Vorsicht Niemandsland
1.
Genaugenommen hatten wir unseren Erfolg nur dem Mann mit den guten Augen zu verdanken. So hatten wir Pater Fernando unter uns genannt.
»Der Mann mit den guten Augen« – eine zwar etwas ungebräuchliche Titulierung, die aber aus einem Gefühl der Hochachtung und des Respekts entstanden war. Schließlich hatte Pater Fernando etwas erreicht, was vor ihm noch niemand geschafft hatte.
Eines Tages war er still und völlig unauffällig in der gewaltigsten Abwehrfestung der Neuzeit erschienen; im tausendfältig abgesicherten Hauptquartier der Geheimen-Wissenschaftlichen-Abwehr.
Was mir, besonders aber dem Chef der GWA, Vier-Sterne-General Arnold G. Reling, als völlig unmöglich erschienen war, hatte der Pater in kürzester Zeit geschafft. Er hatte das HQ im Sturm erobert. General Reling hatte vergeblich nach Ausflüchten und sogenannten »Argumenten der Vernunft« gesucht. Schließlich hatte er sich in seiner Ratlosigkeit meiner erinnert und den so zielstrebig vorgehenden Jesuiten-Pater an meine Adresse verwiesen.
Profeß Fernando hatte sich aber durch die Tücken des Dienstweges nicht aufhalten lassen. Ehe seine hochgewachsene, hagere Gestalt auf den Bildflächen unserer Überwachungsgeräte erschien, war mir durch die Rohrpost des HQ ein dunkelblauer Aktendeckel zugestellt worden, auf dem in roten Buchstaben die Bezeichnung »Geheime Kommandosache, streng vertraulich« stand.
Mit seinen markanten Schriftzügen hatte der Alte hinzugefügt:
»Zur Bearbeitung an Major HC-9, Chef GWA-Raumkorps. Sehen Sie zu, daß Sie dem Geistlichen die unausführbaren Ideen ausreden. Legen Sie eine Aktennotiz an. Für Ihre Entscheidung erhalten Sie alle Vollmachten.«
Damit hatte mir der Alte eine Sache aufgebürdet, von der ich bis dahin nichts wußte. Bis auf diese Notiz war der Ordner leer gewesen!
Während ich noch stirnrunzelnd über den Sinn dieser Mitteilung nachdachte, hatte Pater Fernando bereits den Vorraum meines Arbeitszimmers betreten. Augenblicke später saß er mir gegenüber, und ich blickte in seine Augen, von denen eine seltsame Faszination ausging.
Sie waren groß und dunkel; rätselhaft wie ein ruhiger Kratersee und von einem unbestimmbaren Leuchten erfüllt, das mich in meinem tiefsten Inneren unsicher machte.
Er wäre an den Chef des GWA-Raumkorps verwiesen worden, ließ er mich wissen und fragte, ob ich Major HC-9 wäre?
Das konnte ich schlecht abstreiten, zumal ich als aktiver GWA-Agent Zivilkleidung trug und außerdem die vorgeschriebene Dienstmaske angelegt hatte. Auch Pater Fernando gegenüber bestand der strikte Befehl, niemals das wahre Gesicht zu zeigen. Ich konnte es nicht ändern.
Sekunden später war ich vor Überraschung beinahe vom Stuhl gefallen. Dieser hagere Mann mit den unergründlichen Augen hatte nicht mehr und nicht weniger vor, als auf dem Planeten Mars eine Missionsstation zu gründen, was nach der Errichtung eines von Erdenmenschen besetzten Stützpunktes unerläßlich sei.
Ich begann beschwörend auf ihn einzureden und wies auf die unglaublichen Gefahren hin. Außerdem deutete ich an, daß die strapaziöse Raumreise zum Roten Planeten vorläufig den hochspezialisierten Wissenschaftlern, Technikern und Soldaten der Raumgarde vorbehalten sein müsse. Ich erwähnte, daß wir mit jedem Gramm Nutzlast zu rechnen hätten, da unsere Fernraumschiffe trotz der Plasma-Triebwerke noch längst nicht vollendet wären.
Da hatte mir Pater Fernando nachgewiesen, welch hervorragender Biologe er war! Ich begann verzweifelt zu schlucken, als er sehr nett und freundlich
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