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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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Sterbenswörtchen vernommen haben sollen. Sie verkehren doch auch bei den Xylanders, ja, ich glaube, Sie da, letzten Winter, mal kämpfend am Büfett gesehen zu haben.«
    »Gewiß.«
    »Und da waren an jenem Abend auch die Berchtesgadens, Baron und Frau, und in lebhaftestem Gespräch mit diesem bayrischen Baron ein distinguierter alter Herr und zwei Damen. Und diese drei, das waren die Barbys.«
    »Die Barbys«, wiederholte Czako, »Botschaftsrat oder dergleichen. Ja, gewiß, ich habe davon gehört; aber ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, ihn und die Damen gesehen zu haben. Und sicherlich nicht an jenem Abend, wo ja von Vorstellen keine Rede war, die reine Völkerschlacht. Aber Sie wollten mir, glaube ich, von eben diesen Barbys erzählen.«
    »Ja, das wollt’ ich. Ich wollte Sie nämlich wissen lassen, daß Ihr Célibataire seit Ausgang vorigen Winters in eben diesem Hause regelmäßig verkehrt.«
    »Er wird wohl in vielen Häusern verkehren.«
    »Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, da das eine Haus ihn ganz in Anspruch nimmt.«
    »Nun gut, so lassen wir ihn bei den Barbys. Aber was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, daß in einem solchen Hause verkehren und sich mit einer Tochter verloben so ziemlich ein und dasselbe ist. Bloß eine Frage der Zeit. Und die Tante wird sich damit aussöhnen müssen, auch wenn sie, wie beinah gewiß, über ihr Herzblatt bereits anders verfügt haben sollte. Solche Dinge begleichen sich indessen fast immer. Unser Woldemar wird sich aber mittlerweile vor ganz andre Schwierigkeiten gestellt sehen.«
    »Und die wären? Ist er nicht vornehm genug? Oder mankiert vielleicht Gegenliebe?«
    »Nein, Czako, von ›mankierender Gegenliebe‹ wie Sie sich auszudrücken belieben, kann keine Rede sein. Die Schwierigkeiten liegen in was anderm. Es sind da nämlich, wie ich mir schon anzudeuten erlaubte, zwei Komtessen im Hause. Nun, die jüngere wird es wohl werden, schon weil sie eben die jüngere ist. Aber so ganz sicher ist es doch keineswegs. Denn auch die ältere, wiewohl schon über dreißig, ist sehr reizend und zum Überfluß auch noch Witwe - das heißt eigentlich nicht Witwe, sondern richtiger eine gleich nach der Ehe geschiedene Frau. Sie war nur ein halbes Jahr verheiratet, oder vielleicht auch nicht verheiratet.«
    »Verheiratet, oder vielleicht auch nicht verheiratet«, wiederholte Czako, während er unwillkürlich sein Pferd anhielt. »Aber Rex, das ist ja hoch pikant. Und daß ich erst heute davon höre und noch dazu durch Sie, der Sie sich von solchen Dingen doch zunächst entsetzt abwenden müßten. Aber so seid ihr Konventikler. Schließlich ist all dergleichen doch eigentlich euer Lieblingsfeld. Und nun erzählen Sie weiter, ich bin neugierig wie ein Backfisch. Wer war denn der unglücklich Glückliche?«
    »Sie meinen, wenn ich Sie recht verstehe, wer es war, der diese ältere Komtesse heiratete. Nun, dieser glücklich Unglückliche - oder vielleicht auch umgekehrt - war auch Graf, sogar ein italienischer (vorausgesetzt, daß Sie dies als eine Steigerung ansehn), und hatte natürlich einen echt italienischen Namen: Conte Ghiberti, derselbe Name wie der des florentinischen Bildhauers, von dem die berühmten Türen herrühren.«
    »Welche Türen?«
    »Nun, die berühmten Baptisteriumtüren in Florenz, von denen Michelangelo gesagt haben soll, ›sie wären wert, den Eingang zum Paradiese zu bilden‹. Und diese Türen heißen denn auch, ihrem großen Künstler zu Ehren, die Ghibertischen Türen. Übrigens eine Sache, von der ein Mann wie Sie was wissen müßte.«
    »Ja, Rex, Sie haben gut reden von ›wissen müssen‹. Sie sind aus einem großen Hause, haben mutmaßlich einen frommen Kandidaten als Lehrer gehabt und sind dann auf Reisen gegangen, wo man so feine Dinge wegkriegt. Aber ich! Ich bin aus Ostrowo.«
    »Das ändert nichts.«
    »Doch, doch, Rex. Italienische Kunst! Ich bitte Sie, wo soll dergleichen bei mir herkommen? Was Hänschen nicht lernt - dabei bleibt es nun mal. Ich erinnere mich noch ganz deutlich einer Auktion in Ostrowo, bei der (es war in einem kommerzienrätlichen Hause) schließlich ein roter Kasten zur Versteigerung kam, ein Kasten mit Doppelbildern und einem Opernkucker dazu, der aber keiner war. Und all das kaufte sich meine Mutter. Und an diesem Stereoskopenkasten, ein Wort, das ich damals noch nicht kannte, habe ich meine italienische Kunst gelernt. Die ›Türen‹ waren aber nicht dabei. Was können Sie da groß verlangen? Ich habe, wenn

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