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Der Spion, der mich jagte - Green, S: Spion, der mich jagte - The Spy Who Haunted Me

Titel: Der Spion, der mich jagte - Green, S: Spion, der mich jagte - The Spy Who Haunted Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ruhig. Es sind immer die stillen Wasser, die tief sind.
    »Nun«, sagte ich, und jeder sah mich an. »Ich bin dran. Eine Geschichte von den Droods. Und dem Chaos, das wir manchmal aufräumen.
    Vor ein paar Jahren sollte ich in einer seltsamen Reihe von Morden ermitteln, die sich in einer der ruhigsten und gesetzestreuesten Vorstädte Londons ereignet hatten. Seltsamerweise war es so, dass man zwar für jeden der Morde dieselbe Täterin ermittelt hatte, aber dieses Individuum jedes Mal ein hieb- ­und stichfestes Alibi für jeden einzelnen Mord vorweisen konnte. Zur gleichen Zeit starben die Opfer auf schreckliche Weise. Die Frau, die von Dutzenden Zeugen als die Mörderin identifiziert worden war, befand sich offiziell woanders, umgeben von Freunden und war zudem von Überwachungskameras eindeutig aufgezeichnet worden. Obwohl alle möglichen forensischen Indizien die Frau mit den Morden verbanden, gab es ums Verrecken keine Möglichkeit, dass sie es getan haben konnte. Außer sie wäre ein Zwilling gewesen. Was sie nicht war. Das hatte ich zuerst überprüft.
    Die Polizei konnte nichts tun. Also übernahm ich.
    Ich machte mich mit allen Informationen vertraut, las alle Akten, überprüfte die Beweise, schloss Klone aus - und überwachte die Frau aus sicherer Entfernung, indem ich mich in ihr langweiliges, alltägliches Vorstadtleben vertiefte. Eine stille, reservierte Lady mittleren Alters, mit einem netten Haus und einem netten Leben und nicht einem Feind in der Welt. Ein Exmann, mit dem sie gut auskam. Keine Kinder. Ein langweiliger, aber gut bezahlter Job. Kein Doppelleben irgendwelcher Art. Keine dunklen Geheimnisse und sicher kein Grund, irgendjemanden brutal zu töten und sieben Leute zu zerstückeln. Das einzig Auffällige in ihrer Akte war so normal, dass man es kaum als auffällig bezeichnen konnte: Für eine kurze Zeit früher in dem bewussten Jahr hatte sie Unterricht in Meditation genommen.
    Als ich mir das genauer ansah, fand ich endlich etwas heraus, das nicht in den Akten stand. Sie hatte den Meditationskurs abgebrochen, weil er ihr nichts gebracht hatte. Aber sie zog von Kurs zu Kurs, als suche sie etwas. Und sie landete schließlich als Mitglied in einer sehr unauffälligen, sehr unbemerkten und wirklich außergewöhnlich extremen Gruppe, die sich mit der Erforschung der tiefsten, dunkelsten Regionen des menschlichen Verstandes befasste. Extremer Glauben, extreme Praktiken und gelegentlich sogar extreme Ergebnisse. Gott allein weiß, wie eine so stille kleine Seele in so einer Gruppe landen konnte. Vielleicht dachte jemand, das sei lustig.
    Wenn das der Fall war, war sie wohl diejenige, die lachte, denn mein schüchternes kleines Fräulein fühlte sich in diesen neuen Disziplinen wohl wie ein Fisch im Wasser. Zuerst war es schwer, jemanden in der Gruppe davon zu überzeugen, mit mir zu reden. Aber es ist erstaunlich, wie überzeugend ich sein kann, wenn ich mit meiner gerüsteten Hand jemanden an den Eiern habe. Es stellte sich heraus, dass die Gruppe sie hinausgeworfen hatte, weil sie Angst vor ihr bekam. Angst vor dem, was sie erreicht hatte. Sie war tiefer in ihren eigenen Verstand eingedrungen, als jeder andere das geschafft hatte. Und als sie wiederkam, brachte sie ... etwas mit.
    Muss ich wirklich noch sagen, dass die Mordopfer alle Mitglieder dieser Gruppe gewesen waren?
    Ich konfrontierte die Frau in ihrem netten kleinen Haus. Zeigte ihr meine Rüstung, beruhigte sie und erklärte ihr, wer und was ich war. Sagte ihr, dass ich hier sei, um ihr zu helfen, wenn ich könnte. Aber sie müsse ehrlich sein mit mir. An dieser Stelle brach sie in Tränen aus. Aber es waren Tränen der Erleichterung. Vielleicht war es meine sichere Ausstrahlung oder meine beeindruckende Rüstung, aber ich denke, sie wollte es unbedingt jemandem erzählen. Jemandem, der ihr glaubte.
    In der Gruppe, mit der sie gearbeitet hatte, war es darum gegangen, die eigenen inneren Dämonen zu erkennen und sich damit zu konfrontieren, sodass sie kontrolliert oder exorziert werden konnten. Aber etwas ging schief. Sie erforschte ihr Unbewusstes zu tief, ging an dunkle Orte, von denen die meisten nicht einmal zugeben würden, dass sie existieren, und sah sich allen üblen, selbstsüchtigen Impulsen des Freudschen ›Es‹ gegenüber: allen Ungeheuern des Bewusstseins. Sie brachte sie hinauf ans Licht und bannte sie aus ihrem Inneren, erschrocken, dass jemand so Nettes wie sie so etwas Schlimmes in sich tragen konnte. Aber war sie erst

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