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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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Quitzows und die, die’s sein wollen, rufen die Pommern ins Land, und hier auf diesem alten Cremmer Damm stoßen sie zusammen, und die paar, die da fallen, das sind eben die Schwaben, die’s gewagt hatten und mit in den Kahn gestiegen waren. Allen vorauf aber ein Graf, so ein Herr in mittleren Jahren. Der fiel zuerst und versank in den Sumpf, und da liegt er. Das heißt, sie haben ihn rausgeholt, und nun liegt er in der Klosterkirche. Und dieser eine, der da voran fiel, der hieß Hohenlohe.«
    »Ja, Czako, das weiß ich ja alles. Das steht ja schon im Brandenburgischen Kinderfreund. Sie denken aber immer, Sie haben so was allein gepachtet.«
    »Immer vorsichtig, Rex; im Kinderfreund steht es. Gewiß. Aber was steht nicht alles - von Kinderfreund gar nicht zu reden - in Bibel und Katechismus, und die Leute wissen es doch nicht. Ich zum Beispiel. Und ob es nun drin steht oder nicht drin steht, ich sage nur: so hat es angefangen, und so läuft der Hase noch. Oder glauben Sie, daß der alte Fürst, der jetzt dran ist, daß der zu seinem Spezialvergnügen in unser sogenanntes Reichskanzlerpalais gezogen ist, drin die Bismarckschen Nachfolger, die sich wahrhaftig nicht darnach drängten, ihre Tage vertrauern? Ein Opfer ist es, nicht mehr und nicht weniger, und ein Opfer bringt auch der alte Fürst, gerade wie der, der damals am Cremmer Damm als erster fiel. Und ich sage Ihnen, Rex, das ist das, was mir imponiert; immer da sein, wenn Not an Mann ist. Die Kleinen von hier, trotz der ›Loyalität bis auf die Knochen‹, die mucken immer bloß auf, aber die wirklich Vornehmen, die gehorchen, nicht einem Machthaber, sondern dem Gefühl ihrer Pflicht.«
    Rex war einverstanden und wiederholte nur: »Schade, daß wir so spät an dem Denkmal vorbeikommen.«
    »Ja, schade«, sagte Czako. »Wir müssen es uns aber schenken. Im übrigen, denk’ ich, lassen wir in dem, was wir uns noch weiter zu sagen haben, die Hohenlohes aus dem Spiel. Andres liegt uns heute näher. Wie hat Ihnen denn eigentlich die Schmargendorf gefallen?«
    »Ich werde mich hüten, Czako, Ihnen darauf zu antworten. Außerdem haben Sie sie durch den Garten geführt, nicht ich, und mir war immer, als ob ich Faust und Gretchen sähe.«
    Czako lachte. »Natürlich schwebt Ihnen das andre Paar vor, und ich bin nicht böse darüber. Die Rolle, die mir dabei zufällt - der mit der Hahnenfeder ist doch am Ende ‘ne andre Nummer wie der sentimentale ›Habe-nun-ach-Mann‹ - diese Mephistorolle, sag’ ich, gefällt mir besser, und was die Schmargendorf angeht, so kann ich nur sagen: Von meiner Martha lass’ ich nicht.«
    »Czako, Sie münden wieder ins Frivole.«
    »Gut, gut, Rex. Sie werden unwirsch, und Sie sollen recht haben. Lassen wir also die Schmargendorf so gut wie die Hohenlohes. Aber über die Domina ließe sich vielleicht sprechen, und sind wir erst bei der Tante, so sind wir auch bald bei dem Neffen. Ich fürchte, unser Freund Woldemar befindet sich in diesem Augenblick in einer scharfen Zwickmühle. Die Domina liegt ihm seit Jahr und Tag (er hat mir selber Andeutungen darüber gemacht) mit Heiratsplänen in den Ohren, mutmaßlich weil ihr die Vorstellung einer stechlinlosen Welt einfach ein Schrecknis ist. Solche alten Jungfern mit einer Granatbrosche haben immer eine merkwürdig hohe Meinung von ihrer Familie. Freilich auch andre, die klüger sein sollten. Unsre Leute gefallen sich nun mal in der Idee, sie hingen mit dem Fortbestande der göttlichen Weltordnung aufs engste zusammen. In Wahrheit liegt es so, daß wir sämtlich abkommen können. Ohne die Czakos geht es nun schon gewiß, wofür sozusagen historisch-symbolisch der Beweis erbracht ist.«
    »Und die Rex?«
    »Vor diesem Namen mach’ ich halt.«
    »Wer’s Ihnen glaubt. Aber lassen wir die Rex und lassen wir die Czakos, und bleiben wir bei den Stechlins, will sagen bei unserm Freunde Woldemar. Die Tante will ihn verheiraten, darin haben Sie recht.«
    »Und ich habe wohl auch recht, wenn ich das eine heikle Lage nenne. Denn ich glaube, daß er sich seine Freiheit wahren will und mit Bewußtsein auf den Célibataire lossteuert.«
    »Ein Glauben, in dem Sie sich, lieber Czako, wie jedesmal, wenn Sie zu glauben anfangen, in einem großen Irrtum befinden.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Es kann nicht bloß sein, es ist. Und ich wundre mich nur, daß gerade Sie, der Sie doch sonst das Gras wachsen hören und allen Gesellschaftsklatsch kennen wie kaum ein zweiter, daß gerade Sie von dem allen kein

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