Der Weg Zum Glück. Sinn Im Leben Finden.
VORWORT
Zum ersten Mal hörte ich Seine Heiligkeit, den Dalai Lama, im Jahre 1972 lehren. Nur drei Tage nach meiner Ankunft in Dharamsala in Nordindien begann er mit einer sechzehntägigen Vortragsreihe, für vier bis sechs Stunden täglich, über die Stufen des Weges zur Erleuchtung. 1962 hatte ich begonnen, Tibetisch zu studieren und tibetischen Buddhismus zu praktizieren, und meine Lehrer, besonders versiert in den feinsten Nuancen tibetischer Textkommentare, hatten mich auf das Studium mit geflüchteten tibetischen Gelehrten-Yogis in Indien vorbereitet.
Jedoch glaubte ich nicht, um ehrlich zu sein, dass eine von der Regierung ernannte Wiedergeburt - im Alter von zwei Jahren mithilfe von Prophezeiungen, Visionen, außergewöhnlichen Vorkommnissen und Tests als der Vierzehnte Dalai Lama anerkannt - irgendwie den in sie gesetzten Erwartungen gerecht werden könnte.
Als ich ihn dann tatsächlich hörte, war ich jedoch erstaunt.
Er sprach über ein breites Spektrum von Themen, den Weg zur Erleuchtung betreffend, fesselte meinen Verstand und mein Herz mit großen und kleinen Gedanken und Ideen, die lange ungelöste Fragen klärten, ging tiefer auf andere Themen ein und führte mich auf neue Gebiete des Verstehens.
Auf Tibetisch spricht der Dalai Lama mit einer solchen Geschwindigkeit und Klarheit, dass es unmöglich für mich war, abgelenkt zu werden. Einmal wurde er besonders schwungvoll, während er Betrachtungen zur Entwicklung von Mitgefühl anstellte. Seine Stimme stieg auf eine Tonhöhe an, die er scherzend seine „Ziegenstimme” nannte, und darin hörte ich das schöpferische Vertieftsein eines Dichters. Während dieser Vortragsreihe stellte er das vollständige Spektrum von Übungen vor, die zur Erleuchtung führen, oft Themen aneinander stellend, die andere unverbunden nebeneinander stehen lassen - und all das mit der Tiefgründigkeit eines Philosophen. Dieselbe Doppelstimme des Dichters und Philosophen ist in diesem Buch gegenwärtig - zuweilen das Herz anrührend mit ergreifenden Beschreibungen der Beschaffenheit des Lebens und der Schönheit von Mitgefühl, und andere Male sorgfältige Unterscheidungen durchführend über tiefgründige Praktiken wie zum Beispiel der Meditation über Leerheit, welche als Nahrung für Jahre von Kontemplation dienen können.
Im Alter von fünf Jahren wurde der Dalai Lama nach Lhasa, der Hauptstadt Tibets, gebracht, wo er den kompletten Lehrplan der Klosterschulung durchlief. Aufgrund der Besetzung Osttibets durch die chinesischen Kommunisten im Jahre 1950 musste er plötzlich im Alter von sechzehn Jahren die Zügel der tibetischen Regierung in die Hand nehmen. Trotz seiner Versuche, mit den Eindringlingen zu kooperieren, geriet er plötzlich in Lebensgefahr und floh 1959 nach Indien. Im Exil hat er Zentren für das weitreichende Gebiet tibetischer Kultur erfolgreich neu gegründet. Er hat nahezu die gesamte Welt bereist, und seine Botschaft von der Wichtigkeit von Güte und Freundlichkeit als der Grundlage unserer Gesellschaft richtet sich nicht nur an Buddhisten oder andere Gläubige, sondern an jeden Einzelnen. Als Anerkennung für seine unermüdlichen Bemühungen für die Tibeter und alle Völker wurde er 1989 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Der Dalai Lama hat viele Bücher veröffentlicht, manche für die allgemeine Leserschaft, andere für Menschen, die besonders am Buddhismus interessiert sind. In diesem Buch stützt er sich auf eine lange Tradition spiritueller Übung in Tibet und auf seine eigenen Erfahrungen, um Vorschläge anzubieten, wie man einen spirituellen Weg beschreiten kann, der zu geistiger Klarheit und Umwandlung von Gefühlen führt. Auf diese Weise zeigt er, wie im Leben Sinn gefunden werden kann.
Während der gesamten dreißig Jahre, die ich ihn nun schon kenne, und während der zehn Jahre, die ich als sein Hauptübersetzer auf Vortragsreisen in den Vereinigten Staaten, in Kanada, Indonesien, Singapur, Malaysia, Australien, Großbritannien und der Schweiz diente, konnte ich Zeuge davon sein, wie er diese Übungen bis in sein innerstes Wesen hinein verkörpert. Es ist wichtig zu erkennen, dass dieser verständnisvolle, warmherzige, humorvolle und wunderbare Mensch aus der tibetischen Kultur erwachsen ist. Wir brauchen die Hochschätzung dieser Kultur als eines der großen Wunder unserer Welt.
Jeffrey Hopkins, Ph.D.
Professor für Tibetologie
Universität von Virginia
EINFÜHRUNG
Die Notwendigkeit von Frieden und
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