Der Spinnenkrieg
Widerwillen, griff fester zu und zog die Hand schließlich zurück. In ihren Fingern glitzerte ein dünnes, netzartiges Gebilde, das Schläfen und Hinterkopf des Moroni bedeckt hatte. »Was hast du da?« fragte Skudder und beugte sich neugierig vor. Charity stand auf, zuckte mit den Schultern und hielt das Netzgewebe am ausgestreckten Arm so weit von sich fort, wie sie nur konnte. »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie. »Oder vielleicht doch.« Plötzlich schloß sie die Faust um das Netz, zog die Hand an den Körper zurück und ließ ihren Fund in der Jackentasche verschwinden. Skudder blickte verwirrt. »Komm«, sagte sie entschlossen, »ich will mir noch ein paar von den anderen ansehen. Und wenn ich das finde, was ich vermute, dann wird mir Governor Stone eine ganze Menge Fragen beantworten müssen.«
*
Nichts geschah. Hartmann drückte noch einmal ab, aber es erklang nur ein leises, metallenes Klicken. Verzweifelt und zornig zugleich senkte er die Waffe, drehte sie herum – und starrte fassungslos auf das, was vor Momenten noch ein funktionierendes Lasergewehr gewesen war. Doch was Hartmann nun in der Hand hielt, das war ein stark verändertes Gewehr. Die Waffe war nicht etwa beschädigt worden, der Lauf war lediglich gekappt worden. Wo die klobige Zielautomatik samt der Energiekontrolle und des Nachtsichtgerätes gewesen waren, da begann jetzt übergangslos der Gewehrlauf. Hartmann schrie und ließ die Waffe fallen, als wäre das Metall plötzlich glühend heiß geworden. Er prallte ein Stück zurück. Er stieß unsanft mit dem Hinterkopf gegen eines der Instrumente, die von der niedrigen Decke hingen und drehte sich in der Hocke herum. Sein Herz stockte. Eine unsichtbare, eisige Hand schien sich um seinen Hinterkopf zu legen und ihn zusammenzupressen. Hinter ihm stand ein Gespenst. Hartmann hatte weder Net noch Kyle von seinem unheimlichen Erlebnis erzählt, aber die Gestalt stand vor ihm, groß, in ein unheimliches, inneres grünes Licht getaucht und so transparent, daß er die Umrisse der Gegenstände dahinter wie durch einen Vorhang aus grün leuchtendem Wasser erkennen konnte. Er konnte spüren, wie sich jedes Haar auf seinem Körper aufrichtete. Seine Gesichtshaut spannte sich und begann zu prickeln, als befinde er sich in der Nähe einer starken elektrischen Quelle, und plötzlich raste sein Puls. Er bekam kaum noch Luft. Aus hervorquellenden Augen starrte er die Gestalt an, und obwohl er ihr Gesicht nicht erkennen konnte, spürte er irgendwie, daß sie seinen Blick erwiderte. Dann hob die Gestalt die Hand und trat auf ihn zu. Hartmann rührte sich nicht, sondern hockte gelähmt und starr da, und das Gespenst führte die Bewegung nicht zu Ende, sondern verhielt seine grün leuchtende, transparente Hand ein kurzes Stück vor seinem Gesicht. Es schien einen Moment zu überlegen – und zog die Hand dann wieder zurück. Hartmann wußte, daß er vor Angst gestorben wäre, hätte das Gespenst ihn berührt. Einen letzten Moment noch stand das Gespenst da und blickte ihn an, dann drehte es sich um und trat mit einem Schritt in die Wand des Maschinenraumes hinein und war verschwunden. Hartmann starrte die Stelle an, an der es gestanden hatte. Er war wie gelähmt, unfähig, zu denken und irgend etwas zu fühlen. So fanden ihn die Moroni, die eine Viertelstunde später den Eingang zur Steuerzentrale des Gleiters aufschweißten und zu ihm herunterkamen. Er wehrte sich nicht, als sie ihn ergriffen und fortschleppten.
Ende des achten Teils
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