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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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gewinnen. Setz!«
    Wir setzten und verloren.
    »Setz, setz, setz alle acht!«
    »Geht nicht, Babuschka, der größte Einsatz ist viertausend!«
    »Nun, dann setz viertausend!«
    Diesmal gewannen wir. Babuschka lebte auf.
    »Siehst du, siehst du!« Sie stieß mich wiederholt. »Setz wieder vier!«
    Wir setzten – und verloren; dann verloren wir wieder und wieder.
    »Babuschka, alle zwölftausend sind weg«, meldete ich.
    »Ich sehe sehr wohl, daß sie alle weg sind«, sagte sie gelassen, es war die Ruhe vor dem Sturm, wenn man so sagen will. »Ich sehe es, ich sehe es sehr wohl«, murmelte sie mit einem starren Blick, als überlege sie. »Ach! Und koste es mein Leben, aber setz noch einmal viertausend Gulden!«
    »Es ist kein Geld mehr da, Großmutter; hier in der Brieftasche sind nur noch Wertpapiere zu fünf Prozent und irgendwelche Überweisungen, aber kein bares Geld.«
    »Und im Portemonnaie?«
    »Nur Kleingeld, Babuschka.«
    »Gibt es hier Wechselstuben? Man hat mir gesagt, daß alle unsere Papiere gewechselt werden können«, fragte die Großmutter entschlossen.
    »Oh, so viele Sie wünschen! Aber Sie werden dabei so viel verlieren, daß … daß selbst ein Jude sich entsetzen würde!«
    »Unsinn! Ich werde gewinnen! Bring mich hin! Ruf diese Holzköpfe her!«
    Ich schob den Rollstuhl hinaus, die Träger erschienen, und wir verließen das Casino.
    »Schneller, schneller, schneller«, kommandierte die Großmutter. »Zeig uns den Weg, Alexej Iwanowitsch, möglichst den kürzesten … ist es weit?«
    »Ein paar Schritte, Babuschka.«
    Aber als wir aus dem Square in die Allee einbiegen wollten, begegneten wir unserer ganzen Gesellschaft: dem General, des Grieux, Mademoiselle Blanche samt ihrer Maman. Polina Alexandrowna war nicht dabei, Mister Astley ebenfalls nicht.
    »Nu, nu, nu! Nicht stehenbleiben!« rief Großmutter. »Nu, was wollt ihr eigentlich? Ich habe jetzt keine Zeit für euch!«
    Ich folgte dem Rollstuhl; des Grieux war mit einem Satz neben mir.
    »Den ganzen Gewinn vom Vormittag und weitere zwölftausend verspielt. Wir sind unterwegs, um weitere Wertpapiere zu fünf Prozent flüssig zu machen«, flüsterte ich eilig.
    Des Grieux stampfte auf und stürzte auf den General zu, um ihn zu unterrichten. Wir setzten unseren Weg mit der Großmutter fort.
    »Halten Sie sie auf, halten Sie sie auf!« flüsterte mir der General völlig außer sich zu.
    »Versuchen Sie doch, sie zurückzuhalten«, flüsterte ich zurück.
    »Liebe Tante!« Der General kam näher. »Liebe Tante … wir wollen gleich … wir wollen gleich …«, seine Stimme zitterte und versagte, »eine Kutsche mieten und ins Grüne fahren … Die entzückendste Aussicht … ein Point … wir sind unterwegs, um Sie einzuladen!«
    »Ach was, bleib mir vom Leibe samt deinem Point!« Babuschka winkte gereizt ab.
    »Dort ist ein Dörfchen … wir werden dort den Tee nehmen …«, fuhr der General fort, nun völlig verzweifelt.
    » Nous boirons du lait, sur l’herbe fraîche «, fügte des Grieux mit animalischer Grausamkeit hinzu.
    » Du lait, de l’herbe fraîche « – das ist der Inbegriff dessen, was der Pariser Bourgeois als ideale Idylle in seiner Seele trägt; darin liegt, wie bekannt, alles, was er unter » la nature et la vérité !« versteht.
    »I-i-i, lass mich mit deiner Milch in Frieden! Sauf sie selber, ich bekomme davon nichts als Leibschmerzen. Was wollt ihr eigentlich von mir?!« schrie Babuschka. »Ich hab’ doch gesagt, ich habe keine Zeit!«
    »Wir sind da, Babuschka!« rief ich. »Hier ist es!«
    Wir waren vor das Haus gerollt, in dem sich die Wechselstube befand. Ich ging hinein, um zu wechseln; die Großmutter wartete vor dem Eingang. Des Grieux, der General und Blanche waren ein paar Schritt zurückgeblieben, ahnungslos, was zu tun sei. Die Babuschka warf ihnen einen zornigen Blick zu, und sie setzten sich in Bewegung, auf dem Weg zum Kurhaus.
    Der Kurs, zu dem man mir die Wertpapiere berechnen wollte, war so unverschämt, daß ich mich nicht entschließen konnte und zur Babuschka zurückkehrte, um mir weitere Instruktionen zu erbitten.
    »Oh, diese Räuber!« rief sie und schlug die Hände zusammen. »Nun, gleichviel! Mach’s!« rief sie entschlossen. »Moment, ruf mir doch mal diesen Bankier heraus!«
    »Vielleicht einen seiner Clerks, Babuschka?«
    »Dann eben einen dieser Clerks. Diese Räuber!«
    Der Clerk erklärte sich bereit, meiner Bitte zu folgen, nachdem ich ihm gesagt hatte, daß es sich um eine

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