, kein Kalorienräuber, der den Beamten aus den Fotobüchern der Konzerne entgegenstarrte.
Schließlich winkte der Lizenzkontrolleur ihn durch. Lalji nickte höflich und setzte seinen Weg fort. Sein Nadelboot war ganz unten an der Ufertreppe festgemacht. In der Mitte des Stroms schlingerten tief im Wasser liegende Getreidefrachter vorbei.
Obwohl auf dem Fluss reger Verkehr herrschte, war das noch nichts im Vergleich mit der Erntezeit. Dann würde der Mississippi voller Kalorien sein, die flussabwärts trieben, und alle würden sie aus Dörfern wie diesem stammen. Frachtkähne würden sämtliche Verkehrswege verstopfen – den Missouri, den Illinois, den Ohio und Tausende von kleineren Nebenflüsschen. Ein Teil der Kalorien würde nur bis St. Louis gelangen und von den Megodonten verschlungen und zu Joule verarbeitet werden, aber der Rest, der Löwenanteil, würde nach New Orleans weiterschwimmen, wo die Klipper und Luftschiffe der großen Kalorienkonzerne das wertvolle Getreide an Bord nehmen würden. Dann würden sie vom Passat übers Meer befördert werden, gerade rechtzeitig zur Pflanzzeit, damit die Welt weiterhin etwas zu essen hatte.
Lalji schaute zu, wie die Frachter, ganz aufgedunsen von ihrem Reichtum, langsam vorbeiglitten. Dann hievte er die Spannfeder wieder hoch und sprang an Bord seines Nadelboots.
Creo lag noch immer genauso auf Deck, wie Lalji ihn verlassen hatte. Sein muskulöser Körper glänzte in der Sonne – ein blonder Arjuna, der darauf wartete, in die Schlacht zu ziehen. Seine Cornrows waren wie ein Heiligenschein um seinen Kopf herum ausgebreitet, die spitzen Knochensplitter lagen wie Wahrsagesteine auf den heißen Planken. Seine Augen blieben geschlossen, als Lalji an Bord sprang. Lalji stellte sich vor ihn hin, sodass sein Schatten auf ihn fiel. Ganz langsam öffnete der junge Mann die blauen Augen.
»Steh auf.« Lalji ließ die Feder auf Creos Bauch fallen.
Creo schnaubte kurz und schloss dann die Arme darum. Ohne sich anzustrengen, setzte er sich auf.
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