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Der steinerne Kreis

Der steinerne Kreis

Titel: Der steinerne Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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einzelnen Riff kannte.
    Nun überließ auch sie sich der Musik. Sie stürzte sich ins Gewühl und verbarg, so gut es ging, ihre heuschreckenartigen Gliedmaßen. Sie bemerkte etliche Blicke in ihre Richtung und traute ihren Augen nicht. Schüchtern über alle Maßen, wusste sie doch, dass sie selbst noch mehr einschüchterte. In den meisten Fällen hielten ihre Schönheit, ihre Lockenmähne und ihre enorme Größe alle Kandidaten in gebührendem Abstand. Aber an diesem Abend war es anders: Ein paar ganz besonders Verwegene wagten es tatsächlich, sie anzusprechen.
    Sie spürte jetzt, wie ihr Körper sich in leichten Spiralen auflöste und über dem Hämmern des Schlagzeugs schwebte, zwischen den anderen kreiste. In diesem Augenblick griff ein Typ nach ihrer Hand und wollte einen Rock ‘n’ Roll tanzen. Auf allen Tanzflächen der Welt gibt es immer einen, der sich in den Kopf setzt, jedem beliebigen Rhythmus irgendwelche komplizierten Schritte aufzuzwingen. Diane wich sofort zurück. Der andere ließ sich nicht abschrecken. Abwehrend hob sie beide Handflächen. Nein. Sie tanzte keinen Rock ‘n’ Roll. Nein. Sie ließ sich von keinem bei der Hand nehmen. Sie ließ sich überhaupt von niemandem irgendwo anfassen. Der Typ fing an zu lachen und verschwand in der Menge.
    Einen Moment lang stand sie da wie versteinert und starrte auf ihre Hand, als hätte sie sich bei der Berührung verbrannt. Sie wankte, wich zurück bis zur Wand und ließ sich daran zu Boden gleiten. Neben sich fand sie ein halb volles Glas. Sie leerte es in einem Zug und hielt sich krampfhaft daran fest, reglos. Die Trauer überwältigte sie. Die erlebte Szene brachte ihr wieder die grausame Wahrheit zu Bewusstsein: Sie konnte nicht die geringste Berührung ertragen. Keine Liebkosung, nicht einmal ein flüchtiges Streifen ihrer Haut. Jedweder Körperkontakt war ihr unerträglich.
    Um drei Uhr morgens nahm die Musik eine esoterische Wendung: O Superman von Laurie Anderson. Ein eigenartiges Wiegenlied, durchsetzt von hypnotisierendem Seufzen. Es war die Stunde der letzten Chancen. Im Halbdunkel waren nur noch ein paar vereinsamte Gestalten übrig, die sich im Rhythmus dieses Singsangs wiegten. Ein paar hartnäckige Jäger und ein paar arme Mädchen, die sich nicht geschlagen geben wollten.
    Diane musterte die aufgelösten Gesichter, die schwankenden Schatten und hatte den Eindruck, sie betrachtete ein von Verwundeten und Sterbenden übersätes Schlachtfeld. Sie ging ihren Mantel holen und strich dann unauffällig entlang dem von leeren Flaschen überquellenden Büffet zur Wohnungstür. Im Geist war sie bereits draußen, stellte sich die kalte Luft vor, die sie wieder so weit ausnüchtern würde, dass sie über ihr Scheitern ausgiebig nachdenken konnte.
    In diesem Augenblick spürte sie zwei Hände, die sich von hinten um ihre Taille legten.
    Sie fuhr herum, an das Büffet gelehnt, gespannt wie ein Bogen.
    Drei Kerle umringten sie und verströmten intensiven Alkoholdunst.
    »He, Leute, da gibt’s tatsächlich noch was abzusahnen …«
    Einer der Angreifer streckte von neuem die Hände nach ihr aus. Diane entzog sich ihm mit einem Hüftschwung und drehte sich wieder zum Tisch. Sie legte ihren Mantel ab, erspähte ein volles Glas und tat, als wollte sie trinken. Einen Augenblick lang dachte sie, die drei hätten aufgegeben, doch ein alkoholschwerer Atem hauchte ihr in den Nacken. Das Glas zerbarst zwischen ihren Fingern. Eine Scherbe trug Lippenstiftspuren. Diane drückte ihre Handfläche darauf und spürte, wir ihr das Glas ins Fleisch schnitt.
    »Haut ab, lasst mich in Ruhe«, murmelte sie.
    Die Burschen hinter ihr rückten glucksend näher.
    »Oh-oh, zieren wir uns?«
    Heiße Tränen traten ihr in die Augen und rannen ihr unter der Brille hervor über die Wangen. Langsam und deutlich sagte sie sich: Tu’s nicht. Aber einer der Betrunkenen gab jetzt saugende Geräusche von sich, direkt in ihr Ohr, und lallte etwas von Miezen und Würsten und Pelz, und sie dachte wieder: Tu’s nicht. Aber sie hatte bereits die Brille abgelegt und ihre Mähne zu einem Knoten geschlungen. Während sie noch mit ihrem Haar beschäftigt war, hatte einer der Burschen eine Hand unter ihre Weste geschoben, sie spürte die Wärme seiner tastenden Finger auf ihrer Brust, während eine feixende Stimme säuselte: »Mach mich nicht an, Süße, sonst …«
    Das Knacken eines gebrochenen Kiefers blendete kurz die Musik von Art of Noise aus.
    Der Typ wurden gegen den Kamin

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