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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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vulgäre Frauenzimmer, wie heißt sie doch – de Cominges –, nicht mal als Lakaien dulden, zumal mit seinem Gebiß. Sie soll, sagt man, eigenes Geld haben und es gegen Prozente ausleihen, ein feines Gewerbe. Dir, Praskowja, dir geb’ ich keine Schuld; du warst es nicht, die die Telegramme geschickt hat; und auch an dem Vergangenen möchte ich nicht rütteln. Ich weiß, daß du keinen einfachen Charakter hast – wie eine Wespe! Jeder Stich schwillt an, aber es tut mir leid um dich, und weißt du, warum: weil ich Katerina, deine Mutter, Gott hab sie selig, sehr gern gehabt habe. Willst du, dann lass hier alles liegen und stehen und komm mit mir. Du weißt ja doch nicht, wohin; und es schickt sich für dich auch nicht, mit denen hier zu bleiben. Moment!« winkte Babuschka ab, als Polina sich anschickte, ihr zu antworten. »Ich bin noch nicht fertig. Ich werde von dir nichts verlangen. Mein Moskauer Haus, du weißt es ja, ist ein Palais, du könntest eine ganze Etage für dich bewohnen und mich unten wochenlang nicht besuchen, wenn mein Charakter dir nicht behagt. Nun, willst du, oder willst du nicht?«
    »Gestatten Sie mir zuerst die Frage: Haben Sie wirklich vor, sogleich abzureisen?«
    »Seh’ ich etwa so aus, als würde ich scherzen, meine Liebe? Ich habe es gesagt, und ich werde abreisen, gesagt – getan. Ich habe heute fünfzehntausend Rubelchen bei eurem verdammten Roulette verloren. Vor fünf Jahren hatte ich auf meinem Gut bei Moskau das Versprechen gegeben, die Holzkirche durch eine aus Stein zu ersetzen, und habe nun statt dessen hier das Geld durchgebracht. Jetzt, meine Liebe, fahr’ ich hin, um die Kirche zu bauen.«
    »Und die Heilquellen, Babuschka? Sind Sie nicht gekommen, um eine Kur zu machen?«
    »Geh mir mit deiner Kur. Reiz mich nicht, Praskowja; oder tust du es mit Absicht? Antworte: Kommst du mit oder nicht?«
    »Ich danke Ihnen sehr, Babuschka, sehr«, begann Polina mit tiefem Ernst, »für die Zuflucht, die Sie mir bieten. Sie erkennen meine Lage weitgehend richtig. Ich bin Ihnen so dankbar, daß ich, versichere ich Ihnen, möglicherweise sogar sehr bald kommen werde; aber jetzt gibt es Gründe … wichtige Gründe; … die es mir unmöglich machen, auf der Stelle, in diesem Augenblick, mich dazu zu entscheiden. Wenn Sie wenigstens noch zwei Wochen hier blieben …«
    »Das heißt also, du willst nicht?«
    »Das heißt also, ich kann nicht. Zumal ich unter keinen Umständen meinen Bruder und meine Schwester hier verlassen könnte, und da … da … da es tatsächlich so weit kommen könnte, daß sie völlig verlassen zurückbleiben müßten, so … wenn Sie mich mit den Kleinen aufnehmen würden, werde ich selbstverständlich zu Ihnen, Babuschka, kommen und alles dafür tun, um Ihren Großmut zu verdienen!« fügte sie mit Wärme hinzu. »Aber ohne die Kinder kann ich es nicht, Babuschka.«
    »Nur nicht flennen!« (Polina dachte nicht im entferntesten daran, zu flennen, sie weinte überhaupt nie.) »Auch für die Küken wird sich Platz finden, der Hühnerstall ist groß genug. Übrigens, es wird für sie bald Zeit, in die Schule zu gehen. Nun, dann kommst du also jetzt nicht mit? Aber paß auf, Praskowja! Ich meine es gut mit dir, aber ich weiß, warum du jetzt nicht mitkommst. Alles weiß ich, Praskowja! Von diesem Franzmann hast du nichts Gutes zu erwarten.«
    Polina wurde feuerrot. Ich zuckte förmlich zusammen. (Alle wußten es! Ich war also der einzige, der nichts wußte!)
    »Schon gut, schon gut, du brauchst nicht die Stirn zu runzeln. Ich werde nichts breittreten. Aber nimm dich in acht, damit es kein Unglück gibt, verstehst du? Du bist ein gescheites Mädchen; du tätest mir leid. Und jetzt genug, am besten kommt ihr mir jetzt aus den Augen! Geh! Leb wohl!«
    »Ich möchte Sie noch weiter begleiten, Großmutter«, sagte Polina.
    »Nicht nötig; du störst, und außerdem hab’ ich euch alle satt.« Polina küßte Babuschka die Hand, aber diese zog die Hand zurück und küßte sie auf die Wange.
    Als Polina an mir vorüberging, streifte sie mich mit einem Blick und sah sofort wieder zur Seite.
    »So, und leb wohl auch du, Alexej Iwanowitsch! Mir bleibt nur noch eine Stunde bis zur Abfahrt. Und auch du bist meiner müde geworden, glaube ich. Hier, nimm diese fünfzig Goldstücke.«
    »Ergebensten Dank, Babuschka, aber es ist mir peinlich …«
    »Schon gut, schon gut«, schrie mich Babuschka an, aber so energisch und drohend, daß ich mich nicht zu weigern wagte und das

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