Der sterbende König (German Edition)
waren Merewalhs Männer, die nach Süden geschickt worden waren, um Æthelred die Nachricht vom Angriff der Dänen zu bringen. «Es waren Tausende, Herr», erklärte mir einer von ihnen aufgeregt.
«Tausende?»
«Konnte sie nicht abzählen, Herr.»
«Wo sind sie?»
«In Westune, Herr.»
Der Name sagte mir nichts. «Wo ist das?»
«Nicht weit.»
«Ein zweistündiger Ritt», erklärte ein anderer von ihnen hilfreicher.
«Und Merewalh?»
«Auf dem Rückzug, Herr.»
Die Botschaft, die sie Æthelred überbringen sollten, war einfach, dass eine dänische Armee von Ceaster ausgerückt war, viel zu groß, als dass sie Merewalh mit seinem kleinen Kampfverband hätte aufhalten oder gar angreifen können. Die Dänen zogen südwärts, und Merewalh, der sich an die Strategie erinnerte, die ich gegen Sigurd eingesetzt hatte, zog sich an der walisischen Grenze entlang zurück, in der Hoffnung, dass die wilden Stammeskrieger aus den Hügeln kommen und die Eindringlinge angreifen würden. «Und wann haben die Dänen ihren Vorstoß gemacht?», fragte ich.
«Gestern Abend, Herr. Beim Dunkelwerden.»
Eine merkwürdige Zeit, dachte ich, doch andererseits hatten sie Merewalhs Truppen wohl überraschen wollen, waren damit allerdings gescheitert. Merewalh war von seinen Kundschaftern vorgewarnt worden und fürs Erste entkommen. «Wie viele Männer hat er?», fragte ich.
«Dreiundachtzig, Herr.»
«Und wer führt die Dänen an? Welche Banner habt Ihr gesehen?»
«Einen Raben, Herr, und ein anderes mit einer Axt, die ein Kreuz zerschmettert, und einen Schädel.»
«Drachen waren auch dabei», warf der zweite Mann ein.
«Und zwei mit Wölfen», sagte der dritte.
«Und ein Hirsch mit Kreuzen auf dem Kopf», sagte der erste Mann. Er schien mir klug und nachdenklich, und er hatte mir gesagt, was ich wissen musste. «Ein fliegender Rabe?», fragte ich ihn.
«Ja, Herr.»
«Das ist Sigurd», sagte ich, «die Axt ist Cnut, und der Schädel ist Haesten.»
«Und der Hirsch, Herr?», fragte er.
«Æthelwold», sagte ich verdrießlich. Es sah so aus, als hätte Offa recht gehabt, und die Dänen griffen von Ceaster aus an, und das bedeutete zweifellos, dass sie sich, vorgeblich unter Æthelwolds Führung, nach Süden bewegten. Ich blickte nach Norden, dachte, die Dänen könnten nicht mehr weit sein. «Herr Æthelred», sagte ich zu dem ersten Mann, «wird Euch vermutlich zu König Edward weiterschicken.»
«Vermutlich, Herr.»
«Weil Ihr die Dänen selbst gesehen habt», sagte ich. «Also erklärt König Edward, dass ich Männer brauche. Erklärt ihm», ich hielt inne, um eine Entscheidung zu finden, die nicht vom Lauf der Dinge zunichte gemacht werden würde. «Erklärt ihm, sie sollen sich bei Wygraceaster mit mir treffen. Und falls Wygraceaster belagert wird, sollen sie in Cirrenceastre nach mir suchen.» Ich wusste schon, dass wir uns wohl zurückziehen müssten, und bis Edwards Antwort und die Männer eintrafen, wenn er überhaupt welche schickte, könnte ich leicht schon übers Südufer der Temes getrieben worden sein.
Die drei Männer ritten weiter nach Süden, und wir tasteten uns, von unseren Kundschafter nach vorn und zu den Flanken abgesichert, vorsichtig nach Norden weiter. Und ich sah, dass die Dunkelheit am Morgenhimmel keine Gewitterwolken waren. Es war der Rauch von brennendem Stroh.
Wie oft habe ich die Rauchwolken des Krieges am Himmel gesehen, dunkel und quellend, hinter Bäumen oder aus einem Tal aufsteigend, und immer wusste ich, dass wieder ein Gehöft oder ein Dorf oder ein Palas in Asche gelegt wurde. Wir ritten langsam, und nun sah ich selbst, dass Plegmunds Frieden beendet war, und ich dachte, wie sehr er ein Friede war, der alles Begreifen übersteigt. Das ist ein Satz aus dem Heiligen Buch der Christen, und Plegmunds Friede überstieg ganz gewiss alles Begreifen. Die Dänen hatten sich so lange ruhig verhalten, und das hatte Plegmund glauben lassen, sein Gott habe seine Feinde kastriert, aber jetzt hatten sie diesen unbegreiflichen Frieden gebrochen, und die Dörfer und Bauernhöfe und Heuschober und Mühlen brannten.
Eine Stunde später sahen wir die Dänen. Unsere Kundschafter kehrten zurück, um uns zu sagen, wo sich der Feind befand, auch wenn der Rauch am Himmel Hinweis genug war und sich auf der Straße schon die Flüchtlinge drängten. Wir ritten auf den Kamm eines niedrigen, bewaldeten Hügels und blickten auf die lodernden Gehöfte hinab. Unmittelbar unter uns stand ein Palas mit Scheunen
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