Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
Vom Netzwerk:
las das Nummernschild, ging hin und rief durch die Scheibe:
    »Sind Sie von Clements?« Der Fahrer schreckte hoch und fragte:
    »Mr. Thomas?«
    »Nein«, antwortete Leamas. »Thomas konnte nicht kommen. Ich bin Amies aus Hounslow.«
    »Steigen Sie ein, Mr. Amies«, erwiderte der Fahrer und machte die Tür auf. Sie fuhren Richtung King's Road. Der Fahrer kannte den Weg.
    Der Chef öffnete die Tür. »George Smiley ist nicht da«, sagte er. »Ich habe sein Haus geliehen. Kommen Sie herein.«
    Erst als Leamas drinnen und die Eingangstür geschlossen war, schaltete der Chef das Licht in der Diele ein.
    »Ich wurde bis Mittag beschattet«, sagte Leamas. Sie gingen in den kleinen, mit Büchern gefüllten Wohnraum. Es war ein hübsches Zimmer, an der hohen Decke waren Stuckarbeiten aus dem 18. Jahrhunden, es hatte hohe Fenster und einen guten Kamin.
    »Sie haben heute morgen Kontakt mit mir aufgenommen. Ein Mann namens Ashe.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Ein Schwuler. Wir treffen uns morgen wieder.«
    Der Chef hörte sich die Geschichte von Leamas Etappe für Etappe aufmerksam an, beginnend bei dem Tag, an dem Leamas den Krämer niedergeschlagen hatte, bis zur Begegnung mit Ashe.
    »Wie war's im Gefängnis?« erkundigte sich der Chef. Genausogut hätte er fragen können, ob Leamas einen angenehmen Urlaub verbracht hatte. »Es tut mir leid, dass wir Ihnen nicht mit kleinen Sondergeschichten gewisse Erleichterungen verschaffen konnten, aber das wäre ungeschickt gewesen.«
    »Natürlich!«
    »Man muß konsequent sein. Bei jeder Wende muß man konsequent sein. Außerdem wäre es falsch, den Reiz der Echtheit zu zerstören. Ich habe gehört, dass Sie krank waren. Das tut mir leid. Was war es?«
    »Nur Fieber.«
    »Wie lange waren Sie im Bett?«
    »Ungefähr zehn Tage.«
    »Wie unangenehm! Und niemand, der Sie versorgt hat, natürlich?«
    Es entstand eine lange Pause.
    »Sie wissen, dass sie in der Partei ist, wie?« fragte der Chef ruhig.
    »Ja«, entgegnete Leamas. Wieder Schweigen. »Ich wünsche nicht, dass sie da hineingezogen wird.«
    »Warum sollte sie?« fragte der Chef scharf. Leamas dachte für einen Augenblick, freilich nicht länger als einen Augenblick, er habe die Fassade fast wissenschaftlicher Unbeteiligtheit durchdrungen.
    »Wer sagt, dass sie hineingezogen werden sollte?«
    »Niemand«, erwiderte Leamas. »Ich weise nur darauf hin. Ich weiß, wie solche Dinge laufen - alle Operationen mit Angriffscharakter. Sie erzeugen unvorhergesehene Nebenwirkungen, machen plötzliche Wendungen in unerwarteter Richtung, man glaubt, dass man den einen Fisch gefangen hat, und entdeckt, dass es ein anderer ist. Ich wünsche, dass sie aus der Sache herausgehalten wird.«
    »Oh, gewiß, gewiß.«
    »Wer ist dieser Mann auf dem Arbeitsamt - Pitt? War er nicht während des Krieges im Rondell?«
    »Ich kenne niemanden dieses Namens. - Pitt, sagten Sie?«
    »Ja.«
    »Nein. Mir unbekannt. Im Arbeitsamt?«
    »Ja doch! Himmel noch mal!« sagte Leamas gereizt.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte der Chef und stand auf. »Ich vernachlässige meine Pflichten als stellvertretender Gastgeber. Wollen Sie etwas trinken?«
    »Nein. Ich will noch heute hier weg, Chef. Ich möchte aufs Land und mir etwas Bewegung machen. Ist das Haus offen?«
    »Ich habe einen Wagen bestellt«, sagte er. »Um welche Zeit treffen Sie morgen Ashe - ein Uhr?«
    »Ja.«
    »Ich werde nun Haldane anrufen und ihm sagen, dass Sie etwas Fruchtsaft wünschen. Sie würden auch besser einen Arzt aufsuchen. Wegen des Fiebers.«
    »Ich brauche keinen Arzt.«
    »Wie Sie wollen.«
    Der Chef schenkte sich einen Whisky ein und begann uninteressiert die Bücher in Smileys Bücherschrank anzusehen.
    »Warum ist Smiley nicht hier?« fragte Leamas.
    »Er mag die Sache nicht«, antwortete der Chef gleichgültig. »Er findet sie widerwärtig. Er sieht zwar die Notwendigkeit ein, will aber nichts damit zu tun haben.« Mit einem sonderbaren kleinen Lächeln fügte der Chef hinzu: »Sein Fieber läßt merklich nach.«
    »Man kann nicht sagen, dass er mich mit offenen Armen empfing.«
    »Ganz recht. Er will nicht teilnehmen. Aber er hat Ihnen von Mundt erzählt und Ihnen den Hintergrund geschildert?«
    »Ja.«
    »Mundt ist ein sehr harter Mann«, sagte der Chef nachdenklich. »Wir sollten das nie vergessen. Und ein hervorragender Abwehrspezialist.«
    »Weiß Smiley den Grund für die Operation? Kennt er die besondere Bedeutung?«
    Der Chef nickte und nahm einen Schluck

Weitere Kostenlose Bücher