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Der Stein - Hohler, F: Stein

Der Stein - Hohler, F: Stein

Titel: Der Stein - Hohler, F: Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Hohler
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Smeralda, die er auf den Knien hielt, seine neue Mitarbeiterin habe ihn für das Telefongespräch gecoacht.
    Die zwei Journalisten wussten nicht recht, was sie von dem Kätzchen im Büro und vom ungewohnt ironischen und aufgeräumten Tonfall des Präsidenten halten sollten, aber der Fotograf fragte nicht lange und schoss ein Bild nach dem andern vom Magistraten mit seinem Kätzchen und vergaß mit seinem Sucher auch nicht die Ecke mit
dem Futternapf und der Streue, welche inzwischen in einem Karton für A4-Blätter lag.
    Als ihn Frau Ehrismann später, nach der Signierstunde, fragte, wie es denn nun mit der jungen Katze weitergehen solle, sie könnte sie ihrer Schwester bringen, die sie gerne aufnähme, bedankte sich der Präsident und sagte, nein, er habe sich entschlossen, Smeralda mit nach Hause zu nehmen.
    Vergeblich malte ihm seine Sekretärin all die Abende aus, an welchen er die Katze allein lassen müsste, das schien den Präsidenten nicht zu kümmern, und auch der Frage, wie diese denn jeweils vom Büro in die Wohnung kommen werde, wenn er, wie meistens, gleich nach der Arbeit zu einem Anlass irgendwohin gehen müsse, wich er aus.
    Das werde sich schon machen lassen, sagte er, verglichen mit der Senkung der Gesundheitskosten sei das doch wohl ein kleines Problem und ob sie ihm morgen nochmals einen Futternapf ins Büro stellen könne, er nehme den hier in seine Wohnung mit, der sei aus Metall und glänze so schön.
    Frau Ehrismann resignierte. Gut, sagte sie dann, das müsse er wissen, sie gebe ihm ihre Einkaufstasche mit, in die sie den Napf stelle und auch ein bisschen Streue in einer Papiertüte, zusammen mit einem Karton, und, sagte sie leicht verlegen, eine Dose Katzenfutter mit Geflügel habe sie auch noch besorgt, die lege sie ihm hinein, dann könne er ja das Kätzchen für den Nachhauseweg ebenfalls in die Einkaufstasche setzen.

    Nachdem sie alles vorbereitet und sich verabschiedet hatte, blieb der Präsident noch etwas in seinem Büro sitzen, schaute seine Agenda an und dachte über den morgigen Tag nach, und zwar weniger über den Inhalt seiner Verpflichtungen, sondern darüber, was diese für Smeralda bedeuteten. Wo konnte sie dabei sein und wo nicht?
    Bei seinem Auftritt vor dem Parlament zum Kulturförderungsgesetz eher nicht, hingegen hatte er heute erfahren, wie auflockernd sich ihre Anwesenheit auf den Verlauf von Sitzungen und Besprechungen auswirkte. Oder würde sich das wieder ändern, sobald sich alle daran gewöhnt hätten? Und wenn sich in ein paar Wochen oder Monaten der Charme der jungen Katze verlöre?
    Daran mochte er jetzt nicht denken. Etwas an ihr rührte ihn mehr, als er verstehen konnte. Das Leben, in das sie eingedrungen war, sein Leben, war eine spröde Angelegenheit, manchmal kam es ihm vor, als spiele es sich zwischen den Deckeln seiner Agenda ab. Er war geschieden und steckte so tief in seiner Arbeit, dass er kaum noch Freunde hatte, mit denen er sich regelmäßig traf. Er war nicht sehr beliebt, wollte es auch nie sein. Politik, sagte er gelegentlich, solle man nicht machen, wenn man geliebt werden wolle. Und plötzlich war da ein Wesen, das ihn offensichtlich liebte, und zwar so sehr, dass es unbedingt bei ihm bleiben wollte.
    Er erhob sich und ging zur Tür, das Kätzchen sprang auf, ging mit und schaute zu ihm hoch.
    Er kniete sich nieder, blickte ihm in die Augen und kraulte es hinter den Ohren.

    »Na, mein Kleines, kommst du mit?« Smeralda miaute, er hob sie auf und ließ sie sanft in die Einkaufstasche gleiten. Dann nahm er die Tasche in die linke Hand, trat zum Büro hinaus und schloss die Tür ab.
    Erst unterwegs merkte er, dass er seine Mappe vergessen hatte, entschied sich aber, nicht umzukehren, da er heute Abend auch ohne die Unterlagen darin auskommen würde. Smeralda hielt sich schön still in der Tasche und machte keinen Versuch, hinauszukriechen. Offenbar hatte er sie von seinen guten Absichten überzeugt.
    Er vermied es, denselben Weg zu gehen, auf dem er am Morgen gekommen war, denn er fürchtete, das Kätzchen könnte beim Bistro wieder hinausspringen und dorthin zurückgehen, woher es gekommen war. Deshalb nahm er zwischen zwei Längsstraßen eine der engen Gassen.
    Den Mann mit der Mütze, der ihm »Präsident!« zurief und dann eine Pistole auf ihn richtete, sah er erst im letzten Moment. Er riss seine Tasche zur Brust hoch, und gleichzeitig fiel ein ohrenbetäubender Schuss. Mit einem Aufschrei ging der Präsident zu Boden, der Attentäter

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