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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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orangeroter Blitze, die noch minutenlang auf Charitys Netzhaut nachleuchteten. Vorsichtig nahm sie die Hände herunter. Sie konnte undeutlich sehen: Es gab keine Farben, und die Gestalten der anderen waren wie schwarze Scherenschnitt-Silhouetten, die sich auf völlig falsche Weise bewegten. Der Boden unter ihr zuckte und zitterte noch immer, und das Kreischen der überlasteten Maschinen hatte keineswegs aufgehört, sondern nur eine Höhe erreicht, in dem sie es nicht mehr hören konnte – aber sie spürte es, ein schmerzhaftes Vibrieren und Beben, wie ein lautloser Schrei, der jede Faser ihres Körpers zum Schwingen brachte. Stöhnend versuchte sie sich aufzurichten, doch in diesem Moment ging ein neuerlicher, furchtbarer Ruck durch das Schiff. Charity verlor den Boden unter den Füßen, flog sich überschlagend durch die Zentrale und prallte gegen Stone, der mit einem Schmerzensschrei zu Boden ging. Halb betäubt brach sie über ihm zusammen, griff blindlings um sich und öffnete die Augen. Ihr Blick fiel auf den Bildschirm. Wie durch ein Wunder hatte das Instrument die Lichtflut überstanden, so daß sie sehen konnte, daß sich der Gleiter nicht mehr im freien Raum aufhielt. Was sie jedoch nicht sehen konnte war, wo sie waren. Rings um das Schiff tobte ein unvorstellbares Chaos. Gleißende Lichtblitze zuckten über den Monitor, Flammen, grelle Explosionen und irrlichternde … Dinge, die sie auf unheimliche Weise an etwas erinnerten, ohne daß sie sagen konnte, woran. Sie fand auch keine Gelegenheit, darüber nachzudenken, denn das Chaos schien erst richtig zu beginnen. Das Schiff torkelte, drehte sich um seine Längsachse und raste für eine entsetzliche Sekunde in Rückenlage dahin, ehe die Automatik den Gleiter wieder auf Kurs brachte. Irgend etwas traf den Rumpf und bohrte sich hinein; Charity konnte das furchtbare Knirschen auseinanderbrechenden Metalls hören und einen Chor von schrillen Schreien, ohne im ersten Moment zu begreifen, wer es war, der dort schrie. Mit heulenden Triebwerken, einen Schleier aus Feuer und Glut hinter sich herziehend, näherte sich der Gleiter dem Boden, sprang wie ein flach geworfener Stein wieder in die Höhe und prallte ein zweites Mal und mit noch größerer Wucht auf. Diesmal schafften es die Schockabsorber nicht, die Erschütterung zu dämpfen. Eine unsichtbare Faust traf Charity und preßte sie gegen Stone. Sein Schrei war nurmehr ein ersticktes Keuchen. Sie spürte, wie er unter ihr erschlaffte, und für einen Moment schwanden auch ihr die Sinne. Aber es konnten nur Augenblicke gewesen sein, denn das Schiff war noch nicht einmal zur Ruhe gekommen, als ihr Bewußtsein zurückkehrte. Splitter und Rauch und grelle Flammen schienen auf den Monitor zuzurasen, und plötzlich sah sie einen riesigen schwarzen Schatten, der das Schiff regelrecht anzuspringen schien. Völlig unsinnig riß sie in einer instinktiven Bewegung, die sie nicht unterdrücken konnte, die Arme vor das Gesicht und spannte sich. Der Aufprall war grauenhaft. Metall zerbarst. Der Monitor zerbrach, und anstelle der Bilder von Flammen brach wirkliches Feuer aus der Wand über dem Steuerpult. Sie konnte regelrecht spüren, wie sich das Schiff unter ihnen verformte. Irgend etwas explodierte, und für eine Sekunde fiel die Beleuchtung aus und wurde dann vom unheimlich gelben Schein der Notbeleuchtung ersetzt. Und von einer Sekunde auf die andere war es still. Nach dem Höllenlärm, der ihre Ohren gepeinigt hatte, tat die Stille fast weh. Charity sah die Flammen, die aus dem zerborstenen Monitor schlugen, aber sie hörte ihr Prasseln nicht, sie sah, wie sich dicht neben ihr eine schlanke Gestalt mit zu vielen Gliedern und falschen Bewegungen aufzurichten versuchte, und dann streifte ihr Blick Skudders Gesicht. Sein Mund bewegte sich, aber sie hörte nichts. Was dem furchtbaren Licht nicht gelungen war, hatte der Lärm geschafft: Sie war nicht blind, aber taub. Panik drohte sie zu überwältigen, aber es gelang ihr, sie niederzukämpfen. Benommen stemmte sie sich in die Höhe und erinnerte sich wieder daran, Stone bei ihrem Anprall von den Füßen gerissen zu haben. Sie sah auf ihn herab und stellte erleichtert fest, daß er nicht ernsthaft verletzt zu sein schien. Sein Gesicht war verzerrt. Er blutete, und seine Lippen bewegten sich, als er irgend etwas sagte, aber Charity verstand ihn nicht. Sie hörte noch immer absolut nichts. Dafür sah sie im nächsten Moment etwas, das so bizarr war, daß sie es

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